Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterbringungssache

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Anordnung der Erstattung der dem Betroffenen in einem Unterbringungsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen durch die Staatskasse nach dem Tod des Betroffenen auf Antrag des Erben.

 

Normenkette

BGB § 1846; FGG § 13a Abs. 2 S. 1, § 70h

 

Verfahrensgang

AG Kempten (Aktenzeichen 5 UL 37/01)

LG Kempten (Aktenzeichen 4 T 1031/01)

 

Tenor

I. Das Verfahren auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Unterbringung der Betroffenen auf der Grundlage des Beschlusses des Amtsgerichts Kempten (Allgäu) vom 3. Mai 2001 ist beendet.

II. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Betroffenen werden der Staatskasse auferlegt.

III. Der Geschäftswert wird auf 5 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Mit Beschluß vom 3.5.2001 ordnete das Amtsgericht gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 1, § 1846 BGB, § 70h FGG einstweilen die vorläufige Unterbringung der Betroffenen in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses bis längstens 14.6.2001 an.

Noch am selben Tag wurde die Betroffene in das Bezirkskrankenhaus eingeliefert, von dort gegen 19.00 Uhr jedoch in das Klinikum verlegt.

Gegen die Unterbringungsmaßnahme legte die Betroffene am 12.5.2001 sofortige Beschwerde ein. Der Beschluß des Amtsgerichts sei rechtswidrig, weil sie, die Betroffene, weder vor dessen Erlaß noch nachträglich angehört worden sei, ein ordnungsgemäßes ärztliches Zeugnis nicht vorgelegen und die Gefahr eines erheblichen gesundheitlichen Schadens nicht bestanden habe. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 17.5.2001, zur Post gegeben am 22.5.2001, das Rechtsmittel als unzulässig verworfen, da die einstweilige Anordnung durch die Verlegung der Betroffenen in das Klinikum prozessual überholt worden sei, die angefochtene Unterbringungsmaßnahme jedoch zur Beseitigung des Rechtscheins aufgehoben.

Am 21.5.2001 ist die Betroffene aus dem Klinikum entlassen worden.

Mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde hat die Betroffene geltend gemacht, daß sie ein Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Unterbringungsmaßnahme habe, und des weiteren beantragt, ihre Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen.

Am 18.6.2001 ist die Betroffene verstorben. Die Alleinerbin verfolgt deren Kostenantrag weiter.

II.

1. Auf Grund der sofortigen weiteren Beschwerde der Betroffenen ist über den Kostenantrag der Erbin zu entscheiden. Der Kostenantrag ist zulässig. Die Betroffene hatte die sofortige weitere Beschwerde zulässig eingelegt. Die erforderliche Beschwer ergab sich daraus, daß das Landgericht über ihre Erstbeschwerde keine Sachentscheidung getroffen, sondern das Rechtsmittel als unzulässig verworfen hatte (vgl. Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. § 27 Rn. 10). Eine eventuell durch die Entlassung der Betroffenen aus dem Klinikum erst während des Beschwerdeverfahrens eingetretene Erledigung der Hauptsache hatte auf die Zulässigkeit der sofortigen weiteren Beschwerde keinen Einfluß (vgl. BGH FamRZ 1978, 396; BayObLG WE 1993, 343; OLG Karlsruhe InfAuslR 2001, 179). Der Tod der Betroffenen hat das Verfahren auf Feststellung der Rechtswidrigkeit ihrer Unterbringung auf der Grundlage des Beschlusses vom 3.5.2001 beendet (vgl. Senatsbeschluß vom 1.6.2001 – 3Z BR 29 und 30/01). Der eventuelle Anspruch der Betroffenen auf Erstattung ihrer notwendigen Auslagen ist gemäß § 1922 Abs. 1 BGB auf die Erbin übergegangen.

2. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Betroffenen werden der Staatskasse auferlegt (§ 13a Abs. 2 Satz 1, § 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 b, § 70h Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 FGG).

a) Geht es – wie hier – um eine Unterbringungsmaßnahme nach § 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 b FGG, ermöglicht es § 13a Abs. 2 Satz 1 FGG, notwendige Auslagen des Betroffenen unter anderem dann der Staatskasse zu überbürden, wenn das Verfahren ohne Entscheidung über die Maßnahme beendet wird, etwa weil sich die Hauptsache erledigt (vgl. Bassenge/Herbst FGG/RPflG 8. Aufl. § 13a FGG Rn. 20, 18; Keidel/Zimmermann § 13a Rn. 51 c) oder weil der Betroffene während des Verfahrens stirbt (vgl. Hoffmann in HK-BUR § 13a FGG Rn. 38; Zimmermann in Damrau/Zimmermann Betreuung und Vormundschaft 2. Aufl. § 13a FGG Rn. 22). Ohne Bedeutung ist hierbei, ob zu diesem Zeitpunkt Ziel des Verfahrens die Beseitigung des Eingriffs in das Grundrecht der persönlichen Freiheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) oder wegen dessen zwischenzeitlicher Beendigung die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit war. Ebenso ist auf die Anwendbarkeit des § 13a Abs. 2 Satz 1 FGG ohne Einfluß, in welcher Instanz die Beendigung des Verfahrens eintritt (vgl. Hoffmann § 13a FGG Rn. 39).

b) Der Senat hält die Erstattung der notwendigen Auslagen der Betroffenen durch die Staatskasse für veranlaßt, da, wäre die Betroffene nicht verstorben, auf deren Antrag die Rechtswidrigkeit ihrer Unterbringung auf der Grundlage des Beschlusses vom 3.5.2001 festzustellen gewesen wäre.

aa) Für die Verwerfung der Erstbeschwerde der Betroffenen war kein Raum.

Dabei kann dah...

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