Verfahrensgang

AG München (Aktenzeichen UR II 93/94)

LG München I (Aktenzeichen 1 T 13951/94)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 20. Mai 1995 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert wird für alle Rechtszüge auf jeweils 2 000 DM festgesetzt; die Wertfestsetzungen duch Landgericht und Amtsgericht werden entsprechend abgeändert.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegnerin sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die aus mehreren Wohnblöcken besteht. Der Antragsgegnerin gehört eine Wohnung im zweiten Stock eines fünfgeschoßigen Hauses. Alle Wohnungen dieses Hauses haben an der an Grünflächen grenzenden Rückseite kleine, auf drei Seiten mit Mauerbrüstungen versehene Balkone, wobei die seitlichen Mauern höher sind als die vordere. Unterhalb der Wohnung der Antragsgegnerin verläuft eine durch Pflastersteine im Rasen kenntlich gemachte Feuerwehrzufahrt.

In § 5 Nr. 5 der als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung (GO) ist bestimmt, daß der Wohnungseigentümer die äußere Gestalt des Bauwerks oder dessen im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Bestandteile – insbesondere die Farbe der außerhalb des Sondereigentums sichtbaren Anstriche – nicht ändern darf.

Die Wohnungseigentümer beschlossen im Jahre 1990 bestandskräftig, daß zur Wahrung des äußeren Erscheinungsbildes an den Balkonen keine seitlichen Mauerverkleidungen angebracht werden dürfen. Am 22.3.1993 bestätigten die Wohnungseigentümer diesen Beschluß. Die Antragsgegnerin ließ dennoch im Jahre 1993 auf den beiden Seitenwänden ihres Balkons farblose, an drei Seiten mit Metall eingefaßte Glasscheiben montieren. Aufforderungen der Verwalterin, sie wieder zu entfernen, blieben erfolglos. Ende Januar 1994 fiel während eines heftigen Sturms eine der Verglasungen auf die Erde. Die Antragsgegnerin ließ sie inzwischen durch eine andere stärkere Scheibe ersetzen.

Die Antragsteller haben am 9.2.1994 beim Amtsgericht beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Verglasungen ersatzlos zu entfernen und den alten Zustand wieder herzustellen. In der Eigentümerversammlung vom 21.3.1994 beschlossen die Wohnungseigentümer „zur klaren Definition” des in der Versammlung vom 22.3.1993 gefaßten Beschlusses, „daß Verkleidungen/Aufbauten über den Balkonbrüstungen (vorne oder seitlich) gleich welcher Art, nicht gestattet sind. Das verwendete Material hat auf diese Entscheidung keinen Einfluß, ob z.B. Metall, Holz, Plastik oder Glas …”.

Das Amtsgericht hat den Antrag mit Beschluß vom 14.6.1994 abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller hat das Landgericht nach Vornahme eines Augenscheins durch eine beauftragte Richterin mit Beschluß vom 20.5.1995 die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und die Antragsgegnerin antragsgemäß verpflichtet. Die Antragsgegnerin hat sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Es könne dahingestellt bleiben, ob durch § 5 Nr. 5 GO die Bestimmung des § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG dahin abbedungen werde, daß jede Veränderung der äußeren Gestalt der Gebäude der Zustimmung aller Wohnungseigentümer auch dann bedürfe, wenn durch die Veränderung deren Rechte nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt würden. Auch die rechtliche Auswirkung der Eigentümerbeschlüsse vom 22.3.1993 und vom 21.3.1994 könne auf sich beruhen. Denn die Antragsteller könnten die Beseitigung aufgrund der gesetzlichen Regelung verlangen.

Die Balkonverglasung stelle eine auf Dauer angelegte Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums dar, die nicht der erstmaligen Herstellung eines ordnungsmäßigen Zustands oder der Instandhaltung oder Instandsetzung diene. Es liege eine bauliche Veränderung vor, die zu einer Beeinträchtigung des optischen Gesamteindrucks der Anlage geführt habe. Dies habe der gerichtliche Augenschein ergeben. Die Verglasung, insbesondere aber deren Rahmen seien deutlich sichtbar und störten den im übrigen einheitlichen Gesamteindruck des Gebäudes. Die Beeinträchtigung des Gesamteindrucks sei nicht ganz geringfügig, so daß sie der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer bedurft hätte. Diese könnten nun, da sie nicht zugestimmt hätten, verlangen, daß die Veränderung rückgängig gemacht werde.

Auf etwaige Spiegelungen oder Trommelgeräusche durch Regen komme es nicht mehr an, ebensowenig auf die etwaige Gefährdung von Menschen und Sachen durch das erneute Herabfallen einer Scheibe.

Die Antragsteller seien auch nicht zur Duldung der baulichen Veränderung verpflichtet, wenn die Antragsgegnerin, wie sie behauptet, den Balkon ohne die Verglasung kaum benutzen könnte. Sie sei hier in der gleichen Lage wie die übrigen Wohnungseigentümer und könne gegen den behaupteten Stau von Regenwasser auf dem Balkonboden auf andere Weise Vorkehrung ...

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