Leitsatz (amtlich)
Zur Zuständigkeit des bestimmenden Gerichts bei ausländischem (Wohn-)Sitz eines Streitgenossen.
Normenkette
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 251 H 19341/21) |
Tenor
Als (örtlich) zuständiges Gericht wird das Amtsgericht München bestimmt.
Gründe
I. Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2021 bei dem Amtsgericht München ein selbständiges Beweisverfahren gegen die Antragsgegnerin zu 1) eingeleitet. Mit weiterem Schriftsatz vom 21. März 2022 hat er seinen Antrag gegen die Antragsgegnerin zu 2), der er zunächst nur den Streit verkündet hatte, erweitert. Die Antragsgegnerin zu 1), eine Fahrzeugherstellerin, ist im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland ansässig. Die Antragsgegnerin zu 2), ein Autohaus, hat ihren Sitz im Bezirk des Amtsgerichts München.
Der Antragsteller ist Eigentümer des von der Antragsgegnerin zu 1) hergestellten Pkws ..., Fahrzeug-Identifizierungsnummer: ..., den er 2016 als Neufahrzeug von der Antragsgegnerin zu 2) erworben hat. Anfang 2021 informierte ihn die Antragsgegnerin zu 1) darüber, dass sein Fahrzeug von einem "freiwilligen schadstoffbezogenen Rückruf" betroffen sei. In dem Informationsschreiben heißt es unter anderem, dass "einige Software- und Hardware-Aktualisierungen" durchgeführt werden sollten. Der Antragsteller ließ die Rückrufaktion "..." am 18. Februar 2021 bei der Antragsgegnerin zu 2) durchführen. Etwa zwei Wochen später stellte er fest, dass "die Navigation" und die Bluetooth-Anbindung außer Betrieb waren. Am 16. März 2021 reklamierte er dies gegenüber der Antragsgegnerin zu 2) und übergab ihr das Fahrzeug zur Mangelbeseitigung. Die Antragsgegnerin zu 2) teilte dem Antragsteller mit, dass bei der Rückrufaktion lediglich Motoröl und Ölfilter ausgewechselt worden seien. Nach der Rückgabe des Fahrzeugs stellte der Antragsteller fest, dass nunmehr der Bildschirm der Radioempfängerbaugruppe im "Bootloop" hängenblieb und immer wieder neu startete; Sitzheizung, Einparkhilfe, Radio, Telefon, Navigation und Menüs für Einstellungen funktionierten nicht mehr. Die Antragsgegnerin zu 2) veranschlagte die Kosten für die Beseitigung der vorgenannten Mängel auf 1.610,50 EUR brutto. Der Antragsteller wandte sich daraufhin wegen der nach dem Software-Update aufgetretenen Mängel an der Bluetooth-Verbindung und dem Navigationssystem an die A. Deutschland GmbH. Diese teilte ihm in ihrer Antwort vom 3. Dezember 2021 (nach Bl. 19 d. A.) unter anderem mit, dass er, sofern er an dem (scil.: beabsichtigten) Beweissicherungsverfahren festhalten wolle, sie als zustellungsbevollmächtigt ansehen dürfe.
Zur Begründung seines Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens trägt der Antragsteller vor, aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs sei davon auszugehen, dass die zunächst aufgetretenen Mängel durch die Rückrufaktion verursacht worden seien. Auf Geheiß der Antragsgegnerin zu 1) habe die Antragsgegnerin zu 2) als deren Erfüllungsgehilfin eine fehlerbehaftete Maßnahme an seinem Fahrzeug durchgeführt. Entweder sei das von der Antragsgegnerin zu 1) zur Verfügung gestellte Software-Update fehlerhaft programmiert gewesen oder die Antragsgegnerin zu 2) habe bei dem Aufspielen des Software-Updates Fehler gemacht. Weitere Fehlfunktionen habe das Fahrzeug aufgewiesen, nachdem die Antragsgegnerin zu 2) offenbar versucht habe, die direkt nach der Rückrufaktion gerügten Fehlfunktionen durch ein weiteres Software-Update zu beseitigen. Der Schaden sei in der Münchener Werkstatt der Antragsgegnerin zu 2) entstanden, weshalb das Amtsgericht München nach § 32 ZPO örtlich zuständig sei.
Der Antragsteller beantragt die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu folgenden Beweisbehauptungen: Die Bluetooth-Anbindung zur Radioempfängerbaugruppe, das Navigationssystem, die Sitzheizung, die Einparkhilfe, das Radio sowie das Menü für Einstellungen seien ohne Funktion; die Radioempfängerbaugruppe lasse sich überhaupt nicht mehr starten (vgl. Antrag zu Ziff. I, 1 bis 7). Ursache der Schäden sei die von der Antragsgegnerin zu 1) initiierte Rückrufaktion "...", in deren Rahmen von der Antragsgegnerin zu 2) Arbeiten und Veränderungen am Fahrzeug durchgeführt worden seien (Antrag zu Ziff. II). Zur fachgerechten Beseitigung der bezeichneten Mängel sei ein Kostenaufwand in Höhe von mindestens 1.610,50 EUR brutto erforderlich (Antrag zu Ziff. III).
Die Antragsgegnerin zu 1) beantragt, den Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zurückzuweisen. Sie rügt die fehlende örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts München; örtlich zuständig sei wohl das Amtsgericht Königstein im Taunus. Außerdem bestreitet sie, dass die A. Deutschland GmbH ihre Zustellungsbevollmächtigte sei, weshalb erst durch die Bestellung ihrer Prozessbevollmächtigten eine ordnungsgemäße Zustellung der Antragsschrift erfolgt sei.
In der Sache wendet die Antragsgegnerin zu 1) ein, zwischen ihr und dem Antragsteller bestünden keine vertraglichen Beziehungen....