Leitsatz (amtlich)
Gegenüber dem ernsthaft geäußerten Vorschlag des Betroffenen, eine hierzu geeignete Person zum Betreuer zu bestellen, begründet allein die Tatsache, daß noch geeignetere Personen in Betracht kommen, grundsätzlich nicht die Annahme, die Bestellung der vorgeschlagenen Person laufe dem Wohl des Betroffenen zuwider.
Normenkette
BGB § 1897 Abs. 4 S. 1
Verfahrensgang
LG Regensburg (Beschluss vom 23.12.1997; Aktenzeichen 7 T 716/97) |
AG Regensburg (Aktenzeichen XVII 617/97) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Mutter der Betroffenen gegen den Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 23. Dezember 1997 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Das Amtsgericht – Vormundschaftsgericht – Regensburg ordnete mit Beschlüssen vom 1.8.1990 (vorläufige Anordnung) und 26.10.1992 hinsichtlich der Personensorge Pflegschaft für die Betroffene an und bestellte die Stadt zum Pfleger. Nach der Scheidung ihrer Eltern ordnete das Amtsgericht – Familiengericht – Regensburg mit Urteil vom 7.4.1995 Vormundschaft an. Der bisherige Pfleger wurde zum Vormund bestellt.
Die Betroffene wurde als Minderjährige vom Pfleger seit 18.8.1990 bei einer Pflegefamilie untergebracht, wo sie seither ununterbrochen lebt. Mit Schreiben vom 13.5.1997 beantragte die Stadt im Hinblick auf die bevorstehende Volljährigkeit ihres Mündels die Bestellung eines Betreuers für die Aufgabenkreise Vermögensverwaltung und Aufenthaltsbestimmung. Als Betreuerin schlug sie die bisherige Pflegemutter vor.
Das Amtsgericht erholte das Gutachten eines Arztes für Psychiatrie und Neurologie vom 24.7.1997, der bei der Betroffenen eine Oligophrenie vom Grade einer Debilität bis Imbezillität feststellte mit der Folge einer vollständigen Geschäftsunfähigkeit i. S. des § 104 Nr. 2 BGB und der Unfähigkeit, ihre Angelegenheiten in den Bereichen Gesundheitsfürsorge, Bestimmung des Aufenthalts, der Vermögensangelegenheiten sowie der Entgegennahme, Anhalten und Öffnen der Post, selbst zu besorgen.
Nachdem die Mutter der Betroffenen mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 12.9.1997 beantragt hatte, sie zur Betreuerin zu bestellen, ordnete das Amtsgericht mit Beschluß vom 16.10.1997 sowohl Betreuung als auch Einwilligungsvorbehalt für die im Gutachten genannten Aufgabenkreise an.
Zur Betreuerin und zum Ersatzbetreuer wurden die Pflegemutter bzw. der Pflegevater bestellt.
Die gegen diesen Beschluß von der Mutter der Betroffenen mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 23.10.1997 eingelegte Beschwerde wies das Landgericht nach persönlicher Anhörung der Betroffenen durch Beschluß vom 23.12.1997 zurück.
Hiergegen richtet sich weitere Beschwerde der Mutter der Betroffenen.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 29 Abs. 4, § 69 g Abs. 1 FGG). Da sich die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin ausschließlich gegen die Auswahl der Betreuerin wendet, die Anordnung des Einwilligungsvorbehalts und der Betreuung als solcher also nicht angreift, ist das Rechtsmittel nicht gleichzeitig als sofortige weitere Beschwerde gegen die Anordnung des Einwilligungsvorbehalts (§ 29 Abs. 4, § 69 g Abs. 4 Nr. 1 FGG) zu behandeln.
Die Beschwerdeführerin gehört als Mutter der Betroffenen zu dem Personenkreis naher Angehöriger des § 69 g Abs. 1 FGG, die nach dem abschließenden Katalog dieser Bestimmung u.a. gegen die erstmalige Bestellung eines Betreuers Beschwerde bzw. weitere Beschwerde (§ 29 Abs. 4 FGG) auch mit dem Ziel einlegen können, die Auswahlentscheidung dahin abzuändern, daß sie selbst an die Stelle des ausgewählten Betreuers gesetzt werden. Insofern handelt es sich um die zulässige Teilanfechtung einer Einheitsentscheidung, die auch die Bestellung und die Auswahl des Betreuers umfaßt (BayObLG MDR 1998, 277 m.w.N.).
Das Rechtsmittel hat aber keinen Erfolg.
Das Landgericht hat seine Auswahlentscheidung zutreffend auf § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB gestützt. Nach dieser Bestimmung ist dem Vorschlag des volljährigen Betroffenen, eine bestimmte, hierzu geeignete Person zu bestellen, zu entsprechen, wenn es dem Wohl des Betroffenen nicht zuwiderläuft.
Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß die Betroffene die ausgewählte Betreuerin i. S. des § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB rechtswirksam vorgeschlagen hat. Es hat hierzu festgestellt, die Betroffene sei trotz ihrer geistigen Behinderung in der Lage, Wünsche in bezug auf ihre Lebensumstände zu äußern.
Die Rechtswirksamkeit dieses Vorschlags setzte weder Geschäftsfähigkeit noch einen besonderen Grad an Einsichtsfähigkeit voraus, nachdem dessen Ernsthaftigkeit nach den landgerichtlichen Feststellungen nicht zweifelhaft ist (Jürgens Betreuungsrecht § 1897 BGB Rn. 15 m.w.N.). Da nach diesen Feststellungen ferner nichts gegen die grundsätzliche Eignung der ausgewählten Person zur persönlichen Betreuung spricht (§ 1897 Abs. 1 BGB), Probleme aus einem Abhängigkeitsverhältnis sowie Interessenkonflikte i. S. des § 1897 Abs. 3 und 5 BGB nicht zu befürchten sind, kommt es nur noch darauf an, ob der Vorschlag der Betroffenen ihrem Wohl...