Leitsatz (amtlich)
1. Der in der Einberufung zur Eigentümerversammlung mit „Erklärungen zum Verwaltervertrag (Haftung)” bezeichnete Gegenstand genügt für eine Beschlussfassung zur zeitlichen und betragsmäßigen Einschränkung der Verwalterhaftung.
2. Die Ordnungsmäßigkeit einer Verwaltungsmaßnahme ist am Gemeinschaftsinteresse, also an der Nützlichkeit der Maßnahme für die Gemeinschaft, zu messen. Es widerspricht deshalb regelmäßig den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Wohnungseigentümer ohne adäquate Gegenleistung die Ergänzung eines laufenden Verwaltervertrags um eine Haftungsbeschränkungsklausel zugunsten des Verwalters beschließen.
Normenkette
WEG § 21 Abs. 3-5, § 23 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Traunstein (Aktenzeichen 4 T 4107/01) |
AG Laufen (Aktenzeichen UR II 2/99) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller werden der Beschluss des LG Traunstein vom 12.7.2002 und der Teilend- und Hinweisbeschluss des AG Laufen vom 30.5.2001 in dessen Nr. 2 zu Tagesordnungspunkt 13 aufgehoben.
II. Der Eigentümerbeschluss vom 11.12.1998 zu Tagesordnungspunkt 13 (Erklärungen zum Verwaltervertrag – Haftungsbeschränkung –) wird für ungültig erklärt.
III. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Anlage, die aus 29 Wohn- und Geschäftseinheiten sowie einer Tiefgarage besteht. Die Anlage wird von der weiteren Beteiligten entgeltlich verwaltet. Bestellt wurde die weitere Beteiligte von der teilenden Eigentümerin. Der 1996 abgeschlossene Verwaltervertrag enthielt keine Regelung zur Haftungsbeschränkung und zur Verkürzung von Verjährungsfristen.
In der Eigentümerversammlung vom 11.12.1998 fassten die Wohnungseigentümer zu Tagesordnungspunkt (TOP) 13, dessen Gegenstand in der Einladung mit „Erklärungen zum Verwaltervertrag (Haftung)” beschrieben war, mehrheitlich folgenden Beschluss:
Die Haftung des Verwalters für sämtliche Schadensfälle infolge leichter und mittlerer Fahrlässigkeit des Verwalters wird pro Schadensfall auf 50.000 DM und pro Schadensjahr auf 80.000 DM begrenzt. Schadensersatzansprüche der Gemeinschaft gegen den Verwalter verjähren in zwei Jahren ab Kenntnis des Schadens.
Abstimmungsergebnis: Beschluss einstimmig angenommen mit 893/1.000 Ja-Stimmen.
Die Beschlussfassung beruhte auf einem zuvor von der Verwalterin verlesenen Text betreffend die Haftung des Verwalters aus einem Standardverwaltervertrag.
Die Antragsteller haben beantragt, den Beschluss für ungültig zu erklären. Das AG hat mit Teilbeschluss vom 30.5.2001 den Antrag abgewiesen, das LG mit Beschl. v. 12.7.2002 die sofortige Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.
II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg.
1. Das LG hat ausgeführt: Zur Eigentümerversammlung sei ordnungsgemäß geladen worden. Der Beschlussgegenstand sei ausreichend bezeichnet. Es genüge eine schlagwortartige Bezeichnung, damit sich der Wohnungseigentümer auf die Versammlung vorbereiten könne und vor Überraschungen geschützt sei. Die Wohnungseigentümer hätten sich hier darauf einstellen können, dass Gegenstand der Erörterung auch eine Beschlussfassung über die Haftung des Verwalters im Verwaltervertrag sei. Überspannte Anforderungen dürften an die Bezeichnung des Beschlussgegenstands nicht gestellt werden.
Die Beschlussfassung halte sich im Rahmen einer ordnungsmäßigen Verwaltung. Bei dem Beschluss handle es sich nicht um eine vorformulierte Vertragsbedingung, sondern um eine Individualabrede. Die Regelung sei nämlich zwischen den Vertragspartnern im einzelnen ausgehandelt. Der Beschluss beinhalte eine Willensbildung der Wohnungseigentümer, die auf Abänderung des bestehenden Verwaltervertrags gerichtet sei. Einstimmigkeit der Wohnungseigentümer sei zur Vertragsänderung nicht erforderlich. Im Übrigen verstoße die Haftungsbeschränkung nicht gegen das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Schließlich bedinge auch der Umstand, dass die Verwalterin durch ihre Geschäftsführer selbst bei der Änderung mitgestimmt habe, nicht die Anfechtbarkeit des Beschlusses. Die Verwalterin hätte nämlich auch das Stimmrecht von Eigentümern, die sie kraft Vollmacht vertrat, bei der Abstimmung über ihre eigene Bestellung ausüben dürfen.
2. Der Beschluss des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Zutreffend geht das LG zunächst davon aus, dass der Beschluss nicht bereits deshalb für ungültig zu erklären ist, weil dessen Gegenstand bei der Einberufung ungenügend bezeichnet war (§ 23 Abs. 4 WEG; dazu BayObLG WE 1987, 12). Die Vorschrift dient dem Schutz der Wohnungseigentümer. Sie soll verhindern, dass diese durch eine Beschlussfassung überrascht werden; durch die Bezeichnung der Tage...