Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Erledigung der Hauptsache durch neuen bestandskräftigen Beschluss

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Entscheidung vom 14.05.1987; Aktenzeichen 4 T 3814/86)

 

Tenor

I. Den Antragstellern zu 1 und 2 wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren Prozeßkostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt … in … beigeordnet.

II. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 14. Mai 1987 wird verworfen.

III. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind Wohnungseigentümer in einer Wohnanlage. In der Eigentümerversammlung vom 5.4.1986 wurden zu neun Tagesordnungspunkten Beschlüsse gefaßt.

Antragsgemäß hat das Amtsgericht mit Beschluß vom 5.11.1986 sämtliche Eigentümerbeschlüsse vom 5.4.1986 für ungültig erklärt, weil die Eigentümerversammlung nicht beschlußfähig gewesen sei. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 14.5.1987 die sofortige Beschwerde des Verwalters zurückgewiesen.

Hiergegen wenden sich die Antragsgegner mit der am 4.6.1987 zur Niederschrift des Landgerichts eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde. Zur Begründung führen sie aus, die angefochtenen Eigentümerbeschlüsse vom 5.4.1986 seien teils in der Eigentümerversammlung vom 30.4.1987, teils einstimmig im Umlauf verfahren erneut gefaßt worden; damit dürfte sich das Verfahren inhaltlich überholt haben. Die Antragsteller zu 1 und 2 sind dem Rechtsmittel entgegengetreten und haben sodann die Hauptsache für erledigt erklärt; ferner beantragen sie, ihnen auch für das Rechtsbeschwerdeverfahren Prozeßkostenhilfe zu bewilligen.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist unzulässig. Eine Überprüfung der landgerichtlichen Entscheidung ist damit nicht möglich.

1. Das Rechtsmittel ist deshalb unzulässig, weil sich vor seiner Einlegung das Verfahren in der Hauptsache erledigt hat. Auch in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, insbesondere in sogenannten echten Streitverfahren, zu denen die vorliegende Wohnungseigentumssache zählt, kann sich die Hauptsache erledigen (Keidel/Kuntze/Winkler FGG 12. Aufl. RdNr. 88, Jansen FGG 2. Aufl. RdNr. 36, je zu § 19; Weitnauer WEG 6. Aufl. Anhang zu § 43 RdNr. 31; Augustin WEG § 43 RdNr. 81). Die Hauptsacheerledigung tritt ein, wenn der Verfahrensgegenstand durch ein Ereignis fortgefallen ist, welches eine Veränderung der Sach- und Rechtslage herbeiführt (BayObLGZ 1979, 117/120), wenn die Weiterführung des Verfahrens keinen Sinn mehr hat (BayObLGZ 1982, 52/56) oder wenn es auf die zu behandelnde Frage nicht mehr ankommt (BayObLG Rpfleger 1978, 254/255). Die Hauptsacheerledigung ist in jeder Lage des Verfahrens und in jedem Rechtszug von Amts wegen zu prüfen (Keidel/Kuntze/Winkler § 19 RdNr. 90). In Wohnungseigentumssachen erledigt sich das Verfahren in der Hauptsache unter anderem dann, wenn ein angefochtener Eigentümerbeschluß durch einen neuen unanfechtbar gewordenen Eigentümerbeschluß bestätigt oder ersetzt wird (Keidel/Kuntze/Winkler § 19 RdNr. 89 Stichwort: WEG; Demharter ZMR 1987, 201). Dies ist hier der Fall. Die Verfahrensbeteiligten gehen übereinstimmend davon aus, daß durch die Beschlußfassung in der Eigentümerversammlung vom 30.4.1987 und die im Umlauf verfahren einstimmig gefaßten Beschlüsse der Verfahrensgegenstand weggefallen ist. Die Hauptsacheerledigung ist allerdings erst in dem Zeitpunkt eingetreten, in dem die Eigentümerbeschlüsse vom 30.4.1987 unanfechtbar geworden sind, also mit Ablauf des 1.6.1987 (vgl. § 23 Abs. 4 WEG; § 17 Abs. 2 FGG; BayObLGZ 1977, 226/229 f.; OLG Hamm Rpfleger 1978, 319/320). Nach diesem Zeitpunkt konnte ein zulässiges Rechtsmittel nicht mehr eingelegt werden; für ein solches fehlt die Beschwer gemäß § 20 Abs. 1 FGG (BayObLGZ 1966, 82/85). Es kann auch nicht auf die Kosten beschränkt werden (vgl. BayObLG Rpfleger 1978, 377). Die am 4.6.1987 zur Niederschrift des Landgerichts eingelegte sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner ist somit unzulässig und zu verwerfen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es erscheint angemessen, den Antragsgegnern als Gesamtschuldnern sowohl die gerichtlichen als auch die außergerichtlichen Kosten ihrer unzulässigen sofortigen weiteren Beschwerde aufzuerlegen.

3. Der Geschäftswert wird gemäß § 48 Abs. 2 WEG in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen festgesetzt.

4. Den Antragstellern zu 1 und 2 wird antragsgemäß Prozeßkostenhilfe auch für das Rechtsbeschwerdeverfahren bewilligt (§ 14 FGG i.V.m. §§ 114, 119 ZPO). Ihnen wird Rechtsanwalt … beigeordnet (§ 121 Abs. 2 ZPO). Dies haben die Antragsteller zu 1 und 2 zwar nicht ausdrücklich beantragt. Ersichtlich erstreben sie aber – wie in den Vorinstanzen – die Beiordnung dieses Rechtsanwalts, zumal sie durch ihn den Prozeßkostenhilfeantrag gestellt haben (vgl. Thomas/Putzo ZPO 14. Aufl. § 121 Anm. 2). D...

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