Leitsatz (amtlich)

1. Die aus dem Hochschulstudium und dem Vorbereitungsdienst bestehende und mit der zweiten Staatsprüfung abgeschlossene Ausbildung für das Lehramt an höheren Schulen ist insgesamt eine einer abgeschlossenen Hochschulausbildung vergleichbare abgeschlossene Ausbildung.

2. Die im Rahmen dieser Ausbildung erworbenen psychologischen und pädagogischen Kenntnisse sind besondere, für die Führung von Betreuungen allgemein nutzbare Kenntnisse.

 

Normenkette

BVormVG § 1 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Bayreuth (Entscheidung vom 31.08.2000; Aktenzeichen 15 T 103/00)

AG Bayreuth (Entscheidung vom 20.07.2000; Aktenzeichen XVII 31/93)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Bayreuth vom 31. August 2000 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Für die mittellose Betroffene ist eine Betreuerin bestellt. Als Aufgaben sind ihr die Einwilligung in die ärztliche Behandlung der Betroffenen einschließlich der hierzu erforderlichen Aufenthaltsbestimmung, die Vermögenssorge sowie die Regelung von Wohnungsangelegenheiten und sozialrechtlichen Angelegenheiten übertragen. Gemäß Feststellung des Amtsgerichts führt die Betreuerin die Betreuung seit 1.12.1999 berufsmäßig.

In Anbetracht ihrer durch die Ausbildung für das Lehramt an höheren Schulen erworbenen pädagogischen Kenntnisse beansprucht die Betreuerin für ihre Tätigkeit einen Stundensatz von 60 DM und beantragte, diesen der für den Zeitraum vom 20.12.1999 bis 7.4.2000 aus der Staatskasse zu bewilligenden Vergütung zugrundezulegen.

Dementgegen erkannte das Amtsgericht der Betreuerin mit Beschluß vom 20.7.2000 lediglich einen Stundensatz von 35 DM zu, da die Betreuerin durch ihre Ausbildung keine für die Führung der Betreuung verwertbaren besonderen Kenntnisse erworben habe.

Auf die sofortige Beschwerde der Betreuerin hat das Landgericht am 31.8.2000 der Festsetzung ihrer Vergütung für den geltend gemachten Zeitaufwand einen Stundensatz von 60 DM zugrunde gelegt.

Gegen diesen Beschluß wendet sich die Staatskasse mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das zulässige, insbesondere vom Landgericht zugelassene (§ 56g Abs. 5 Satz 2 FGG) Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung, daß der Betreuerin nicht nur ein Stundensatz von 35 DM, sondern ein solcher von 60 DM zustehe, damit begründet, daß die Betreuerin mit dem von ihr vorgelegten Zeugnis über die Pädagogische Prüfung für das Lehramt an höheren Schulen den Nachweis über ein abgeschlossenes Hochschulstudium erbracht habe. Im Rahmen dieses Studiums habe sie besondere, für die Führung der Betreuung nutzbare Kenntnisse erworben. Bei jedem Lehramtsstudium würden in nicht unwesentlichem Umfang pädagogische Kenntnisse vermittelt, die den angemessenen Umgang mit Menschen als einem wesentlichen Kriterium der persönlichen Betreuung förderten.

2. Die landgerichtliche Entscheidung erweist sich im Ergebnis als richtig. Soweit die tatsächlichen Feststellungen der Kammer unzureichend sind, ist der Senat befugt, zu ihrer Ergänzung auf den Inhalt der Akten zurückzugreifen (vgl. BayObLGZ 1985, 63/66; Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. § 27 Rn. 59). Danach begegnet die Zubilligung eines Stundensatzes von 60 DM keinen rechtlichen Bedenken.

a) Dem Berufsbetreuer (§ 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB), dem für seine Tätigkeit wegen Mittellosigkeit des Betreuten Vergütung aus der Staatskasse zu gewähren ist (§ 1836a BGB), steht ein Stundensatz von 60 DM zu, wenn er über besondere, für die Führung der Betreuung nutzbare Kenntnisse verfügt und diese durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben hat (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG). Sind die entsprechend erworbenen besonderen Kenntnisse für die Führung von Betreuungen allgemein nutzbar, wird grundsätzlich vermutet, daß sie auch für die konkrete Betreuung nutzbar sind (§ 1 Abs. 2 Satz 1 BVormVG; vgl. hierzu Pfälz. OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 551).

b) Die Betreuerin verfügt über eine Ausbildung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG.

Sie hat mit Erfolg die „Pädagogische Prüfung für das Lehramt an höheren Schulen” abgelegt und ist berechtigt, die Berufsbezeichnung „Assessorin des Lehramts” zu führen. Die Voraussetzung einer abgeschlossenen Ausbildung an einer Hochschule ist zwar bereits mit dem Studium an der Universität Hamburg und der am 6.7.1976 bestandenen „Wissenschaftlichen Prüfung für das Lehramt an Gymnasien” erfüllt (vgl. OLG Düsseldorf BtPrax 2000, 224 [LS]). Es steht aber nichts im Wege, bei der Beurteilung der Qualifikation der Betreuerin das anschließende 18-monatige Referendariat mit zu berücksichtigen. Studium und Vorbereitungsdienst stellen zusammen eine einer abgeschlossenen Hochschulausbildung vergleichbare abgeschlossene Ausbildung dar. Diese schließt ein Hochschulstudium ein und weist mit dem zweiten Staatsexamen einen formalen Abschluß auf.

c) Im Rahmen dieser Ausbildung hat die Betreuerin besondere, für die Führung von Betreuungen allgemein nutzba...

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