Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Feststellung des einzusetzenden Vermögens des Betroffenen ist vorhandenes Geldvermögen oberhalb der Schongrenze von derzeit 2.301 EUR auch dann heranzuziehen, wenn es aus einer Rente nach dem BVG i.V.m. dem OEG angespart wurde (BayObLG FamRZ 2002, 1289), und zwar ohne Berücksichtigung vorhandener Verbindlichkeiten (BayObLG v. 8.10.2003 - 3Z BR 100/03, BayObLGZ 2003, 271 = BayObLGReport 2004, 149 = FamRZ 2004, 308).
2. Zur Frage, ob einem strafrechtlich untergebrachten Betreuten bei der Prüfung seines Vermögenseinsatzes eine Rückstellung für eine Zahnbehandlung zuzubilligen ist, die erst nach der erstinstanzlichen Entscheidung über seine Haftung für Betreuerkosten begonnen werden soll und deren Kosten den staatlichen Zuschuss und etwa ergänzende Sozialhilfeleistungen übersteigen.
Normenkette
BGB § 1836c Nr. 2; BSHG § 88 a.F.
Verfahrensgang
LG Regensburg (Beschluss vom 01.12.2004; Aktenzeichen 7 T 331/04 (2)) |
AG Straubing (Aktenzeichen XVII 171/03) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Regensburg vom 1.12.2004 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 7.326 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Für den im Bezirkskrankenhaus aufgrund strafgerichtlicher Entscheidung untergebrachten Betroffenen ist ein Rechtsanwalt als berufsmäßiger Betreuer u.a. für Vermögenssorge und Gesundheitsfürsorge bestellt. Seit 1999 wurde diesem und dem zuvor bestellten Betreuer eine Vergütung von insgesamt 7.488,53 EUR ausgezahlt. Mit Beschl. v. 21.4.2004 hat das VormG angeordnet, dass der Betroffene hiervon 7.326,95 EUR an die Staatskasse zu leisten habe. In dieser Höhe übersteige sein Vermögen die Schongrenze von 2.301 EUR.
Hiergegen wurde mit der vom Betreuer erhobenen sofortigen Beschwerde eingewandt, das Vermögen des Betreuten sei i.H.v. 8.000 EUR als Sparbrief angelegt. Auf eine Zahnarztrechnung sei ein Vorschuss i.H.v. 2.000 EUR fällig geworden. Nach Abzug weiterer Beträge befänden sich auf dem Girokonto nur noch 314,74 EUR, das Vermögen übersteige somit nicht den Freibetrag.
Das VormG hat dem Rechtsmittel nach Anhörung des Vertreters der Staatskasse nicht abgeholfen.
Am 1.12.2004 hat das LG die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Die am 9.12.2004 eingegangene sofortige weitere Beschwerde verfolgt nach wie vor das Ziel, wegen behaupteter Mittellosigkeit des Betroffenen einen Rückgriff der Staatskasse bezüglich des in Rede stehenden Betrages zu verhindern, zumindest aber einen Betrag i.H.v. 3.200 EUR für eine vom Betroffenen nach der erstinstanzlichen Entscheidung begonnene Zahnbehandlung hiervon auszunehmen.
II. Das Rechtsmittel ist zulässig, insb. vom LG zugelassen und form- und fristgerecht eingelegt. Zwar hat der Betreuer offen gelassen, ob er insoweit im eigenen Namen oder in Vertretung des Betroffenen Beschwerde einlege. Im erstgenannten Fall könnte es an einer Beschwer des Betreuers fehlen, weil er durch den Rückgriff der Staatskasse nicht unmittelbar selbst in seinen Rechten berührt ist. Jedoch ist in einem derartigen Fall im Zweifel diejenige von beiden möglichen Auslegungen geboten, die zur Zulässigkeit des Rechtsmittels führt. Es ist also anzunehmen, dass die sofortige weitere Beschwerde des Betreuers, wie auch die Beschwerde selbst, im Namen des von ihm gesetzlich vertretenen Betroffenen eingelegt wurde.
Deshalb erscheint auch die Bestellung eines Verfahrenspflegers für den Betroffenen gem. § 67 Abs. 1 FGG für das Rechtsbeschwerdeverfahren entbehrlich.
Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet.
1. Das LG hat seiner Entscheidung ausgeführt:
Nach dem vorgelegten Kontoauszug habe der Betreute am 10.11.2004 nach Auflösung der Sparbriefanlage ein Bankguthaben von 10.014,66 EUR gehabt. Diese Mittel seien gem. § 1836c Nr. 2 BGB einzusetzendes Vermögen, soweit es die Schongrenze übersteige. Vermögen im Sinne dieser Vorschrift sei grundsätzlich die Summe der dem Betroffenen zustehenden Güter ohne Abzug von Schulden. Dem Gesetz sei eine Berücksichtigung von Verbindlichkeiten durch Gegenüberstellung von Aktiva und Passiva fremd.
Zwar sei die von dem Betroffenen bezogene Rente nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) kein sozialhilferechtliches Einkommen. Das gelte aber nicht für Vermögen, welches aus laufenden Renten angespart werde.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) stand.
a) Soweit die Staatskasse den Betreuer befriedigt, gehen dessen Ansprüche gegen den Betroffenen auf sie über (§ 1836e Abs. 1 S. 1, § 1908i Abs. 1 BGB). Sie kann bei dem Betroffenen Rückgriff nehmen, soweit dieser sein Einkommen und Vermögen gem. § 1836c BGB nach den Vorgaben des Sozialhilferechts hierfür einzusetzen hat. Zwar begründet das laufende monatliche Einkommen des Betroffenen von ca. 555 EUR schon deswegen keine Leistungsfähigkeit, weil es als Rente nach dem OEG dem Grunde nach sozialhilferechtlich unberücksichtigt bleibt (§ 1 Abs. 1 OEG; § 76 Abs. 1 BSHG a.F., nunmehr § 82 Abs. 1 SGB XII). Jedoch liegt das ...