Leitsatz (amtlich)
Würdigung der unter Vorbehalt abgegebenen Zustimmung eines Bieters zur Bindefristverlängerung als unzulässige Angebotsänderung; in diesem Fall kann der Zuschlag auch nicht auf das Angebot in seiner ursprünglichen Fassung erteilt werden.
Normenkette
VOB/A §§ 19, 24 Nr. 3
Verfahrensgang
Vergabekammer Südbayern (Aktenzeichen 120.3-3194.1-26-06/02) |
Tenor
Der Antrag der Beschwerdeführerin, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 25.7.2002 zu verlängern, wird abgelehnt.
Gründe
I. Das Straßenbauamt A. (Vergabestelle) schrieb Straßenbauarbeiten im offenen Verfahren nach VOB/A europaweit aus. Die Zuschlags- und Bindefrist sollte am 14.6.2002 enden. Mit Schreiben vom 22.5.2002 bat die Vergabestelle alle Bieter um Zustimmung, dass aus behördeninternen Gründen der Ablauf der Zuschlagsfrist auf den 28.6.2002 festgesetzt wird.
Die Antragstellerin antwortete mit Schreiben vom 14.6.2002 auszugsweise wie folgt: „Wir erteilen diese Zustimmung hiermit uneingeschränkt in der Hoffnung und Erwartung, dass wir nach vergaberechtskonformer Durchführung des Verfahrens den Zuschlag erhalten werden … Ausschließlich für den Fall, dass trotz Einhaltung aller vergaberechtlich geforderten Voraussetzungen unser Angebot nicht wirtschaftlichstes sein sollte, verlängern wir die Bindefrist nur unter der Voraussetzung, dass zum bisherigen Angebot ein Nachlass i.H.v. 120.000 Euro zzgl. Umsatzsteuer auf die BE-Pauschale gewahrt wird.”
Nach Prüfung und Wertung der Angebote durch die Vergabestelle lag das Angebot der Antragstellerin an zweiter Stelle; der Nachlass i.H.v. 120.000 Euro war dabei nicht gewertet worden. Die Antragstellerin rügte nach Erhalt des Absageschreibens und weiterer auf Rückfrage erhaltener Informationen, dass ihr Nachlass nicht gewertet worden sei. Ferner bezweifelte sie, dass gewertete Nebenangebote des erstplazierten Bieters ordnungsgemäß gewesen seien.
Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag zurück. Es bestünden schon Zweifel an der Antragsbefugnis der Antragstellerin, da sie entgegen den Anforderungen in den Verdingungsunterlagen kein „Baustoffverzeichnis” eingereicht habe und ihr Angebot deshalb möglicherweise auszuschließen sei. Der Nachprüfungsantrag sei jedenfalls unbegründet. Die Antragstellerin habe der Verlängerung der Zuschlags- und Bindefrist nur i.V.m. einem erneuten Preisnachlass, welcher von dem Ergebnis des Wertungsverfahrens abhängig gemacht werden sollte, zugestimmt. Diese Angebotsänderung dürfe nicht berücksichtigt werden; da die Antragstellerin ihr ursprüngliches Angebot im Gegensatz zu den anderen Bietern nicht aufrechterhalten habe, könne ihr der Zuschlag nicht erteilt werden. Damit würden sich alle anderen Rügen der Antragstellerin als unzulässig erweisen.
Mit ihrer sofortigen Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Nachprüfungsantrag weiter. Ferner stellt sie Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung.
II. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung gem. § 118 Abs. 1 S. 3 GWB zu verlängern, war abzulehnen, da die Beschwerde der Antragstellerin nach der im Verfahren nach § 118 GWB gebotenen summarischen Prüfung keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 118 Abs. 2 S. 1 GWB). Dabei kann im Rahmen der hier zu treffenden Entscheidung über einstweiligen Rechtsschutz die von der Vergabekammer problematisierte Frage der Antragsbefugnis offen bleiben. Auch wenn der Senat die Antragsbefugnis der Antragstellerin bejahen sollte, wäre der Nachprüfungsantrag jedenfalls unbegründet.
1. Wie der Senat mit Beschluss vom 15.7.2002 – Verg 15/02 entschieden hat, stellt das Angebot eines Preisnachlasses für den Fall der Verlängerung der Zuschlags- und Bindefrist ein unzulässiges Nachverhandeln i.S.d. § 24 Nr. 3 VOB/A dar. Denn dadurch wird nach Angebotseröffnung der Preis eines Bieters zu Lasten der anderen Bieter unzulässig gedrückt. Ein solches Angebot darf nicht berücksichtigt werden.
Diese Rechtsprechung wird von der Antragstellerin, die am damaligen Verfahren als Beigeladene beteiligt war, nicht angegriffen. Sie macht geltend, dass zum Zeitpunkt ihres Angebots vom 14.6.2002 die Entscheidung des Senats noch nicht vorlag. Sie habe ihr Angebot rein prophylaktisch unterbreitet für den Fall, dass der Senat in dem seinerzeit anhängigen Verfahren solche Nachlässe als zulässig erachtet hätte. Auch wenn ein solcher weiterer Nachlass nicht bei der Wertung zu berücksichtigen sei, so gelte hier dennoch ihr ursprüngliches Angebot weiter. Denn entgegen der Ansicht der Vergabekammer habe sie ihre Zustimmung „uneingeschränkt” erteilt.
Mit dieser Argumentation kann die Antragstellerin nicht durchdringen. Ihr Schreiben vom 14.6.2002 stellt eine – unzulässige – Änderung ihres ursprünglichen Angebots dar. Die Sichtweise der Antragstellerin, der zusätzlich gewährte Nachlass stelle ein eigenständiges Angebot dar, neben dem das ursprüngliche Angebot unverändert habe fortgelten sollen, findet im Schreiben vom 14.6.2002 keine hinreichende Stütze. Die zu Anfang des Sc...