Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache. Wiederaufnahme des Verfahrens. Geschäftswertbeschwerde
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen UR II 350/85) |
LG München I (Aktenzeichen 13 T 13682/91) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Festsetzung des Geschäftswerts im Beschluß des Landgerichts München I vom 30. September 1991 wird zurückgewiesen.
II. Bei der Festsetzung des Geschäftswerts im Beschluß des Senats vom 19. März 1992 BReg. 2 Z 152/91 hat es sein Bewenden.
Gründe
I.
Der Antragsteller und die Antragsgegner zu 1 sind die Wohnungseigentümer einer aus 197 Wohnungen und 176 Garagenplätzen bestehenden Wohnanlage. Die Antragsgegnerin zu 2 ist seit 11.4.1984 Verwalterin der Wohnanlage. Vorher war es der Antragsteller.
Der Antragsteller hatte beim Amtsgericht beantragt, die meisten der am 20.6.1985 gefaßten Eigentümerbeschlüsse für ungültig zu erklären. Unter Tagesordnungspunkt (TOP) 1 a hatten die Wohnungseigentümer damals eine Teilabrechnung der Bewirtschaftungskosten für die Zeit vom 12.4. – 31.12.1984 in Höhe von 229 159,05 DM genehmigt und unter TOP 1 b beschlossen, daß diese Teilabrechnung nach Vorliegen der Unterlagen für die Zeit vom 1.1. bis 11.4.1984 in eine Abrechnung für das ganze Jahr zu integrieren sei. Den Antrag auf Ungültigerklärung dieser (und anderer) Eigentümerbeschlüsse hat der Senat mit Beschluß vom 10.5.1989 BReg. 2 Z 23/88 abgewiesen.
Im Hinblick auf einen anderen Senatsbeschluß, der dieselbe Wohnanlage betrifft, hat der Antragsteller am 23.4.1991 beantragt, das frühere Verfahren wieder aufzunehmen.
Das Landgericht hat mit Beschluß vom 30.9.1991 den Wiederaufnahmeantrag als unzulässig abgewiesen und den Geschäftswert auf 12 000 DM festgesetzt. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers in der Hauptsache hat der Senat mit Beschluß vom 19.3.1991 zurückgewiesen. Dabei hat er den Geschäftswert ebenfalls auf 12 000 DM festgesetzt. Dem Antragsteller wurden für beide Rechtszüge Kosten auferlegt.
Mit zwei Schreiben vom 27.7.1992 hat der Antragsteller Beschwerde gegen die Geschäftswertfestsetzung durch das Landgericht eingelegt und zugleich Gegenvorstellungen gegen die Geschäftswertfestsetzung durch den Senat erhoben.
Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluß vom 11.9.1992 nicht abgeholfen.
II.
Die Geschäftswertbeschwerde und Gegenvorstellungen sind zwar zulässig, aber unbegründet. Der Ablauf der Sechsmonatsfrist des § 31 Abs. 1 Satz 3 KostO steht einer Überprüfung der Geschäftswertfestsetzung nicht entgegen, weil die Anregung dazu vor Ablauf der Frist eingegangen ist (vgl. Beschluß des 1. Zivilsenats des BayObLG vom 25.9.1992 BReg. 1 Z 57/91).
1. Das Landgericht hat in seinem Nichtabhilfebeschluß ausgeführt:
Das Kostenrisiko des Wiederaufnahmeverfahrens sei für den Antragsteller von vorneherein überschlägig abschätzbar gewesen, da im Anfechtungsverfahren für die Eigentümerbeschlüsse vom 20.6.1985 zu TOP 1 a und 1 b bereits Geschäftswerte von 23 000 DM und 1 000 DM festgesetzt worden seien. Unter Berücksichtigung der vom Bundesverfassungsgericht festgelegten Grundsätze habe die Kammer für das Wiederaufnahmeverfahren lediglich 50 % des Geschäftswerts aus dem Anfechtungsverfahren festgesetzt. Das vom Antragsteller angegebene wirtschaftliche Interesse von 25 DM bis 40 DM rechtfertige keine weitere Herabsetzung des Geschäftswerts; denn beim Antragsteller sei neben seinem wirtschaftlichen Interesse auch sein nicht zu übersehendes Interesse an der Rechtsfortbildung und an der Klärung der einschlägigen Rechtsfragen bis in die letzten Einzelheiten zu berücksichtigen.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der Überprüfung im Beschwerdeverfahren stand.
a) In Wohnungseigentumssachen, also auch im Wiederaufnahmeverfahren, wird der Geschäftswert nach § 48 Abs. 2 WEG festgesetzt. Danach ist maßgebend das Interesse aller am Verfahren Beteiligten. Diese Vorschrift ist nicht verfassungswidrig, wenn sie so ausgelegt wird, daß die Kostenbelastung nicht den freien Zugang zu den Gerichten verhindert (BVerfG NJW 1992, 1673). Entgegen der Ansicht des Antragstellers führt freilich eine verfassungskonforme Auslegung von § 48 Abs. 2 WEG nicht dazu, daß entgegen dem Wortlaut der Vorschrift nur noch das wirtschaftliche Interesse des einzelnen Antragstellers zu berücksichtigen wäre. Das Bundesverfassungsgericht betont vielmehr in seinem Beschluß, daß bei der Festsetzung des Geschäftswerts neben dem Umfang der Bindungswirkung für alle Beteiligten nach § 45 Abs. 2 Satz 2 WEG auch das Interesse des Fiskus an einer angemessenen Gebühr zu berücksichtigen ist. Deshalb könne nicht gefordert werden, daß der Staat bei geringfügigem wirtschaftlichen Interesse des einzelnen seine Gerichte praktisch kostenlos zur Verfügung stellt (BVerfG NJW 1992, 1673/1674). Daneben müsse auch die Berufsfreiheit der Rechtsanwälte beachtet werden; ihr Entgelt müsse so bemessen sein, daß der Anwalt aus seinem Gebührenaufkommen nach einer Mischkalkulaton sowohl seinen Kostenaufwand als auch seinen Lebensunterhalt bestreiten ...