Leitsatz (amtlich)
1. Die Festsetzung des Geschäftswerts für eine Jahresgebühr in Betreuungssachen wirkt sich rechtlich auf die Folgejahre grundsätzlich nicht aus. Der Umstand, dass das AG auch in den Folgejahren an den Grundsätzen seiner Bewertung festhält, führt nicht zu einer Erhöhung des Beschwerdewerts, wenn die Staatskasse die ursprüngliche Festsetzung des Geschäftswerts anficht.
2. Zur Ermittlung der Jahresgebühr und des hierfür maßgeblichen Geschäftswerts in Betreuungssachen.
3. Zur Behandlung doppelrelevanter Tatsachen (hier Nichterreichung des für Erst- und weitere Beschwerde gleichen Beschwerdewerts).
Verfahrensgang
LG Landshut (Beschluss vom 08.10.2003; Aktenzeichen 60 T 2218/03) |
AG Landshut (Beschluss vom 20.06.2003; Aktenzeichen XVII 50/00) |
Tenor
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Landshut vom 8.10.2003 (LG Landshut, Beschl. v. 8.10.2003 – 60 T 2218/03) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beschwerde gegen den Beschluss des AG Landshut vom 20.6.2003 (AG Landshut, Beschl. v. 20.6.2003 – XVII 50/00) verworfen wird.
Gründe
I. Für die 81 Jahre alte Betroffene wurde am 9.5.2000 Betreuung mit einem weitreichenden Aufgabenkreis, der u.a. die Vermögenssorge enthält, angeordnet. Am 3.11.2000 bewertete das VormG das für die Jahresgebühr 2000/2001 maßgebliche Vermögen der Betroffenen mit 662.915,74 DM und erhob eine daraus folgende Gebühr von 620 DM. Es berücksichtigte dabei Bankkonten mit 13.581,14 DM, landwirtschaftliche Grundstücke im Grundbuchbezirk M. mit 241.605 DM und ein Dreifamilienhaus in V. mit 407.729,60 DM. Auf Prüfungsbericht des Rechnungsbeamten vom 21.2.2001 hin wurden zwei weitere Bankkonten und ein Bausparvertrag zusätzlich berücksichtigt, so dass am 26.2.2001, nunmehr ausgehend von einem Vermögen von 688.855,70 DM, 20 DM Gebühr (zzgl. Rechnungsgebühren) nacherhoben wurden.
Mit Schreiben vom 22.1.2003 beantragte die Staatskasse die Durchführung eines Wertermittlungsverfahrens, da nach ihrer Auffassung dem für die Jahresgebühr maßgeblichen Vermögen zusätzlich zu den genannten Werten der Wert eines Leibgedings, das der Betroffenen und ihrem zwischenzeitlich verstorbenen Ehemann bei Hofübergabe 1985 bestellt worden war, und der Wert eines Nießbrauchs an einem 12.061 m2 großen Waldstück mit rund 60-jährigem Holzbestand hinzugerechnet werden müsse. Dies wurde dem Betreuer durch Schreiben des VormG vom 20.2.2003 mitgeteilt.
Nach einigen Erhebungen erließ das VormG am 20.6.2003 einen Beschluss, durch den es den Geschäftswert für das Betreuungsverfahren zum Beginn des Verfahrens am 24.5.2000 auf 688.855,70 DM entspr. 352.206,32 Euro festsetzte. Den Nießbrauch am Wald bewertete es dabei mit Null, weil ein Kahlschlag nicht möglich sei, die Pflegekosten aber höher seien als der Ertrag. Das Leibgeding gewähre eine Rente, die als Einkommen, vergleichbar einer gesetzlichen Altersrente, nicht als Vermögen anzusehen sei. Daher sei das Leibgeding bei dem maßgeblichen Vermögen ebenfalls nicht zu berücksichtigen.
Die gegen diesen Beschluss eingelegte Beschwerde der Staatskasse hat das LG am 8.10.2003 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Staatskasse.
II.1. Die vom LG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassene weitere Beschwerde ist zulässig.
Zwar übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstands 50 Euro nicht (§ 14 Abs. 3 S. 2, § 31 Abs. 3 S. 1 2. Halbsatz KostO, s. unter 2.). Da jedoch auch die Zulässigkeit der Erstbeschwerde von demselben Beschwerdewert abhängt (§ 31 Abs. 3 S. 1 1. Halbsatz KostO), sind die hierfür maßgeblichen Tatsachen identisch mit den Tatsachen, von denen die Begründetheit der weiteren Beschwerde abhängt (sog. doppelrelevante Tatsachen). Ihre Prüfung ist daher in die Begründetheitsprüfung zu verlagern (vgl. BGHZ 124, 240 [241]; BayObLG v. 30.3.1994 – 3Z BR 4/94, FamRZ 1994, 1061; Keidel/Kahl, FGG, 15. Aufl., § 20 Rz. 18).
2. Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet, da die Erstbeschwerde unzulässig war. Der Beschwerdewert überstieg 50 Euro nicht.
a) Maßgeblich für den Wert des Beschwerdegegenstands einer Geschäftswertbeschwerde der Staatskasse ist die Gebührenerhöhung, welche die Beschwerdeführerin mit der angestrebten Erhöhung des Geschäftswerts erreichen will (vgl. Korintenberg/Lappe, KostO, 15. Aufl., § 31 Rz. 58). Nach § 92 Abs. 1 S. 1 und 2 KostO in der am 9.5.2000 geltenden und demnach hier maßgeblichen Fassung (§ 161 S. 1, § 92 Abs. 1 S. 4 KostO) wurde bei Dauerbetreuungen für jedes angefangene Kalenderjahr eine Gebühr i.H.v. 10 DM für jede angefangenen 10.000 DM erhoben, um die das Vermögen des Fürsorgebedürftigen nach Abzug der Verbindlichkeiten 50.000 DM übersteigt, wobei der Wert eines vom Betroffenen ganz oder teilweise bewohnten angemessenen Hausgrundstücks bei der Ermittlung des Vermögens nicht mitgerechnet wird (§ 92 Abs. 1 S. 1 letzter Halbsatz KostO, § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG). Beträgt der angefochtene Geschäftswert, wie hier, 688.855,70 DM, müsste eine Geschäftswerterhöhung um 91.144,31 DM a...