Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Rechtsmittelbeschwer bei Anfechtung einer Verwalterermächtigung zur Stellung einer Strafanzeige und Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen einen Familienangehörigen eines Wohnungseigentümers
Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 02.02.1998; Aktenzeichen 1 T 23823/97) |
AG München (Aktenzeichen 483 UR II 647/97) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 2. Februar 1998 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. In der Eigentümerversammlung vom 22.7.1997 faßten die Wohnungseigentümer folgenden Beschluß:
Der Verwalter wird ermächtigt, gegen Herrn K. (Bruder der Antragstellerin) Strafanzeige wegen des Verdachts der Entziehung elektrischer Energie (§ 248c StGB) zu erstatten unter Einschaltung eines Rechtsanwalts. Der zu beauftragende Rechtsanwalt wird vom Verwaltungsbeirat bestimmt. Ferner wird der Verwalter ermächtigt, aufgrund des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens gegen Herrn K. begründbare Schadensersatzansprüche außergerichtlich und gerichtlich gegen diesen unter Einschaltung eines Rechtsanwalts zu erheben. Auch in diesem Fall wird der Rechtsanwalt durch den Verwaltungsbeirat bestimmt.
Die Antragstellerin hat beantragt, diesen Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat den Antrag mit Beschluß vom 2.12.1997 zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das Landgericht am 2.2.1998 als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Die sofortige weitere Beschwerde ist ohne Rücksicht auf die Beschwer der Antragstellerin zulässig; dies folgt schon aus der Verwerfung der Erstbeschwerde (BGHZ 119, 216/217 f.; BayObLGZ 1990, 141/142 und st.Rspr.).
2. Das Landgericht hat ausgeführt: Die sofortige Beschwerde sei unzulässig, weil die Beschwer der Antragstellerin unter 1 500 DM liege. Durch die von den Wohnungseigentümern beschlossene Ermächtigung des Verwalters zur Erstattung einer Strafanzeige und – abhängig vom Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft – Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen ihren Bruder unter Einschaltung eines Rechtsanwalts sei die Antragstellerin nur hinsichtlich der Kosten des Rechtsanwalts persönlich betroffen. Diese lägen für ihren Miteigentumsanteil jedenfalls unter 1 500 DM. Im übrigen sei die Antragstellerin nicht unmittelbar beschwert. Dies gelte insbesondere für die von ihr befürchtete Beeinträchtigung ihres Ansehens und ihrer Würde innerhalb der Gemeinschaft, denn diese wisse zwischen ihr und ihrem Bruder zu unterscheiden. Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen ihres Bruders gegen die Gemeinschaft aufgrund des von dieser beschlossenen Vorgehens wäre lediglich eine mittelbare Folge der Beschlußfassung und könnte die Beschwer der Antragstellerin nicht erhöhen. Die Kammer schätze den Wert der persönlichen Beschwer der Antragstellerin auf 600 DM, das für die Festsetzung des Geschäftswerts maßgebende Interesse aller Beteiligten auf 3 000 DM.
3. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Die Rechtsmittelbeschwer der Antragstellerin liegt nicht über 1 500 DM, ihre sofortige Beschwerde war daher unzulässig (§ 45 Abs. 1 WEG).
a) Die Rechtsmittelbeschwer des § 45 Abs. 1 WEG bemißt sich nicht nach dem Geschäftswert des Verfahrens, sondern allein nach dem vermögenswerten Interesse des Beschwerdeführers an der Änderung der angefochtenen Entscheidung. Der Wert des Beschwerdegegenstands kann insgesamt nicht höher, wohl aber niedriger sein als der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens (BGHZ 119, 216/218 f.; BayObLGZ 1990, 141/143 f.; BayObLG WE 1996, 398 und st.Rspr.).
b) Soweit der angefochtene Eigentümerbeschluß die Beauftragung eines Rechtsanwalts zum Gegenstand hat, bemißt sich der Geschäftswert nach den Kosten, die den Wohnungseigentümern dadurch voraussichtlich entstehen werden, und der Wert des Beschwerdegegenstands nach dem auf den anfechtenden Wohnungseigentümer entfallenden Betrag (vgl. BayObLG WuM 1990, 95; BayObLG WE 1996, 398). Für die Erstattung einer Strafanzeige erhält der Rechtsanwalt eine Gebühr von 30 bis 340 DM (§ 91 Nr. 1 BRAGO, vgl. Gerold/Madert BRAGO 13. Aufl. § 91 Rn. 7). Zusätzliche Kosten können entstehen, wenn der Rechtsanwalt im Anschluß an die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen tätig wird. Im Hinblick darauf und angesichts der Größe der Wohnungseigentümergemeinschaft schätzt der Senat die auf die Antragstellerin entfallenden anteiligen Anwaltskosten auf höchstens 300 DM. Der Senat hat bisher off...