Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen wegen einer Änderung eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrags ein neues Spruchverfahren beantragt werden kann.
Normenkette
AktG §§ 295, 306
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 1 HKO 7208/90) |
Tenor
I. Die sofortigen Beschwerden gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 25.10.2001 werden zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller zu 2) und 3) haben die Gerichtskosten der Beschwerdeverfahren zu tragen und den Antragsgegnerinnen die in den Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für die Beschwerdeverfahren wird auf 250.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Mit dem Unternehmensvertrag vom 9./12.5.1989 unterstellte die Antragsgegnerin zu 1) die Leitung ihrer Gesellschaft der Antragsgegnerin zu 2) (§ 1 des Vertrags) und verpflichtete sich, die ohne die Gewinnabführung entstehenden Jahresüberschüsse nach näherer Maßgabe des § 4 Abs. 1 des Vertrags an die Antragsgegnerin zu 2) abzuführen. Der Vertrag sollte gem. § 8 Abs. 1 bereits für das ganze zur Zeit des Vertragsschlusses laufende Geschäftsjahr der Antragsgegnerin zu 1) wirksam werden. Die Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 1) stimmte dem Vertrag am 29.6.1989 zu. Über Abfindung und Ausgleich aus diesem Vertrag war beim LG ein Spruchverfahren anhängig, an dem alle Antragsteller des vorliegenden Verfahrens beteiligt waren und das mit dem zwischenzeitlich rechtskräftigen Beschluss des LG (LG Nürnberg-Fürth v. 22.4.1999 – 1 HK 6730/89, AG 2000, 89; vgl. auch BayObLG v. 13.12.2000 – 3Z BR 168/99, AG 2001, 592 zur Bemessung von Geschäftswert, Gegenstandswert u.a. in diesem Verfahren) abgeschlossen wurde.
Am 7.5./9.5.1990 vereinbarten die Antragsgegnerinnen die Änderung des § 8 Abs. 1 des Vertrags vom 9./12.5. 1989 dahin, dass die in dieser Bestimmung vereinbarte Rückwirkung nicht für die §§ 1 (Leitung), 2 (Weisungsrecht) und 3 (Auskunftsrecht) gelten sollte. Ferner sollte § 9 Abs. 2 des ursprünglichen Vertrages, der die steuerliche Anerkennung des ersten Vertrages zur Wirksamkeitsbedingung erklärt hatte, gestrichen werden. Die Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 1) stimmte diesem Vertrag am 28.6.1990 zu und bestätigte gleichzeitig den Zustimmungsbeschluss zu dem ursprünglichen Vertrag. Die Eintragung des Änderungsvertrags im Handelsregister erfolgte am 2.7.1990 und wurde im Bundesanzeiger vom 1.8.1990 bekannt gemacht. Der Antragsteller zu 2), der in einem Verfahren vor dem LG die Nichtigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses vom 29.6.1989 betreffend die Zustimmung zum ursprünglichen Unternehmensvertrag geltend gemacht hatte, erklärte daraufhin in diesem Verfahren die Hauptsache für erledigt, die Antragsgegnerinnen stimmten dem zu.
Mit am 30.8.1990 beim LG eingegangenem Schriftsatz beantragte der Antragsteller zu 1) die Einleitung eines Spruchverfahrens bezüglich des Änderungsvertrags. Er erklärte, es gehe ihm nicht darum, ein zusätzliches Verfahren in Gang zu setzen, er wolle lediglich sicherstellen, dass auch tatsächlich eine Überprüfung der Abfindung und des Ausgleichs stattfinden könne. Er stimme „schon jetzt zu, dass dieses Verfahren ausgesetzt wird, bis feststeht, ob es aufgrund des ursprünglichen Unternehmensvertrages zu einer rechtskräftigen Festsetzung des angemessenen Ausgleichs und der angemessenen Abfindung kommt”. Das LG teilte unter dem 12.12.1990 dem Antragsteller zu 1) mit, dass das Verfahren nicht betrieben und eine Veröffentlichung des Antrags nicht angeordnet werde.
Nach rechtskräftigem Abschluss des ersten Spruchverfahrens beantragte der Antragsteller zu 2) am 29.3.2001 beim LG die Durchführung eines weiteren Spruchverfahrens bezüglich des Vertrags vom 7./9.5.1990 und stellte vorsorglich diesen Antrag auch als Anschlussantrag gem. § 306 Abs. 3 S. 2 AktG. Am 27.4.2001 verfügte das LG, dass das Verfahren „wieder eröffnet” werde. Mit am 23.6.2001 eingegangenem Schriftsatz beantragte auch die Antragstellerin zu 3) die Durchführung eines solchen Spruchverfahrens. Die Antragsgegnerinnen beantragten, die Anträge aller Antragsteller kostenpflichtig zurückzuweisen. Das LG hat mit Beschluss vom 25.10.2001 die Anträge zurückgewiesen, den Antragsgegnerinnen die Gerichtskosten auferlegt und sie zur Erstattung der notwendigen Auslagen des Antragstellers zu 1) verpflichtet. Dagegen wenden sich die Antragsteller zu 2) und 3) mit ihren sofortigen Beschwerden.
II. Die Rechtsmittel sind zulässig, bleiben in der Sache aber ohne Erfolg.
1. Das LG hat seine Entscheidung damit begründet, dass kein Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung eines (weiteren) Spruchverfahrens bestehe.
Die Ansprüche der außenstehenden Aktionäre seien durch rechtskräftigen Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 22.4.1999 in dem ersten Spruchverfahren abschließend verbeschieden worden. Dadurch sei das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers zu 1) spätestens in dem Zeitpunkt entfallen, als Rechtskraft dieses Beschlusses eingetreten sei. Der Antrag des Antragstellers zu 1) hätte da...