Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, in welchem Umfang im Bestimmungsverfahren die internationale Zuständigkeit hinsichtlich einer gesamtschuldnerisch mitverklagten ausländischen Gesellschaft zu prüfen ist.

 

Normenkette

ZPO §§ 17, 36 Abs. 1 Nr. 3, § 37

 

Tenor

Als für die beabsichtigte Klage zuständiges gemeinsames Gericht wird das LG Augsburg bestimmt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin beabsichtigt, die Antragsgegner als Gesamtschuldner auf Rückzahlung von 135.504,59 Euro zu verklagen, die sie nach ihrer Darstellung zum größeren Teil der Antragsgegnerin zu 3) zur Finanzierung des beabsichtigten Abbaus von Sodalithgestein in einem Steinbruch in Sambia zur Verfügung gestellt, zum geringeren Teil den Antragsgegnern zu 1) und 2) als Kaufpreis für Anteile an der Antragsgegnerin zu 3) – einer von den Antragsgegnern zu 1) und 2) in Sambia gegründeten private company limited by shares – gezahlt bzw. für Anwalts- und Notarkosten in diesem Zusammenhang aufgewendet hat. Sie bringt vor, die Antragsgegnerin zu 3) habe in Sambia nur eine Briefkastenadresse, aber keine Büroräume. Die Antragsgegner zu 1) und 2), die zugleich die Gesellschafter und Direktoren der Antragsgegnerin zu 3) seien, hätten die Geschäfte der Gesellschaft von ihren Wohnsitzen in Deutschland aus – die im Bezirk des LG Heidelberg bzw. des LG Augsburg liegen – geführt. Auch ein Teil der Zahlungen sei über ein Konto des Antragsgegners zu 2) bzw. seiner Ehefrau in Deutschland abgewickelt worden. Nach der Sitztheorie sei die Antragsgegnerin zu 3) daher nicht rechtsfähig, weil sie ihren Verwaltungssitz in Deutschland, nicht in Sambia habe. Die Antragsgegner zu 1) und 2) hafteten für deren Verbindlichkeiten persönlich und gesamtschuldnerisch. Neben ihnen könne die Antragsgegnerin zu 3) als (nicht anerkannte ausländische) Scheingesellschaft in Anspruch genommen werden.

Sie will die Antragsgegner als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagen, da kein gemeinsamer Gerichtsstand gegeben sei, und beantragt, nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO das LG Augsburg als das zuständige Gericht zu bestimmen.

Die Antragsgegner sind dem Antrag entgegengetreten.

II. Die Voraussetzungen für eine Bestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen vor.

1. Nach § 36 Abs. 2 ZPO, § 9 EGZPO ist das BayObLG zur Entscheidung über den Bestimmungsantrag zuständig, da die allgemeinen Gerichtsstände der Antragsgegner zu 1) und 2) – und nach Darstellung der Antragstellerin damit auch der Antragsgegnerin zu 3) – in verschiedenen Bundesländern liegen und die Antragstellerin sich zuerst an das BayObLG gewandt hat, zu dessen Bezirk der allgemeine Gerichtsstand des Antragsgegners zu 2) gehört.

2. Für die Zulässigkeit des Antrags ist unerheblich, ob es eine Gesellschaft … (= Antragstellerin) gibt. Partei- und Prozessfähigkeit des Antragstellers werden im Bestimmungsverfahren nicht geprüft, sie werden unterstellt (BGH NJW-RR 1987, 757; Wieczorek/Schütze/Hausmann, ZPO, 3. Aufl., § 37 Rz. 2, 8; Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 37 Rz. 3).

3. In Fällen mit Auslandsberührung setzt die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO voraus, dass ggü. sämtlichen Streitgenossen die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben ist (BGH v. 17.9.1980 – IVb ARZ 557/80, MDR 1981, 35 = NJW 1980, 2646; FamRZ 1990, 1224 [1225]; Zöller/Vollkommer, Rz. 15; Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 21. Aufl., Rz. 13; Patzina in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., Rz. 3 jeweils zu § 36). Andererseits entscheidet das bestimmende Gericht nicht über die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage (BayObLG v. 28.10.1997 – 1Z AR 74/97, MDR 1998, 180 [181]; Zöller/Vollkommer, § 36 Rz. 18; Stein/Jonas/Schumann, § 37 Rz. 2). Das bestimmende Gericht prüft daher nur, ausgehend von den Behauptungen des Antragstellers, ob die internationale Zuständigkeit schlüssig vorgetragen ist (vgl. Zöller/Vollkommer, § 36 Rz. 18 zu der vergleichbaren Frage, ob Streitgenossenschaft vorliegt). Die Entscheidung darüber, ob die internationale Zuständigkeit tatsächlich gegeben ist, muss dem zu bestimmenden Gericht der Hauptsache vorbehalten bleiben; sie wird dadurch, dass der Senat mit der vorliegenden Entscheidung ein gemeinsam zuständiges Gericht bestimmt, nicht präjudiziert.

Nach den Behauptungen der Antragstellerin wäre von der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte auch hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 3) auszugehen, da deren Rechtsfähigkeit nach dem Recht von Sambia nicht anerkannt werden könnte, vielmehr davon auszugehen wäre, dass es sich um eine inländische Personengesellschaft handelt, deren tatsächliche Verwaltung in der Bundesrepublik Deutschland – an den Wohnorten der Antragsgegner zu 1) und 2) – geführt wird.

a) Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich mittelbar aus den Regeln der ZPO über die örtliche Zuständigkeit (§§ 12 ff.), sodass grundsätzlich ein örtlich zuständiges deutsches Gericht auch international zuständig ist (BGH v. 2.7.1991 – XI ZR 206/90, MDR 1991, 988 = NJW 1991, 3092 [3093]; Thomas/Putzo, Z...

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