Leitsatz (amtlich)
1. Der Verwalter kann in Wohnungseigentumssachen als Verfahrensstandschafter für die Wohnungseigentümer Ansprüche im Rahmen von § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG im eigenen Namen geltend machen und Zahlung an sich verlangen.
2. Bei der Geltendmachung eines Anspruchs auf Wohngeld sind Eigentümerbeschlüsse über die entsprechenden Wirtschaftspläne oder Jahresabrechnungen vorzulegen oder zumindest vorzutragen. Das Gericht hat im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht darauf hinzuwirken.
Normenkette
WEG § 16 Abs. 2, § 43 Abs. 1 Nr. 1; FGG § 12
Verfahrensgang
LG Memmingen (Beschluss vom 03.11.2004; Aktenzeichen 4 T 1068/04) |
AG Günzburg (Aktenzeichen UR II 71/03) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des LG Memmingen vom 3.11.2004 aufgehoben.
II. Die Sache wird zu neuen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG Memmingen zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1.175 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin ist Wohnungseigentümerin in einer Wohnanlage, die von der Antragstellerin verwaltet wird. Diese macht in Verfahrensstandschaft für die übrigen Wohnungseigentümer Wohngeldrückstände der Antragsgegnerin für den Zeitraum August 2002 bis November 2003 geltend.
Die Antragstellerin wurde in der Eigentümerversammlung vom 15.5.2001 durch Beschluss zur Verwalterin bestellt. Auf Grund der Verwaltervollmacht vom 8.4.2001 ist sie berechtigt, die Wohnungseigentümer bei der Verwaltung der Eigentumswohnanlage gerichtlich und außergerichtlich im eigenen Namen zu vertreten. Für das Wirtschaftsjahr 2002 verlangt die Antragstellerin für die Monate August bis Dezember insgesamt 203,20 EUR nebst Zinsen. Sie stützt diesen Anspruch auf die Einzeljahresabrechnung für die Antragsgegnerin vom 5.3.2003. Ein Eigentümerbeschluss über diese Jahresabrechnung ist nicht vorgetragen worden. Für das Wirtschaftsjahr 2003 macht die Antragstellerin für die Monate Januar bis März Wohngeld i.H.v. je 100 EUR, für die Monate April bis November i.H.v. je 84 EUR zzgl. Zinsen geltend. Diesen Anspruch gründet sie auf eine Fortgeltung des in der Eigentümerversammlung vom 6.3.2002 beschlossenen Gesamtwirtschaftsplans für das Jahr 2002.
Die Antragstellerin hat beantragt, die Antragsgegnerin zur Zahlung von 1.175,20 EUR zzgl. Zinsen zu verpflichten. Das AG hat mit Beschl. v. 7.5.2004 dem Antrag stattgegeben. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das LG mit Beschl. v. 3.11.2004 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.
II. Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das LG (§ 27 FGG i.V.m. § 546 ZPO), da weitere Ermittlungen erforderlich sind, die der Senat als Rechtsbeschwerdegericht nicht durchführen kann (§§ 562, 563 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 ZPO; Meyer/Holz in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 27 Rz. 58).
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, insb. ist sie formgerecht gem. § 29 Abs. 1 S. 2 FGG eingelegt worden. Die spätere Niederlegung des Mandats durch den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin nach Einlegung des Rechtsmittels hat auf dessen Zulässigkeit keinen Einfluss, weil das Gesetz nur die Unterzeichnung der Beschwerdeschrift durch einen Rechtsanwalt verlangt, nicht hingegen die Vertretung durch einen Rechtsanwalt während des gesamten Rechtsbeschwerdeverfahrens (BayObLGZ 2002, 304 [305]).
2. Das LG hat ausgeführt:
Die Antragstellerin sei zur Geltendmachung der Zahlungsansprüche in eigenem Namen befugt. Gegen die Forderungen selbst habe die Antragsgegnerin keine Einwendungen erhoben. Ihren pauschalen Behauptungen zum Fehlverhalten der anderen Wohnungseigentümer und der Verwalterin müsse auch im Rahmen der Amtsermittlung nicht nachgegangen werden, da sich aus dem ansonsten feststehenden Sachverhalt kein Anlass hierfür ergebe.
3. Die Entscheidung des LG hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Das LG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin berechtigt ist, in Verfahrensstandschaft für die Wohnungseigentümer tätig zu werden. Die gewillkürte Verfahrensstandschaft erfordert neben der Ermächtigung durch die aktiv legitimierten Wohnungseigentümer, die hier in der Verwaltervollmacht enthalten ist, ein eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse des Verfahrensstandschafters an der Geltendmachung des fremden Rechts (Niedenführ in Niedenführ/Schulze, WEG, 7. Aufl., vor §§ 43 ff. Rz. 76). Im Rahmen von § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG kann ein Verwalter als Verfahrensstandschafter für die Wohnungseigentümergemeinschaft Ansprüche im eigenen Namen geltend machen und Zahlung an sich verlangen. Das notwendige eigene schutzwürdige Interesse ergibt sich aus der Pflicht des Verwalters, seine Aufgaben ordnungsgemäß und reibungslos zu erfüllen (BGHZ 73, 302 [307]).
b) Die übrigen Feststellungen des LG beruhen jedoch auf einem Verstoß gegen § 12 FGG.
Die Amtsermittlungspflicht ist...