Entscheidungsstichwort (Thema)
Betreuungssache
Leitsatz (amtlich)
1. Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Betreiber-KG einer Einrichtung, in der der Betroffene wohnt oder untergebracht ist, steht in einer engen Beziehung zu dieser Einrichtung.
2. Die Entlassung eines Elternteils als Betreuer gemäß § 1897 Abs. 3 BGB verstößt nicht gegen Art. 6 Abs. 1 und 2 GG.
Normenkette
BGB § 1897 Abs. 3; GG Art. 6 Abs. 1-2
Verfahrensgang
AG Schwandorf (Aktenzeichen XVII 87/96) |
LG Amberg (Aktenzeichen 32 T 123/01) |
Nachgehend
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluß des Landgerichts Amberg vom 26. April 2001 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 5.000,00 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Das Amtsgericht bestellte am 13.6.1996 für den Betroffenen dessen Mutter, die Beteiligte, zur Betreuerin mit dem Aufgabenkreis alle Angelegenheiten. Mit Beschluß vom 18.1.2001 entließ das Amtsgericht die Beteiligte gegen ihren Willen als Betreuerin, da sie nach § 1897 Abs. 3 BGB als Betreuerin ausgeschlossen sei, und bestellte Frau S. zur Betreuerin. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten gegen ihre Entlassung hat das Landgericht mit Beschluß vom 26.4.2001 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten, § 1897 Abs. 3 BGB treffe auf sie nicht zu.
II.
Das zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Es liege ein wichtiger Grund zur Entlassung der bisherigen Betreuerin vor, da sie nicht zur Betreuerin bestellt werden dürfe. Der Betroffene wohne in dem heilpädagogischen Zentrum, einem Heim oder einer anderen Einrichtung im Sinne des § 1897 Abs. 3 BGB, zu der die frühere Betreuerin, seine Mutter, in einer engen Beziehung stehe.
Der Betroffene lebe in einem Appartement des sogenannten „Atriums”, einem Gebäude, das sich auf dem Gelände befinde, auf dem das heilpädagogische Zentrum betrieben werde. Das „Atrium” sei in vier Appartements aufgeteilt, von denen derzeit drei bewohnt seien, und verfüge über einen gemeinsamen Aufenthaltsraum für die Bewohner. Auf dem Gelände befinde sich außer dem „Atrium” eine Vielzahl von Gebäuden. Dieses „Atrium” sei nicht nur dem äußeren Erscheinungsbild nach ein Teil des heilpädagogischen Zentrums, die Bewohner der anderen Appartements des „Atriums” seien „normale Heimbewohner”, diesen stehe darüberhinaus zusammen mit dem Betroffenen auch ein gemeinsamer Aufenthaltsraum zur Verfügung. Ob nun zwischen dem Betroffenen und der Einrichtung selbst ein Heimvertrag bestehe, könne dahingestellt bleiben. Das Vorliegen eines solchen Vertrags sei nicht Voraussetzung für die Anwendung des § 1897 Abs. 3 BGB. Unerheblich sei, wer Eigentümer des Geländes sei, auf dem das Heim oder die Einrichtung betrieben werde. Der Betroffene bewohne jedenfalls einen auch nach außen hin nicht eindeutig abgetrennten Teil des heilpädagogischen Zentrums.
Die frühere Betreuerin sei Geschäftsführerin und neben ihrem Mann und ihrem Sohn Gesellschafterin der Verwaltungs GmbH. Diese sei die persönlich haftende Gesellschafterin der das heilpädagogische Zentrum betreibenden GmbH & Co. KG. Die frühere Betreuerin führe die Geschäfte der GmbH und so letztendlich auch die der GmbH & Co. KG, der Heimbetreiberin. Dadurch bestehe zwischen ihr und dem Heim bzw. sonstigen Einrichtung in der der Betroffene wohne, eine „andere enge Beziehung” im Sinne des § 1897 Abs. 3 BGB.
§ 1897 Abs. 3 BGB enthalte einen absoluten Ausschlußgrund und lasse dem Gericht keinen Ermessensspielraum, wobei gleichgültig sei, ob konkret ein Interessengegensatz absehbar sei oder nicht.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand. Das Landgericht hat zutreffend das Vorliegen eines wichtigen Grundes gemäß § 1908b Abs. 1 Satz 1 BGB für die Entlassung der Mutter als Betreuerin bejaht, weil diese nunmehr von Gesetzes wegen als Betreuerin ausgeschlossen ist.
a) Eine Person kann gemäß § 1897 Abs. 3 BGB nicht zum Betreuer bestellt werden, wenn sie zu einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung, in welcher der Betroffene untergebracht ist oder wohnt, in einem Abhängigkeitsverhältnis oder in einer anderen engen Beziehung steht (vgl. BayObLGZ 1996, 250/252; Bienwald Betreuungsrecht 3. Aufl. § 1897 BGB Rn. 14; Jürgens Betreuungsrecht 2. Aufl. § 1897 BGB Rn. 10 f.). Diese Vorschrift läßt dem Gericht keinen Ermessensspielraum, sie enthält einen absoluten Ausschlußgrund (BayObLG FamRZ 1999, 50; Bienwald § 1897 BGB Rn. 72) und bietet keine Möglichkeit, den Ausschluß von der Betreuerbestellung im Einzelfall zu durchbrechen (BayObLGZ 1996, 250/252 m.w.N.; BT-Drucks, 11/4528 S. 126; Palandt/Diederichsen BGB 60. Aufl. § 1897 Rn. 15). Hierdurch sollen Interessenkonflikte und Belastungen im Verhältnis zwischen Betreuer und Betreutem vermieden werden (LG Berlin BtPrax 1996, 75; ...