Leitsatz (amtlich)
1. Antragsänderungen und -erweiterungen im Beschwerderechtszug des Wohnungseigentumsverfahrens folgen den Regelungen der ZPO; ob dabei auch § 533 Nr. 2 ZPO anzuwenden ist, bleibt offen.
2. Ein Notwegrecht kann ohne vertragliche oder gerichtliche Festlegung nicht ausgeübt werden. Es gibt gegen den Nachbarn in der Regel keinen Anspruch auf Zufahrt mit Kraftfahrzeugen.
3. Das Sondernutzungsrecht eines Wohnungseigentümers an einer gemeinschaftlichen Grundstücksfläche unterliegt einer immanenten Beschränkung nur insoweit, als eine Mitbenutzung durch andere Wohnungseigentümer zur ordnungsmäßigen Benutzung von anderem Gemeinschaftseigentum oder von Sondereigentum notwendig ist.
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 04.02.2004; Aktenzeichen 1 T 10852/03) |
AG München (Aktenzeichen 484 UR II 1405/02) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des LG München I v. 4.2.2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die gerichtlichen und außer gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Antragstellerin und Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus zwei Reihenhäusern bestehenden Anlage. An diese schließen sich weitere Reihenhäuser an, die auf gesonderten Grundstücken in einem spitzen Winkel zwischen der im Süden gelegenen P.-Straße und der im Nordosten verlaufenden S.-Straße liegen. Am westlichen Ende ist die Hausreihe nach Norden gebogen. An diesem nördlichen Ende liegen die beiden Reihenhäuser der Beteiligten. Der Grundstücksteil des Antragsgegners liegt näher zur P.-Straße; das Anwesen der Antragstellerin nimmt den rückwärtigen Teil des Grundstücks in Anspruch.
Hinsichtlich der Grundstücksflächen um die beiden Reihenhäuser der Beteiligten enthält die Teilungserklärung von 1977 in Nr. 4. "Sondernutzungsrechte" u.a. folgende Bestimmungen:
4.1. Den jeweiligen Eigentümern der nachstehend bezeichneten Raumeigentumsrechte steht das ausschließliche Sondernutzungsrecht für die betreffenden in dem dieser Urkunde als wesentlicher Bestandteil beigefügten Lageplan farbig gekennzeichneten Flächen zu, wie folgt: ...
4.1.3 Soweit dies nach baurechtlichen Vorschriften zulässig ist, dürfen die vorstehenden Sondernutzungsflächen durch einen Zaun abgetrennt werden.
4.2. Jedem Raumeigentümer steht das Sondernutzungsrecht für diejenigen Teile, Anlagen und Einrichtungen jeden Hauses zu, die zwar im gemeinschaftlichen Eigentum stehen, aber nur dem jeweiligen Eigentümer des betreffenden Raumeigentums zu dienen bestimmt sind. ...
5. Im Übrigen haben sich die beiden Raumeigentumsberechtigten, soweit dies gesetzlich zulässig ist, so zu stellen, als wenn es sich bei den beiden Einheiten um vermessene selbständige Grundstücksparzellen handelte.
Das gemeinsame Grundstück hat nach Süden zur P.-Straße eine etwa 3 m breite, schlauchartige Verlängerung. Auf diesen Grundstücksstreifen erstreckt sich eine Grunddienstbarkeit zugunsten des jeweiligen Eigentümers des südöstlich gelegenen Nachbargrundstücks mit folgendem Inhalt: "Der jeweilige Eigentümer des herrschenden Grundstücks darf diejenige Fläche des dienenden Grundstücks, die ..., als Gartenfläche anlegen und benutzen. Der Eigentümer des dienenden Grundstücks darf diese Fläche nur in Notfällen, wie z.B. für Feuerwehrzufahrt oder bei Krankentransport benutzen."
Erreichbar sind die Reihenhäuser, auch die der Beteiligten, über einen etwa 1,5 m breiten Fußweg, der an der S.-Straße beginnt und am Nord- bzw. Ostrand der Grundstücke entlang führt. Außerdem befindet sich unter einigen der Reihenhäuser eine gemeinsame Tiefgarage, die von der S.-Straße zu befahren ist.
Die Antragstellerin hat beim AG beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, auf einem Grundstücksstreifen von 3,02 m Breite entlang der westlichen Grundstücksgrenze auf seiner Sondernutzungsfläche jegliche Bepflanzung mit Ausnahme von Rasen zu beseitigen und künftig auf diesem Streifen keine Pflanzen außer Rasen auszusäen oder anzupflanzen, ferner in Zukunft etwa entstehende Pflanzen außer Rasen auf diesem Streifen zu beseitigen und keine einer Benutzung des Streifens als Notweg entgegenstehenden Gegenstände dauerhaft aufzustellen. Sie ist der Ansicht, dass ihr für Feuerwehrzufahrt, Krankentransporte oder gravierende Baumaßnahmen ein Recht zusteht, von der P.-Straße über die Sondernutzungsfläche des Antragsgegners zu ihrem Haus zu fahren.
Das AG hat nach Einnahme eines Augenscheins mit Beschluss v. 21.5.2003 den Antragsgegner verpflichtet, einen Laubbaum zu beseitigen, der am Zaun zur Sondernutzungsfläche der Antragstellerin steht und dessen Äste weit in den Garten der Antragstellerin hineinragen. Im Übrigen hat es die Anträge abgewiesen. Mit der sofortigen Beschwerde hat die Antragstellerin die abgewiesenen Anträge weiter verfolgt und zusätzlich beantragt, den ursprünglichen Zustand der zwischen den Sondernutzungsflächen der Beteiligten befindlichen Holztrennw...