Leitsatz (amtlich)
Es entspricht nur dann der Billigkeit, dem unterlegenen Gegner die notwendigen Aufwendungen eines Beigeladenen aufzuerlegen, wenn der Beigeladene entweder eigene Sachanträge gestellt oder ein eigenes Rechtsmittel eingelegt oder zumindest das Verfahren wesentlich gefördert hat.
Normenkette
GWB § 128 Abs. 4; BayVwVfG Art. 80 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
Vergabekammer Nordbayern (Beschluss vom 14.10.2002; Aktenzeichen 320.VK-3194-17/02) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen zu 1) gegen den Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 14. Oktober 2002 wird zurückgewiesen.
II. Die Beigeladene zu 1) trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.420 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsgegner schrieb die Baumeisterarbeiten für die Erweiterung der Therme Obernsees im Offenen Verfahren Europaweit aus. In dem von der Antragstellerin eingeleiteten Nachprüfungsverfahren war die Beigeladene zu 1) durch ihren Verfahrensbevollmächtigten vertreten, welcher einen Antragserwiderungsschriftsatz fertigte und an der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer teilnahm. Er gab dort zwar eine mündliche Stellungnahme ab, stellte aber keinen Antrag.
Die Vergabekammer hat durch Beschluss vom 6.6.2002 den Antrag der Antragstellerin abgewiesen und dieser die Kosten des Verfahrens auferlegt. Die zunächst fehlende Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen zu 1) hat die Vergabekammer im Beschluss vom 14.10.2002 nachgeholt und ausgesprochen, dass die Beigeladene zu 1) ihre Aufwendungen selbst trägt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, es könne dahinstehen, ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten durch die Beigeladene zu 1) notwendig gewesen sei oder nicht. Denn auch notwendige Aufwendungen seien nur erstattungsfähig, wenn dies der Billigkeit entspreche. Dies sei hier nicht der Fall, da die Beigeladene zu 1) in der mündlichen Verhandlung keine Anträge gestellt und damit auch kein Kostenrisiko auf sich genommen habe.
Mit ihrer sofortigen Beschwerde will die Beigeladene zu 1) die Erstattung der ihr entstandenen notwendigen Auslagen durch die Antragstellerin erreichen.
II. Das Rechtsmittel ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Vergabekammer hat zu Recht die Erstattungsfähigkeit der notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen zu 1) verneint.
1. Ein Erstattungsanspruch eines Beigeladenen ist in § 128 GWB nicht ausdrücklich vorgesehen. Nach § 128 Abs. 4 S. 2 GWB sind nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen des „Antragsgegners” zu erstatten. Hieraus folgt aber nicht, dass eine Kostenerstattung zugunsten eines Beigeladenen überhaupt nicht ausgesprochen werden kann (so aber wohl Reidt/Stickler/Glahs, GWB, Vergaberecht, § 128 Rz. 22). Vielmehr findet über die Verweisung in § 128 Abs. 4 S. 3 GWB auf § 80 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder Art. 80 BayVwVfG Anwendung, der in Abs. 2 S. 2 eine ausdrückliche Regelung über die Erstattung der Aufwendungen von Drittbeteiligten enthält (für die anderen Bundesländer wird dasselbe Ergebnis durch die analoge Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO erzielt, vgl. Noelle in Byok/Jaeger, GWB, Vergaberecht, § 128 Rz. 1034; Boesen, GWB, Vergaberecht, § 128 Rz. 47). Danach ist eine Erstattung dann gerechtfertigt, wenn dies der Billigkeit entspricht und, soweit es um die Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren oder -auslagen geht, wenn die Zuziehung eines Rechtsanwalts notwendig war. Begründet wird dies damit, dass der Beigeladene gem. § 128 Abs. 4 S. 2 GWB bei Unterliegen seinerseits die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen des Gegners zu tragen hat. Dann würde es aber im umgekehrten Fall nicht der Billigkeit entsprechen, den Gegner von jeder Kostenerstattung freizustellen. Unterliegen kann der Beigeladene aber nur dann, wenn er im Verfahren einen ausdrücklichen Sachantrag gestellt hat, der erfolglos geblieben ist (vgl. Boesen, GWB, § 128 Rz. 27; Immenga/Mestmäcker/Stockmann, GWB, 3. Aufl., § 128 Rz. 14). Die Erstattung der notwendigen Aufwendungen des Beigeladenen entspricht deshalb nach herrschender Ansicht nur dann der Billigkeit, wenn dieser eigene Anträge gestellt, ein eigenes Rechtsmittel eingelegt oder zumindest das Verfahren wesentlich gefördert hat (vgl. BayObLG, Beschl. v. 11.12.2001 – Verg 15/01, Umdruck S. 16 – insoweit nicht veröffentlicht; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.5.2002 – Verg 10/02, Umdruck S. 7, 8; NZBau 2000, 155 [158]; OLG Brandenburg VergabeR 2002, 417, Boesen, GWB, Vergaberecht, § 128 Rz. 47; Byok/Jaeger, GWB, Vergaberecht, § 128 Rz. 1034; Immenga/Mestmäcker/Stockmann, GWB, 3. Aufl., § 128 Rz. 14; Eyermann/Froehler, VwGO, 13. Aufl., § 162 Rz. 15; Giehl, BayVwVfG, Art. 80 Abs. 4 Nr. 2b, der auf besondere Umstände abstellen will – so auch OLG Celle NZBau 2000, 98).
2. Bei Übertragung dies...