Leitsatz (amtlich)
1. Wenn sämtliche Wohnungseigentümer den Anspruch auf Rechnungslegung geltend machen, bedarf es nicht eines vorherigen förmlichen Beschlusses in einer Wohnungseigentümerversammlung.
2. Ob der frühere Verwalter zum Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts bereits alle Verwaltungsunterlagen herausgegeben hat, ist im Erkenntnisverfahren zu prüfen und kann nicht auf das Zwangsvollstreckungsverfahren verlagert werden.
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 29.10.2003; Aktenzeichen 14 T 4713/02) |
AG Nürnberg (Aktenzeichen 1 UR II 307/01) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 29.10.2003 in Nr. I.a) und Nr. II. aufgehoben.
Insoweit wird das Verfahren zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG zurückverwiesen.
II. Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller sind die Wohnungseigentümer einer Anlage, die früher von der Antragsgegnerin verwaltet wurde. Die Antragsgegnerin hat ihre Verwaltungstätigkeit spätestens zum 8.2.2001 eingestellt.
Die Antragsteller haben beim AG u.a. beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, sämtliche Verwaltungsunterlagen an die neue Hausverwaltung herauszugeben. Außerdem haben sie beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, Rechnung zu legen durch Erstellung einer Schlussabrechnung zum 8.2.2001. Das AG hat diese Anträge mit Beschluss vom 27.5.2002 abgewiesen, weil keine wirksame Abberufung der Antragsgegnerin erfolgt sei. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen diesen Beschluss hat das LG am 29.10.2003 die Antragsgegnerin verpflichtet,
"a) Die noch bei ihr befindlichen Kontoauszüge aus dem Jahr 2001, Schriftverkehr mit den Eigentümern sowie die in der EDV gespeicherten Abrechnungen auszudrucken und an die Antragsteller herauszugeben sowie
b) Rechnung zu legen durch Erstellung einer Schlussrechnung zum 8.2.2001 und diese vorzulegen."
Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.
II. Das zulässige Rechtsmittel ist teilweise unbegründet, im Übrigen führt es zur Aufhebung und Zurückverweisung des Verfahrens an das LG.
1. Das LG hat ausgeführt: Die Wohnungseigentümer könnten gem. § 28 Abs. 4 WEG auch vom ausgeschiedenen Verwalter Rechnungslegung verlangen. Spätestens mit Ablauf der Verwalterzeit sei die Antragsgegnerin nicht mehr Verwalterin.
Die Antragsgegnerin sei auch zur Herausgabe der Verwaltungsunterlagen verpflichtet. Die Einwendung, die Antragsgegnerin habe bereits alle Unterlagen herausgegeben, sei von der materiellen Verpflichtung zu trennen, Unterlagen herauszugeben. Ob der Anspruch vollständig erfüllt sei, sei eine Frage der Zwangsvollstreckung.
2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.
a) Der Anspruch auf Rechnungslegung besteht auch ggü. einem Verwalter, dessen Amtszeit beendet ist (vgl. BayObLG BayObGZ 1979, 30 ff.). Die Verpflichtung zur Rechnungslegung ergibt sich aus § 28 Abs. 4 WEG, §§ 666, 675 BGB. Dass ein Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer nicht vorliegt, ist unschädlich, da der Rechnungslegungsanspruch von allen Wohnungseigentümern geltend gemacht wird (OLG Hamburg v. 18.11.1986 - 2 W 61/86 m OLGZ 1987, 188 [190]).
Der Anspruch ist nicht dadurch entfallen, dass die Wohnungseigentümer die Abrechnung für das Jahr 2001 beschlossen haben. Zwar tritt nach Ablauf eines Abrechnungsjahres der Abrechnungsanspruch grundsätzlich an die Stelle des Rechnungslegungsanspruchs (KG v. 13.11.1987 - 24 W 5670/86, MDR 1988, 234 = ZMR 1988, 70 [72]). Dies gilt jedoch nicht bei einem ausgeschiedenen Verwalter, da hier die Rechnungslegung auch dazu dient, die Ordnungsmäßigkeit des Verwaltungshandelns für die Zeit bis zur Beendigung der Verwaltung zu überprüfen und um Herausgabeansprüche nach §§ 667, 675 BGB geltend machen zu können (Merle in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 28 Rz. 132). Da die Abrechnung für das Jahr 2001 von der neuen Verwaltung zu erstellen war und erstellt worden ist, bleibt durch diese Abrechnung die Pflicht der Antragsgegnerin zur Rechnungslegung unberührt (Staudinger/Bub, § 28 WEG Rz. 465).
Der Tenor der landgerichtlichen Entscheidung ist auch hinreichend deutlich gefasst. Es ist unschwer erkennbar, dass die Antragsgegnerin zu einer Rechnungslegung zum Stichtag 8.2.2001 verpflichtet ist.
Das LG hat auch zutreffend auf den 8.2.2001 abgestellt. Entgegen der Auffassung des AG ist der Abberufungsbeschluss nicht nichtig. Die vom AG festgestellten Einladungsmängel führen nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses, sondern hätten allenfalls eine Anfechtung begründet, die aber nicht erfolgt ist.
b) Keinen Bestand haben kann die Entscheidung des LG zur Herausgabe von Unterlagen. Der frühere Verwalter ist nach §§ 675, 667 BGB verpflichtet, alle Verwaltungsunterlagen herauszugeben. Ob...