Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 17 HKT 13757/93) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Gesellschaft werden der Beschluß des Landgerichts München I vom 10. März 1994 und der Beschluß des Amtsgerichts München vom 17. Mai 1993 aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht – Registergericht – München zurückgegeben.
Gründe
I.
Im Handelsregister ist die Firma S.-GmbH eingetragen. Gegenstand des Unternehmens ist laut Eintrag im Handelsregister die „Unternehmensberatung”.
Am 8.10.1992 hat die Gesellschaft die Eintragung einer Satzungsänderung angemeldet; die Änderung bezieht sich insbesondere auf den Unternehmensgegenstand, der wie folgt lautet:
§ 2 Gegenstand des Unternehmens
Gegenstand des Unternehmens ist die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten einschließlich der Rechtsberatung durch Übernahme von Anwaltsaufträgen, deren Ausführung nur durch die in den Diensten der Gesellschaft stehenden, zugelassenen Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen unabhängig und eigenverantwortlich unter Beachtung ihres Berufsrechts ausgeführt werden, wofür die Gesellschaft die erforderlichen personellen, sachlichen und räumlichen Voraussetzungen schafft sowie die damit verbundenen Geschäfte tätigt.
Die Registerrichterin hat mit Beschluß vom 17.5.1993 die Anmeldung zurückgewiesen und als Begründung lediglich ausgeführt, daß die Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz fehle und anwaltliche Tätigkeit in Form einer GmbH unzulässig sei. Die Gesellschaft hat hiergegen Beschwerde eingelegt, der die Registerrichterin nicht abgeholfen hat. Das Landgericht hat das Rechtsmittel mit Beschluß vom 10.3.1994 als unbegründet zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Gesellschaft. Die zuständige Rechtsanwaltskammer hat sich im Rechtsbeschwerdeverfahren geäußert.
II.
Das Rechtsmittel ist begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Eine GmbH dürfe nicht in das Handelsregister eingetragen werden, wenn der Gegenstand des Unternehmens unzulässig sei. Diese Voraussetzungen seien gegeben, wenn die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten einschließlich der Rechtsberatung in der Rechtsform einer GmbH betrieben werden solle. Es entspräche ganz herrschender Meinung, daß Rechtsanwälten für ihre Zusammenschlüsse die Rechtsform der GmbH verschlossen sei. Mit der Verpflichtung des Rechtsanwalts, höchstpersönlich seine Tätigkeit am gesetzlichen Leitbild des unabhängigen Organs der Rechtspflege auszurichten, sei es nicht zu vereinbaren, daß sich Rechtsanwälte gesellschaftsrechtlich als GmbH organisierten. Dieser Organisationsform stehe sowohl das berechtigte Interesse des Rechtsuchenden, mit dem Rechtsanwalt als Vertreter seiner rechtlichen Interessen in unmittelbare vertragliche Beziehungen zu treten, als auch die der Rechtsform der GmbH immanente Haftungsbegrenzung entgegen. Dies stelle auch nach geltendem Recht ein wesentliches Hindernis für die Zulässigkeit der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten einschließlich der Rechtsberatung in der Form der GmbH dar. Anders als bei der Rechtsanwaltssozietät stünde dem Mandanten bei der Rechtsanwalts-GmbH nur die beschränkt haftende juristische Person gegenüber; dies sei mit dem nach §§ 1, 43 BRAO gesetzlich fixierten Bild des Rechtsanwalts derzeit nicht zu vereinbaren. Eine solche weitere Entwicklung gesellschaftsrechtlicher Organisationsmöglichkeiten sei nur gesetzgeberisch, nicht aber über Gerichtsentscheidungen erreichbar (vgl. LG München I ZIP 1994, 957/958).
2. Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen.
Die lange Zeit weitgehend einheitliche Auffassung, daß die Anwalts-GmbH wegen standesrechtlicher Bedenken und wegen der unvereinbaren Gegensätze zwischen berufsständischen Grundsätzen und der Struktur einer GmbH nicht zulässig sei, muß anhand der neuen Gesetzeslage und der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Zahnbehandlungs-GmbH (vgl. BGH vom 25.11.1993, BGHZ 124, 224 = ZIP 1994, 381) überprüft werden.
Der Beschluß des Landgerichts ist ersichtlich in Unkenntnis dieser Entscheidung ergangen. Allerdings hätte Anlaß bestanden, auf die Ausgangsentscheidung des OLG Düsseldorf vom 10.10.1991 einzugehen (vgl. WRP 1992, 112 = GRUR 1992, 178), deren Auffassung zur Zulässigkeit der Zahnheilkunde-GmbH der Bundesgerichtshof bestätigt hat. Grüber (WRP 1992, 115) hat hierzu bereits zutreffend angemerkt, daß demnach das OLG Düsseldorf auch die Anwalts-GmbH für zulässig halten müßte. Henssler kritisiert am Beschluß des Landgerichts, daß er sich nicht mit dem neueren Schrifttum auseinandersetzt (vgl. Henssler, Die Freiberufler-GmbH, ZIP 1994, 844/848).
Die insbesondere bei den Berufsorganisationen vorherrschende Ablehnung der Anwalts-GmbH beruht darauf, daß ersichtlich einer erkennbar gewordenen fortschreitenden Kommerzialisierung des Anwaltsberufes entgegengewirkt werden soll. Der Anwaltsberuf sei traditionell von einem Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant geprägt, der sich auf die fachliche Qualifikation, Einsatzbereitschaft und Loyalit...