Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache. Anfechtung von Eigentümerbeschlüssen
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen UR II 194/84) |
LG München I (Aktenzeichen 1 T 6045/85) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 9. September 1985 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegner haben samtverbindlich die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohn- und Teileigentümer einer Wohnanlage. Die Anlage besteht aus sechs Wohnungen zu je 5/36 Miteigentumsanteilen und sechs getrennt vom Wohngebäude errichteten Garagen zu je 1/36 Miteigentumsanteilen. Der Antragstellerin gehören zwei dieser Garagen.
Nach dem Kostenverteilungsschlüssel, wie er sich aus § 17 i.V.m. § 11 Abs. 3 der Gemeinschaftsordnung ergibt, sind die Kosten auf die Eigentümer entsprechend der Größe der Miteigentumsanteile umzulegen. Aufgrund eines einstimmig gefaßten Eigentümerbeschlusses vom 21.6.1963 wurden die Kosten jedoch nicht nach diesem Kostenverteilungsschlüssel, sondern entsprechend den (unterschiedlichen) Wohnflächen verteilt, wobei die Garagen zu je 5 m² gerechnet wurden. Nach einem Eigentümerbeschluß vom 19.5.1983 sollen ab dem Abrechnungszeitraum 1983 die Strom- und Kaminkehrerkosten sowie für das Wohngebäude anfallenden Reparaturkosten nur von den Eigentümern der Wohnungen, die Kosten für Reparaturen an den Garagen hingegen nur von den Garageneigentümern getragen werden.
In der Eigentümerversammlung vom 9.4.1984, zu der die Antragstellerin nicht geladen wurde und auch nicht erschienen war, faßten die Wohnungseigentümer u. a. folgende Beschlüsse:
Zu TOP 8: Die Eigentümergemeinschaft beschließt, daß die Verteilung der Betriebskosten für die gesamte Wohnanlage wie in der Teilungserklärung unter § 17 „Bewirtschaftungskosten” festgelegt, zu erfolgen hat.
Zu TOP 9: Die Eigentümergemeinschaft beschließt, daß sämtliche Reparaturen am gesamten Objekt in Zukunft aufgrund der beschlossenen Anteile von allen auch anteilig zu tragen sind.
Am 4.5.1984 hat die Antragstellerin beantragt – weitere Anträge sind nicht mehr Gegenstand des Verfahrens –, die Eigentümerbeschlüsse vom 9.4.1984 zu TOP 8 und 9 für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat diese Anträge mit Beschluß vom 15.2.1985 abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das Landgericht mit Beschluß vom 9.9.1985 die Eigentümerbeschlüsse für ungültig erklärt. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg:
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Eigentümerbeschlüsse vom 9.4.1984 zu TOP 8 und 9 seien auf die rechtzeitige Anfechtung hin für ungültig zu erklären, weil die Antragstellerin zu der Eigentümerversammlung nicht geladen worden sei und aus diesem Grunde an der Versammlung nicht teilgenommen habe. Darauf beruhe das Abstimmungsergebnis. Es stehe nicht fest, daß die Eigentümerbeschlüsse ebenso gefaßt worden wären, wenn die Antragstellerin die Möglichkeit gehabt hätte, darauf hinzuweisen, daß diese Beschlüsse für sie unbillig seien. Es sei nicht auszuschließen, daß ein solcher Hinweis das Abstimmungsergebnis beeinflußt hätte. Es sei nach Billigkeitsgrundsätzen nur schwer verständlich, weshalb ein Eigentümer einer räumlich völlig getrennt errichteten Garage zu den Kosten für Instandhaltungsmaßnahmen am Wohngebäude herangezogen werden solle. Die Gemeinschaft bestehe insgesamt nur aus sechs Mitgliedern. Am 19.5.1983 sei auf Antrag des Ehemannes der Antragstellerin gerade umgekehrt beschlossen worden; daß die Abrechnung der Garagen und der Wohnungen getrennt erfolgen solle. Hinzu komme, daß eine Kostenverteilung nach der Gemeinschaftsordnung für die Eigentümer von kleinen Wohnungen zu einer höheren Belastung führe, als dies der Fall ist, wenn die Kosten nach der Wohnfläche umgelegt werden. Auch mit Rücksicht darauf sei nicht auszuschließen, daß die Abstimmung in Anwesenheit der Antragstellerin anders ausgefallen wäre.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Nach § 24 Abs. 4 Satz 1 WEG sind zu einer Wohnungseigentümerversammlung alle Wohnungseigentümer schriftlich zu laden. Wird ein Wohnungseigentümer nicht geladen und nimmt er deshalb an der Versammlung nicht teil, so berechtigt dies zur Anfechtung (§ 23 Abs. 4 WEG) der in der Versammlung gefaßten Beschlüsse, soweit dieser Einberufungsmangel für das Abstimmungsergebnis erheblich war (Bärmann/Pick/Merle WEG 5. Aufl. RdNr. 14 Weitnauer WEG 6. Aufl. RdNr. 2, je zu § 24). Liegt ein Einberufungsmangel vor, so ist bei rechtzeitiger Anfechtung der Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären, es sei denn, es steht fest, daß er bei ordnungsgemäßer Ladung ebenso gefaßt worden wäre (vgl. BGH NJW 1973, 235/236; OLG Hamm WEM 1979, 175/178; Senatsbeschluß vom 14.3.1984 BReg. 2 Z 74/83). ...