Entscheidungsstichwort (Thema)

Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses

 

Verfahrensgang

AG München (Aktenzeichen UR II 42/92)

LG München I (Aktenzeichen 1 T 20419/92)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 25. August 1993 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage; die weitere Beteiligte ist die derzeitige Verwalterin.

§ 14 der Gemeinschaftsordnung (GO) vom Jahr 1972 lautet:

Ein Verwaltungsbeirat wird nicht bestellt. Die Einsetzung eines Verwaltungsbeirats bedarf der Zustimmung aller Miteigentümer.

Der Antragsteller wurde im Jahr 1974 zusammen mit einer weiteren Person zum Verwalter bestellt; in der Folgezeit wurde eine Gesellschaft zum Verwalter bestellt, in der der Antragsteller an maßgeblicher Stelle mitgearbeitet hat. Der mit dieser Gesellschaft geschlossene Verwaltervertrag enthält Regelungen über die Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsbeirat. Zu der Zeit, zu der der Antragsteller und später die Gesellschaft Verwalter waren, wurde wiederholt durch Eigentümerbeschlüsse ein Verwaltungsbeirat bestellt, der auch tätig wurde. Durch Mehrheitsbeschluß vom 18.12.1991 bestellten die Wohnungseigentümer wiederum einen Verwaltungsbeirat.

Der Antragsteller hat beantragt, den Eigentümerbeschluß vom 18.12.1991 für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat dem Antrag am 5.10.1992 stattgegeben; das Landgericht hat die sofortige Beschwerde durch Beschluß vom 25.8.1993 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.

II.

Das Rechtsmittel ist unbegründet.

1. Das Landgericht hat unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Amtsgerichts ausgeführt: Durch die Gemeinschaftsordnung sei das Institut des Verwaltungsbeirats nicht beseitigt worden; für die Wahl eines Verwaltungsbeirats werde lediglich ein Beschluß mit den Stimmen aller Wohnungseigentümer verlangt. Die Gemeinschaftsordnung sei durch frühere, unangefochten gebliebene Eigentümerbeschlüsse, durch die ein Verwaltungsbeirat mit Stimmenmehrheit gebildet worden sei, nicht geändert worden; dies hätte eindeutig zum Ausdruck gebracht werden müssen. Dasselbe gelte für den Verwaltervertrag mit der früheren Verwaltergesellschaft, der Bestimmungen über die Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsbeirat enthält.

§ 14 GO sei nicht dadurch unwirksam geworden, daß sich die Wohnungseigentümer jahrelang darüber hinweggesetzt hätten. Der Antragsteller handle nicht treuwidrig, wenn er sich jetzt auf die Gemeinschaftsordnung berufe. Aufgrund der Beweisaufnahme und der Angaben der Beteiligten, insbesondere des Antragstellers, könne es nicht als erwiesen angesehen werden, daß dem Antragsteller die Regelung des § 14 GO schon vor der jetzigen Beschlußanfechtung bekannt gewesen sei.

2. Die Entscheidung des Landgerichts ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden; die Vorinstanzen haben alle maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte ausreichend berücksichtigt und rechtsfehlerfrei gewürdigt.

a) Gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 WEG können die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit die Bestellung eines Verwaltungsbeirats beschließen. Den Wohnungseigentümern steht es frei, von den Vorschriften des Wohnungseigentumsgessetzes abweichende Vereinbarungen zu treffen (§ 10 Abs. 1 Satz 2, § 8 Abs. 2, § 5 Abs. 4 WEG). Weil nicht ausdrücklich im Gesetz etwas anderes bestimmt ist, können sie auch eine von § 29 Abs. 1 Satz 1 WEG abweichende Regelung treffen, also auch der teilende Eigentümer in der Gemeinschaftsordnung. Dies ist hier geschehen. In der Gemeinschaftsordnung ist die Bestellung eines Verwaltungsbeirats nicht schlechthin ausgeschlossen; vielmehr wurde lediglich die gesetzlich vorgesehene Regelung einer Bestellung durch Mehrheitsbeschluß dahin eingeschränkt, daß ein Beschluß aller Wohnungseigentümer für erforderlich erklärt ist. Diese Regelung kann nicht allein deshalb als nichtig angesehen werden, weil es bei einer sehr großen Eigentümergemeinschaft wie hier der teilende Grundstückseigentümer in der Hand hat, die Bestellung eines Verwaltungsbeirats im Ergebnis auf Dauer auszuschließen, da die Zustimmung aller Wohnungseigentümer praktisch nicht erreichbar ist. Im übrigen bleibt es den Wohnungseigentümern unbenommen, durch Mehrheitsbeschluß mit der wichtigsten Aufgabe des Verwaltungsbeirats, nämlich der Überprüfung von Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung des Verwalters, jeweils einen einzelnen Wohnungseigentümer oder mehrere zu beauftragen, ohne daß es sich dabei um einen Verwaltungsbeirat im Sinn des Gesetzes handelt (vgl. Henkes/Niedenführ/Schulze WEG 2. Aufl. § 29 Rn. 1).

b) Die somit wirksam getroffene Vereinbarung ist von den Wohnungseigentümern nicht wieder abgeändert worden. Dies könnte gr...

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