Entscheidungsstichwort (Thema)
Akteneinsicht des Treugeber-Kommanditisten im laufenden Insolvenzverfahren
Leitsatz (amtlich)
Zum Recht auf Einsicht in die gerichtliche Akte eines laufenden Insolvenzverfahrens. (Rn. 24 - 41)
1. Gegen die Versagung von Akteneinsicht an einen als dritte Person iSd § 4 InsO, § 299 Abs. 2 ZPO behandelten Antragsteller ist der Antrag nach § 23 Abs. 1 S. 1 EGGVG statthaft (vgl. BGH BeckRS 2015, 8913 Rn. 10).
2. Zur Fristwahrung ist es unschädlich, wenn ein Schriftsatz bei Gericht nicht unter der Adresse eingeht, die für den zuständigen Spruchkörper gilt, sondern unter einer Adresse, unter der andere, auswärtige Spruchkörper desselben Gerichts eingerichtet sind.
3. Die (mittelbaren) Gesellschafter des Insolvenzschuldners sind im Insolvenzverfahren Dritte, denen Akteneinsicht (nur) gem. § 4 InsO, § 299 Abs. 2 ZPO zugebilligt werden kann (vgl. BGH BeckRS 2018, 3570 Rn. 20).
Normenkette
EGGVG § 23 Abs. 1 S. 1; InsO §§ 4, 38; ZPO § 299 Abs. 2
Tenor
I. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid des Amtsgerichts München vom 29. Mai 2019 wird zurückgewiesen und, soweit darüber hinaus eine Übersendung sämtlicher Berichte des Insolvenzverwalters verlangt wird, verworfen.
II. Der Geschäftswert des Verfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Antragstellerin war nach ihrem Vorbringen über einen Treuhandvertrag als mittelbare Kommanditistin mit einer Einlage von 25.000 EUR an der Insolvenzschuldnerin, einer GmbH und Co. KG, beteiligt. Der Treuhandvertrag enthält folgende Regelungen:
"§ 2 Zurechnung der Beteiligung; Anspruchsabtretung
(1) Der Treuhänder wird ... Kommanditist der ... (= Insolvenzschuldnerin). ... Der Treugeber wird wie ein unmittelbarer Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt werden.
(2) Sollten dem Treuhänder Ansprüche gegen die Gesellschaften auf Gewinn, Auseinandersetzungsguthaben und Liquidationserlös zustehen, die aus den treuhänderisch für den Treugeber gehaltenen Kapitalanteilen resultieren, so tritt er diese bereits jetzt an den Treugeber ab, der diese Abtretung annimmt.
§ 6 Kündigung, Beendigung des Treuhandverhältnisses
(1) Das Treuhandverhältnis kann vom Treugeber durch schriftliche Erklärung ohne Angabe von Gründen mit einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Ablauf eines Halbjahres erfolgen, erstmals zum 31.12.2014. ...
(3) Nach Beendigung des Treuhandverhältnisses ist der Treuhänder verpflichtet, den Geschäftsanteil auf den Treugeber zu übertragen."
Das auf den Eigenantrag der Kommanditgesellschaft mit Beschluss vom 8. September 2015 wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung bei dem Amtsgericht München eröffnete Insolvenzverfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 11. Dezember 2018 bat die Antragstellerin das Insolvenzgericht ohne jede inhaltliche Begründung um Übermittlung des letzten Berichts des Insolvenzverwalters. Der hierzu angehörte Verwalter vertrat die Meinung, der Antragstellerin stehe kein Akteneinsichtsrecht zu, denn diese sei nicht Verfahrensbeteiligte. Zwar habe sie einen angeblichen Anspruch aus Kommanditbeteiligung als Insolvenzforderung zur Tabelle angemeldet und zum Nachweis Unterlagen über Überweisungen im Betrag von insgesamt 25.000 EUR je mit dem Verwendungszweck "Einzahlung Kommandit-Anteil" sowie den mit der Treuhandkommanditistin geschlossenen Treuhandvertrag vom Mai 2013 nebst Prozessvollmacht vom Oktober 2017 vorgelegt. Der Anmeldung habe er, der Insolvenzverwalter, jedoch widersprochen. Nach den vorgelegten Unterlagen sei die Antragstellerin nicht Insolvenzgläubigerin i. S. v. §§ 38, 39 InsO. Auch ein Anspruch im Rang des § 199 InsO sei derzeit nicht absehbar, weshalb es nicht darauf ankomme, ob diesbezüglich die Treuhänderin oder kraft Abtretung die Treugeber als Anspruchsberechtigte anzusehen seien.
Die zur Darlegung ihres rechtlichen Interesses an der Einsicht aufgeforderte Antragstellerin gab unter anwaltlicher Versicherung der Richtigkeit an, sie habe den Treuhandvertrag noch vor Beantragung der Insolvenz gekündigt. Deshalb sei sie Insolvenzgläubigerin. Als solche habe sie ihre Forderung angemeldet. Akteneinsicht für einen Dritten könne bejaht werden, wenn dieser - wie es vorliegend der Fall sei - als Gläubiger ausforschen möchte, ob beim Schuldner möglicherweise noch Vermögen vorhanden sei, in welches vollstreckt werden könnte. Der Insolvenzverwalter widersprach mit dem Argument, die Kündigung des Treuhandverhältnisses habe allenfalls Ansprüche gegen den Treuhänder auf Rückzahlung der geleisteten Einlage oder auf Verschaffung der unmittelbaren Kommanditistenstellung begründet, nicht aber eine Gläubigerstellung gegenüber der Insolvenzschuldnerin. Hierzu meinte die Antragstellerin, ihr würden Schadensersatzansprüche zustehen, die sie angemeldet habe, nachdem die Treuhänderin die aufgrund der Kündigung des Treuhandvertrags geschuldete Anteilsübertragung trotz Fristsetzung nicht vorgenommen habe.
Mit Bescheid vom 29. Mai 2019 versagte die für das I...