Leitsatz (amtlich)
1. Am Verfahren über die Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen ist auch der inzwischen ausgeschiedene Verwalter jedenfalls dann zu beteiligen, wenn dessen Belastung mit Verfahrenskosten in Betracht kommt.
2. Bei Mehrhausanlagen kann sich aus der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung eine Verpflichtung des Verwalters ergeben, für die Untergemeinschaft eigene Wirtschaftspläne und Jahresabrechnungen aufzustellen, über die gesondert in einer Teileigentümerversammlung abzustimmen ist.
Normenkette
WEG § 10 Abs. 1 S. 2, § 16 Abs. 2, 5, § 25 Abs. 2, § 28 Abs. 3, § 43 Abs. 1 Nr. 4; WEG § Abs. 4 Nr. 2; ZPO § 100 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 19.03.2003; Aktenzeichen 1 T 19285/02) |
AG München (Beschluss vom 02.10.2002; Aktenzeichen 484 UR II 650/01 WEG) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner werden die Beschlüsse des AG München vom 2.10.2002 und des LG München I vom 19.3.2003 mit Ausnahme der jeweiligen Geschäftswertfestsetzung aufgehoben.
II. Der Beschluss der Wohnungseigentümer vom 20.6.2001 zu Tagesordnungspunkt 1a (Vorlage und Genehmigung der Gesamt- und Einzelabrechnung für das Wirtschaftsjahr 2000) wird mit Ausnahme der Positionen
- Entwässerung,
- Lohn-Hausreinigung,
- Haftpflichtversicherung,
- Verwaltergebühr,
- lfd. Instandhaltung 1–4,
- Bankgebühren,
- Überziehungszinsen
- Gerichts-/Anwaltskosten
für ungültig erklärt.
Im Übrigen werden der Antrag abgewiesen und die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Von den Gerichtskosten des Verfahrens vor dem AG sowie des Beschwerdeverfahrens haben die Antragstellerinnen 2/3 und die Antragsgegner 1/3 jeweils als Gesamtschuldner zu tragen.
Die Antragstellerinnen haben darüber hinaus gesamtschuldnerisch 3/10 der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren zu erstatten. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 7.700 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin zu 2) und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten zu 1) verwaltet wird. Der Antragstellerin zu 1) gehörte in dieser Anlage ebenfalls ein Wohnungseigentum; dieses hat sie nach Rechtshängigkeit veräußert. Die weitere Beteiligte zu 2) war im Juni 2001 Verwalterin der Wohnanlage.
Das Wohnungseigentum besteht aus zwei Gebäuden, einem so genannten Altbau im vorderen Grundstücksteil und einem so genannten Neubau im hinteren Grundstücksteil. Altbau und Neubau sind durch ein gemeinsames Treppenhaus miteinander verbunden. Insgesamt bestehen vier Wohnungseigentumseinheiten. Im Altbau befindet sich die Wohnung Nr. 4 mit einem Miteigentumsanteil von 480,26/1.000, die den Antragsgegnern zu 2) gehört. Im Neubau sind auf drei Stockwerken die übrigen Wohnungen untergebracht. Die Wohnung Nr. 1 im Erdgeschoss weist einen Miteigentumsanteil von 237,20/1.000 auf und gehört den Antragsgegnern zu 1). Eigentümerin der Wohnung Nr. 2 im 1. Obergeschoss mit einem Miteigentumsanteil von 216,78/1.000 ist die Antragstellerin zu 2). Der Antragstellerin zu 1) gehörte die Dachgeschosswohnung im Neubau (Nr. 3), deren Miteigentumsanteil sich auf 65,76/1.000 beläuft.
Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander bestimmen Teilungserklärung (TE) und Gemeinschaftsordnung (GO) vom 30.12.1987 wie folgt:
III. (TE)
Für das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und für die Verwaltung gelten die in den Anlagen I und II zu dieser Urkunde, auf die Bezug genommen wird, enthaltenen Bestimmungen (Gemeinschaftsordnungen), wobei sich die Anlage I auf die Trennung der Wohnungen Nr. 1, 2 und 3 im so genannten Wohnhausneubau als eine wirtschaftlich selbständige Einheit und die Wohnung Nr. 4 im so genannten Wohnhausaltbau als eine wirtschaftlich selbständige Einheit bezieht. Die Anlage II gilt nur für das Verhältnis der Wohnungseigentümer Nr. 1, 2 und 3 untereinander.
Anlage I (GO)
§ 2 Wirtschaftlich selbständige Einheiten
Es werden wirtschaftlich selbständige Einheiten wie folgt gebildet:
1. Zur Sondernutzung … stehen zu:
a) den jeweiligen Eigentümern der Wohnungen Nr. 1, 2 und 3 gemeinschaftlich die mit dem Wohnhausneubau bebaute Grundstücksfläche;
b) dem jeweiligen Eigentümer der Wohnung Nr. 4 die mit dem Wohnhausaltbau bebaute Grundstücksfläche.
…
§ 3 Gemeinschaftseigentum im wirtschaftlichen Sinne
1. Jede Einheit ist von den übrigen wirtschaftlich vollständig getrennt, so dass Gemeinschaftseigentum im wirtschaftlichen Sinne nicht vorhanden ist, ausgenommen etwa gemeinschaftlich genutzte Ver- und Entsorgungsanlagen sowie das Treppenhaus.
2. Die Lasten und Kosten von Gemeinschaftseigentum im wirtschaftlichen Sinne tragen die Eigentümer zu gleichen Teilen. Bei Beschlüssen über Gemeinschaftseigentum im wirtschaftlichen Sinne hat jede Einheit eine Stimme.
Anlage II (GO)
§ 2 Stimmrecht
Das Stimmrecht richtet sich nach der Größe der Miteigentumsanteile.
§ 3 Nutzungen und Lasten des Gemei...