Verfahrensgang

LG Augsburg (Aktenzeichen 3 HK OH 2118/98)

 

Tenor

I. Als örtlich zuständiges Gericht für das selbständige Beweisverfahren der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerinnen zu 1 und 2 wird das Landgericht München I bestimmt.

II. Im übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin stellt u.a. dampfbetriebene Reinigungsautomaten für Operationszubehör her. Die dafür benötigten Gummischläuche und Verschraubungen bezog sie in den Jahren 1995 bis 1997 bei der Augsburger Niederlassung der Antragsgegnerin zu 1. Herstellerin der Schläuche war die Antragsgegnerin zu 2. Die Antragstellerin behauptet, diese Schläuche seien nach Nutzungszeiträumen zwischen 3 und 12 Monaten undicht geworden oder geplatzt, und zwar immer an der Verbindung Metallarmatur und Gummischlauch. Durch das Entweichen von Wasser und Dampf seien Maschinen insbesondere in der Elektrik beschädigt und zerstört worden. Sie hat vorprozessual von der Antragsgegnerin zu 1 Ersatz der Kosten verlangt, die ihr durch vielfache Service-Einsätze ihrer Monteure bei den Kunden zum Austausch der schadhaft gewordenen Schläuche entstanden seien.

Am 18.5.1998 hat sie zum Landgericht Augsburg – Kammer für Handelssachen – einen Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens gestellt. Durch ein Sachverständigengutachten will sie beweisen, daß die Dampfschläuche mit und ohne Verschraubungen bzw. die Verschraubungen selbst für den der Antragsgegnerin zu 1 bekannten Zweck ungeeignet oder unabhängig davon mangelhaft gewesen seien. Falls dies bewiesen wird, will sie Schadensersatzansprüche unter dem Gesichtspunkt der Produkthaftung gegen beide Antragsgegnerinnen oder gegen eine von ihnen geltend machen, nicht auch vertragliche Ansprüche.

Nachdem beide Antragsgegnerinnen die örtliche Unzuständigkeit des Landgerichts Augsburg gerügt hatten, die Antragsgegnerin zu 1 mit der Behauptung, sie habe mit der Antragstellerin den ausschließlichen Gerichtsstand München vereinbart, beantragte die Antragstellerin die Abgabe des Verfahrens an das Landgericht München I, Kammer für Handelssachen, weil einer der Service-Einsätze den Kunden „S.-Kliniken, München” betroffen habe. Das Landgericht Augsburg gab das Verfahren antragsgemäß an das Landgericht München I ab. Das Landgericht München I lehnte die Übernahme (mit den Parteien mitgeteiltem Beschluß) ab.

Die Antragstellerin beantragt nunmehr gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, für das beim Landgericht Augsburg anhängige Beweisverfahren das Landgericht München I, hilfsweise ein anderes Landgericht, als zuständiges Gericht – und bei dieser Gelegenheit auch die funktionelle Zuständigkeit (Zivilkammer oder Kammer für Handelssachen) – zu bestimmen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin zu 2 ist die begehrte Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 9 EGZPO vom Bayerischen Obersten Landesgericht vorzunehmen, da das zuerst mit der Sache befaßte Landgericht Augsburg zum Bezirk des Oberlandesgerichts München gehört und daher nach § 36 Abs. 2 ZPO ein im Bezirk des Bayerischen Obersten Landesgericht gelegenes Oberlandesgericht zu entscheiden hätte.

2. Entsprechend § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kann das zuständige Gericht auch für ein selbständiges Beweisverfahren bestimmt werden, wenn dieses gegen mehrere Antragsgegner durchgeführt werden soll, die keinen gemeinsamen besonderen oder allgemeinen Gerichtsstand haben (BayObLGZ 1991, 343/344 f.).

Soweit § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO voraussetzt, daß die mehreren Personen als Streitgenossen verklagt werden sollen, muß es im Rahmen der entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift auf das selbständige Beweisverfahren genügen – insbesondere dann, wenn die beantragte Begutachtung erst der Feststellung der Ursache eines Sachschadens oder Sachmangels dienen soll (§ 485 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) –, daß die mehreren Antragsgegner des selbständigen Beweisverfahrens als Schadensverursacher alternativ oder kumulativ in Betracht kommen. In einem solchen Fall kann das Ergebnis der Begutachtung zwar dazu führen, daß nur noch einer der mehreren Antragsgegner verklagt wird. Solange aber nach dem maßgeblichen Vortrag des Antragstellers mehrere Personen als Schadensverursacher in Betracht kommen, wie hier, muß das selbständige Beweisverfahren gegen sie entsprechend § 60 ZPO als Streitgenossen geführt werden können.

3. Ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand, an dem das Verfahren gegen beide Antragsgegnerinnen durchgeführt werden könnte, ist nicht ersichtlich.

Die Antragstellerin will die Antragsgegnerinnen ausdrücklich nur nach dem Produkthaftungsgesetz bzw. nach den Grundsätzen über die Produkthaftung im Rahmen des § 823 BGB in Anspruch nehmen. Insoweit kommt als Tatort (§ 32 ZPO) nur der Herstellungsort und der Schadens-(Unfall-)Ort in Betracht (OLG Frankfurt OLG-Report 1995, 119; Stein/Jonas/Schumann ZPO 21. Aufl. § 32 Rn. 29).

Dafür, daß das Ausgangsprodukt der Antragsgegnerin zu 2 und das Endprodukt der Antragsgegnerin zu 1 in demselben Gerichtsbezirk he...

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