Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Haftung von Wohnungseigentümern im Aussenverhältnis sowie Stimmrechtsausschluss und Beschlussunfähigkeit sowie Verhandlung vor dem Landgericht
Verfahrensgang
AG Viechtach (Aktenzeichen UR II 100/90) |
LG Deggendorf (Aktenzeichen T 115/91) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Landgerichts Deggendorf vom 12. August 1991 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur mündlichen Verhandlung und neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 15.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Anlage mit 354 auf mehrere Gebäude verteilten Appartements mit Restaurant, Hallenbad, Nebengebäude sowie Park- und Sportanlagen. Die weitere Beteiligte ist die Verwalterin.
Vor mehreren Jahren wurde eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet, deren Zweck es war, die zur Instandhaltung der Anlage erforderlichen Arbeiten zu vergeben. Mit der Gesellschaftsgründung war u. a. beabsichtigt, den Wohnungseigentümern die Berechtigung zum Vorsteuerabzug zu verschaffen. Gesellschafter waren ausschließlich Wohnungseigentümer; nicht alle Wohnungseigentümer wurden aber Gesellschafter. Die Gesellschaft wurde im Jahr 1990 aufgelöst; ihre Vollbeendigung war bis zum Jahresende 1990 geplant.
In der Eigentümerversammlung vom 30.9.1990 beschlossen die Wohnungseigentümer mit Mehrheit:
Tagesordnungspunkt (TOP) 8:
Der Verwalter wird unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB beauftragt und bevollmächtigt, alle Forderungen, die der … GbR am 31.12.1990 noch zustehen, an die Wohnungseigentümer gemeinschaft übertragen (abtreten) zu lassen und alle Verbindlichkeiten dieser GbR, die am 31.12.1990 etwa noch bestehen, durch die WEG zu übernehmen. Die Verbindlichkeiten, die ausschließlich und nur deren Geschäftsführung, Buchhaltung und Steuerberatung betreffen, tragen nur die Wohnungseigentümer, die Gesellschafter der GbR sind.
In die am 31.12.1990 etwa noch zwischen Wohnungseigentümern und der GbR bestehenden Pachtverträge tritt die WEG jedoch nicht ein; Rechte und Pflichten aus solchen Verträgen bleiben also bei der GbR.
TOP 9:
Beschlußfassung über die Ermächtigung des Verwalters, folgende Angelegenheiten in die Wege zu leiten:
1.
- Tauschvertrag mit der Gemeinde betreffend einen Weg; dieser Tausch wird von der Gemeinde verlangt.
- Veräußerung der für den Ausbau der Kreisstraße benötigten Grundstücksteile.
2. Ausgliederung folgender Flächen aus dem Wohnungseigentum:
…
3. Mit Interessenten Erbbauverträge – und/oder auch andere Verträge – zur Errichtung der für die Zwecke 2. a) bis 2. d) notwendigen Gebäude und deren entsprechenden Nutzung auszuhandeln.
Der endgültige Abschluß dieser Verträge unterliegt der Zustimmung aller Wohnungseigentümer. Soweit Wohnungseigentümer dem Verwalter bereits Vollmacht erteilt haben …, kann der Verwalter zum Abschluß dieser Verträge von den Vollmachten Gebrauch machen, soweit auch der Verwaltungsbeirat diese Verträge gebilligt hat.
…
Ausdrücklich wurde darauf hingewiesen, daß ohne Zustimmung aller Wohnungseigentümer diese Maßnahmen nicht durchgeführt werden können, allerdings sei die Gemeinde in der Lage, zu Punkt 1 entsprechende Enteignungen vorzunehmen.
Der Antragsteller hat am 29.10.1990 beantragt, die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 8 und 9 für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 5.6.1991 den Antrag abgewiesen. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde des Antragstellers ohne mündliche Verhandlung mit Beschluß vom 12.8.1991 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.
II.
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Die Entscheidung beruht auf einem Verfahrensfehler (§ 27 Satz 1 FGG, § 44 Abs. 1 WEG), weil das Landgericht nicht mündlich verhandelt hat.
1. Nach § 44 Abs. 1 WEG soll der Richter mit den Beteiligten in der Regel mündlich verhandeln und hierbei darauf hinwirken, daß sie sich gütlich einigen. Die Vorschrift dient auch der Sachaufklärung (§ 12 FGG). Sie ist auch im Beschwerdeverfahren anzuwenden (ständige Rechtsprechung, vgl. BayObLGZ 1983, 73/77 m.w.Nachw.). Dort hat die mündliche Verhandlung vor der vollbesetzten Kammer des Landgerichts stattzufinden. Nach dem Beschluß des Senats vom 7.12.1987 (NJW-RR 1988, 1151 f.) kann von der mündlichen Verhandlung vor der vollbesetzten Kammer nur in besonderen Ausnahmefällen abgesehen werden. Ob ein solcher vorliegt, bedarf einer entsprechenden Begründung. Das Landgericht hat hier ausgeführt, „ein Verhandlungstermin hätte weder zusätzliche Sachaufklärung erwarten lassen, noch bestehe nach dem bisherigen Verhalten der Parteien Aussicht auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits”. Diese Begründung überzeugt nicht. Eine gütliche Einigung kann in aller Regel nicht von vornh...