Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Das Fehlen einer Sachverhaltsdarstellung zwingt auch im Verfahren der weiteren Insolvenzbeschwerde zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung unabhängig davon, ob dieser Umstand vom Rechtsbeschwerdeführer gerügt wurde.
2. Die Aufhebung einer Beschwerdeentscheidung ist bei völligem Fehlen einer Sachverhaltsdarstellung auch in den Fällen unvermeidbar, in denen das Rechtsbeschwerdegericht lediglich die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung im Hinblick auf eine Rechtsfrage vorzunehmen hat.
Normenkette
InsO §§ 7, 34; ZPO § 561
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 10.03.2000; Aktenzeichen 14 T 4134/00) |
AG München (Urteil vom 02.12.1999; Aktenzeichen 1503 IK 1064/99) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 10. März 2000 wird zugelassen.
II. Auf dieses Rechtsmittel wird dieser Beschluß aufgehoben.
III. Das Verfahren wird zur weiteren Behandlung und Entscheidung an das Landgericht München I zurückverwiesen.
Gründe
I.
Mit Schriftsatz vom 21.7.1999 stellte die Schuldnerin den Antrag, über ihr Vermögen das Verbraucherinsolvenzverfahren zu eröffnen.
Da die Schuldnerin nicht in der Lage war, den geforderten Vorschuß von 2 000 DM zur Deckung der Verfahrenskosten zu erbringen, wies das Insolvenzgericht mit Beschluß vom 2.12.1999 den Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens mangels Masse ab (§ 26 Abs. 1 InsO).
Die am 21.2.2000 hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde wies das Landgericht mit Beschluß vom 10.3.2000 zurück.
Ohne Sachverhaltsdarstellung führte das Landgericht lediglich aus, das Amtsgericht habe zutreffend darauf hingewiesen, daß eine die Kosten des Verfahrens deckende Masse nicht vorhanden sei. Einen Verfassungsverstoß in der Anwendung des § 26 InsO zum Nachteil der Schuldnerin vermöge das Beschwerdegericht nicht zu erkennen. Über den Prozeßkostenhilfeantrag der Schuldnerin sei bereits rechtskräftig entschieden.
Gegen diesen am 20.3.2000 zugestellten Beschluß hat die Schuldnerin am 3.4.2000 sofortige weitere Beschwerde eingelegt und beantragt, das Rechtsmittel zuzulassen, die Beschlüsse vom 2.12.1999 und 10.3.2000 aufzuheben und das Insolvenzverfahren zu eröffnen.
Die Anwendung des § 26 Abs. 1 InsO im Verbraucherinsolvenzverfahren beinhalte einen Gesetzesverstoß, weil sie in unzulässiger Weise mittellose Schuldner, denen auch Prozeßkostenhilfe für das gerichtliche Verfahren versagt worden sei, von der Erlangung von Restschuldbefreiung ausschließe.
Eine gleichzeitig gegen die Versagung der Prozeßkostenhilfe eingelegte weitere Beschwerde hat die Schuldnerin am 15.5.2000 zurückgenommen.
II.
1. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig.
a) Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zur Entscheidung über diese Beschwerde berufen [§ 7 Abs. 3 InsO i. V. m. § 29 Abs. 2 GVZJu i. d. F. vom 6.7.1995 (GVBl S. 343)].
b) Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts, den Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens abzuweisen, war die sofortige Beschwerde statthaft (§ 6 Abs. 1, § 34 Abs. 1 InsO). Da das Landgericht diese Beschwerde zurückgewiesen hat, liegt eine der sofortigen weiteren Beschwerde grundsätzlich zugängliche Ausgangsentscheidung vor (§ 7 InsO).
c) Die sofortige weitere Beschwerde ist form- und fristgerecht eingereicht (§§ 4, 7 InsO, §§ 569, 577 Abs. 2 ZPO).
2. Die sofortige weitere Beschwerde ist zuzulassen.
Dem Zulassungsantrag ist die Behauptung einer Gesetzesverletzung durch das Beschwerdegericht zu entnehmen. Der Antrag enthält auch zutreffende Ausführungen über die Notwendigkeit der Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 7 Abs. 1 Satz 1 InsO). Die Frage der Anwendbarkeit des § 26 Abs. 1 Satz 1 InsO im Verbraucherinsolvenzverfahren wird in Rechtsprechung und Literatur äußerst unterschiedlich beurteilt (vgl. u. a. Vorlagebeschluß des Amtsgerichts Duisburg vom 15.6.1999 ZIP 1999, 1399; Pape hierzu in EWiR 2239; Übersicht von Pape in ZIP 1999, 2043).
Die Zulassung des Rechtsmittels führt zu einer generellen Überprüfung der angegriffenen Entscheidung.
3. Ohne eine Entscheidung in der aufgeworfenen Rechtsfrage mußte der Beschluß des Landgerichts vom 10.3.2000 bereits deshalb aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen werden, weil die angefochtene Entscheidung mangels einer subsumtionsfähigen Sachverhaltsdarstellung gesetzliche Vorschriften verletzt (§ 7 Abs. 1 Satz 2 InsO, §§ 550, 561 ZPO).
Die Rechtsbeschwerde gemäß § 7 InsO wurde vom Gesetzgeber in enger Anlehnung an die weitere Beschwerde gemäß § 27 FGG ausgestaltet (BT-Drs. 12/2443 S. 111). Im Rechtsbeschwerdeverfahren hat der Senat nur dasjenige Vorbringen zu beurteilen, das sich aus dem Sachverhalt der angefochtenen Entscheidung entnehmen läßt (§ 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und an dessen tatsächliche Feststellungen das Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich gebunden ist (§ 561 Abs. 2 ZPO).
Das Rechtsbeschwerdegericht ist somit nicht befugt, de...