Leitsatz (amtlich)
Bei einem stationären Aufenthalt des Patienten ist der Sitz der Klinik Erfüllungsort sowohl für die Leistungen des dort tätigen Arztes als auch für die Bezahlung des Arzthonorars durch den Patienten.
Normenkette
BGB § 269; ZPO §§ 29, 36 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Traunstein (Aktenzeichen 3 O 1329/04) |
Tenor
Als für die Klage gemeinschaftlich zuständiges Gericht wird das LG Traunstein bestimmt.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von den Beklagten als Erben der inzwischen verstorbenen Patientin Honorar i.H.v. 9.862,81 Euro für ärztliche Leistungen, die er als Belegarzt während ihres stationären Aufenthaltes in einer im Bezirk des LG Traunstein gelegenen Klinik erbracht hat. Die Patientin war zuletzt im LGbezirk Osnabrück wohnhaft. Nach Widerspruchseinlegung im Mahnverfahren wurde das Verfahren an das vom Kläger in den Mahnbescheidsanträgen als Prozessgericht benannte LG Traunstein abgegeben.
Die Beklagten, die ihren Wohnsitz in außerbayerischen LGbezirken haben, rügen die örtliche Unzuständigkeit des LG Traunstein. Der Kläger hat beantragt, für die Beklagten ein gemeinsam örtliches zuständiges Gericht zu bestimmen. Das LG Traunstein hat sich mit Beschluss v. 28.10.2004 für örtlich unzuständig erklärt und die Sache dem BayObLG zur Entscheidung vorgelegt.
II. 1. Das BayObLG ist zur Entscheidung über das Gesuch berufen (§ 36 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 ZPO, § 9 EGZPO). Zuerst mit der Sache befasst war das in Bayern gelegene LG Traunstein. Die Zuständigkeitsbestimmung ist auch nach Rechtshängigkeit noch möglich (Zöller/Vollkommer ZPO 24. Aufl., § 36 Rz. 16). Ihr steht nicht entgegen, dass die Beklagten nicht ihren Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich des BayObLG haben (BayObLG v. 5.2.2002 - 1Z AR 9/02, BayObLGReport 2002, 276).
2. Die Voraussetzungen für eine Bestimmung des zuständigen Gerichts gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen vor. Für den Rechtsstreit ist zwar sowohl ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand nach § 28 ZPO als auch nach § 29 ZPO begründet, was im Regelfall eine Zuständigkeitsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ausschließt. Da aber das LG Traunstein sich für örtlich unzuständig erklärt hat, nimmt der Senat aus prozessökonomischen Gründen trotzdem eine Bestimmung vor, wobei er dasjenige Gericht bestimmt, das nach seiner Auffassung ohnehin zuständig ist (KG v. 7.3.2003 - 28 AR 67/02, KGReport Berlin 2003, 230 [232]).
Das LG Traunstein ist nach § 29 ZPO zuständig. Ein gemeinsamer Erfüllungsort für das gesamte Vertragsverhältnis ergibt sich aus der Natur des hier streitgegenständlichen Schuldverhältnisses, das die ärztliche Behandlung durch den Kläger während des stationären Aufenthalts der Patientin zum Gegenstand hatte. Der Schwerpunkt des Vertrages, an dem die vertragscharakteristische Leistung zu erbringen ist, soll auch der Ort sein, an dem die beiderseitigen Verpflichtungen zu erfüllen sind (OLG Celle v. 14.8.1989 - 1 W 23/89, NJW 1990, 777; LG München I v. 24.4.2002 - 9 S 22703/01, NJW-RR 2003, 488 [489]).
Der Schwerpunkt des Arztvertrages ist bei einem stationären Aufenthalt des Patienten die Heilbehandlung am Klinikort; daher ist von einem einheitlichen Leistungsort am Sitz der Klinik sowohl für die Leistungen des dort tätigen Arztes als auch für die Zahlungspflicht des Patienten auszugehen (vgl. zum Krankenhausaufnahmevertrag BayObLG, Beschl. v. 7.12.2004 - 1 Z AR 160/04). Die Ortsbindung eines derartigen Vertrages geht über die des Anwaltsvertrages deutlich hinaus (vgl. hierzu BGH v. 11.11.2003 - X ARZ 91/03, BGHReport 2004, 180 = MDR 2004, 164 = NJW 2004, 54 [55]), da die ärztliche Behandlung des Patienten in diesen Fällen nur in der Klinik erfolgen kann. § 29 ZPO findet in persönlicher Hinsicht Anwendung auch auf die Gesamtrechtsnachfolger der Vertragsparteien, also die Beklagten (Zöller/Vollkommer, ZPO, § 29 Rz. 7).
Zwar ist noch ein weiterer besonderer gemeinschaftlicher Gerichtsstand für den Rechtsstreit bei dem LG Osnabrück nach § 28 ZPO begründet, da Gegenstand der Klage Nachlassverbindlichkeiten (§ 1967 BGB) sind und die Beklagten als Gesamtschuldner für diese Erblasserschulden gem. §§ 2058 ff, 421, 426 BGB in Anspruch genommen werden (Zöller/Vollkommer, ZPO, § 28 Rz. 2, 4). Jedoch hat der Kläger durch Angabe des zuständigen Gerichts im Mahnbescheidsantrag sein Wahlrecht (§ 35 ZPO) ausgeübt. Diese getroffene Wahl ist unwiderruflich (BayObLG v. 9.5.1990 - AR 1 Z 45/90, NJW-RR 1991, 187 [188]; Zöller/Vollkommer, ZPO, § 35 Rz. 2). Das LG Traunstein ist daher örtlich zuständig.
Fundstellen
Haufe-Index 1319518 |
JurBüro 2005, 323 |
MDR 2005, 677 |
NJOZ 2005, 2230 |
OLGR-Süd 2005, 344 |