Leitsatz (amtlich)
Ein bindender Verweisungsbeschluss bewirkt im Gerichtsstandsbestimmungsverfahren, dass hinsichtlich der Parteien, die von der Bindungswirkung betroffen sind, ein anderes Gericht als dasjenige, an das bindend verwiesen worden ist, nicht mehr bestimmt werden kann.
Ist die Bestimmung dieses Gerichts für die hinzukommende Partei nicht zumutbar, kann auch ein gemeinsam zuständiges Gericht nicht (mehr) bestimmt werden.
Normenkette
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3, § 261 Abs. 1 Nr. 2, § 281
Verfahrensgang
AG Aschaffenburg (Aktenzeichen 12 C 3042/03) |
AG Düsseldorf (Aktenzeichen 41 C 3865/04) |
Tenor
Als für die Klage zuständiges gemeinsames Gericht wird das AG Düsseldorf bestimmt.
Gründe
I. Die Antragstellerin hat zunächst gegen den Antragsgegner zu 1) bei dem AG Aschaffenburg Klage auf Zahlung rückständiger Kosten erhoben, die für die Unterbringung der inzwischen verstorbenen J.W. in einem von der Antragstellerin geführten Heim angefallen sind, das im Bezirk des AG Aschaffenburg liegt. Das AG Aschaffenburg hat sich mit Beschl. v. 10.3.2004 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf klägerischen Antrag an das AG Düsseldorf verwiesen mit der Begründung, der Antragsgegner zu 1) habe dort seinen Wohnsitz. Am 20.7.2004 hat die Antragstellerin die Klage auf die Antragsgegnerin zu 2) erweitert, die ihren Wohnsitz im Bezirk des AG Aschaffenburg hat, und am 6.9.2004 hat sie beantragt, das zuständige Gerichts durch das LG Düsseldorf bestimmen zu lassen.
Nach Vortrag der Antragstellerin haben beide Antragsgegner von der Verstorbenen J. W. Generalvollmacht für die Abwicklung von Vermögensangelegenheiten erhalten und den zur Unterbringung der Verstorbenen erforderlichen Heimvertrag unterzeichnet. Für deren Unterbringung und Pflege seien noch nicht bezahlte Kosten i.H.v. 3033 EUR angefallen. Nach Ansicht der Antragstellerin haften ihr beide Antragsgegner, soweit dies dem Klagevortrag entnommen werden kann, wohl wegen Verletzung von Pflichten, die sich aus einem dieser Generalvollmacht zugrunde liegenden Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ergäben.
Das LG Düsseldorf hat mit Beschl. v. 30.8.2005 den Bestimmungsantrag dem OLG Bamberg vorgelegt, dieses hat ihn an das BayObLG weitergeleitet.
II.1. Zur Entscheidung über den Antrag ist das BayObLG zuständig, § 36 Abs. 1, Abs. 2 ZPO, § 9 EGZPO.
2. Die Voraussetzungen für die beantragte Bestimmung (§ 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) sind gegeben.
a) Die Antragsgegner haben ihren allgemeinen Gerichtsstand bei verschiedenen AG. Sie werden als Gesamtschuldner und damit als Streitgenossen gem. § 59 ZPO in Anspruch genommen. Die Klageänderung in Form der Parteierweiterung auf der Beklagtenseite (§ 263 ZPO) hat erst nach Klageerhebung zu einer Streitgenossenschaft der Antragsgegner geführt. Diese steht einer Gerichtsstandsbestimmung nicht entgegen. Eine Gerichtsstandsbestimmung kann entgegen dem Wortlaut des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO auch noch nach Klageerhebung erfolgen (BayObLGZ 1992, 89 [90]). Hierbei macht es keinen Unterschied, ob die Streitgenossenschaft von Antragsgegnern mit differierendem allgemeinen Gerichtsstand bereits von Anfang an bestanden hat oder erst nachträglich eingetreten ist. § 261 Abs. 1 Nr. 2 ZPO steht dem schon deshalb nicht entgegen, weil sich durch die nachträgliche subjektive Klageerweiterung der Streitgegenstand geändert hat (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 261 Rz. 12).
b) Die Bestimmung scheidet auch nicht deshalb aus, weil für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand begründet ist. Ist oder war im Zeitpunkt der Klageerhebung ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand gegeben, kommt eine Bestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO regelmäßig nicht in Betracht (BayObLGZ 2002, 151 [152]). Das Vorliegen eines solchen gemeinsamen Gerichtsstands muss aber bereits im Bestimmungsverfahren mit hinreichender Sicherheit feststehen. Kann für den Gegenstand der Klage, wie er sich aufgrund der von der Klagepartei vorgetragenen Tatsachen darstellt, ein gemeinschaftlich besonderer Gerichtsstand nicht zuverlässig festgestellt werden und sind die übrigen Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gegeben, ist das Rechtsschutzbedürfnis für eine Bestimmung zu bejahen (BayObLG v. 10.9.1985 - AllgReg. 38/85, BayObLGZ 1985, 314 [317]).
Hier lässt sich nicht mit erforderlicher Sicherheit feststellen, dass ein gemeinsamer Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO) gegeben ist. Bei Klagen auf Schadensersatz wegen Verletzung von Schutzpflichten zugunsten Dritter ist "streitige Verpflichtung" i.S.d. § 29 Abs. 1 ZPO die Verpflichtung, für deren Nicht- oder Schlechterfüllung Ersatz begehrt wird (Zöller/Vollkommer § 29 Rz. 23). Im vorliegenden Fall wären die Pflichten aus einem Vertrag - sofern er der Erteilung der Generalvollmacht zugrunde lag - in Form von rechtzeitiger Zahlung der Heimkosten am jeweiligen Sitz des vertraglichen Schuldners, also am jeweiligen Wohnsitz der beiden Antragsgegner, zu erfüllen gewesen (§§ 269, 270 BGB).
Ein ausschließlicher Gerichtsstand für Anspr...