Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschwindigkeitsüberschreitung. Vorsatz. Rechtsbeschwerde. Sachrüge. Rechtsfolgenausspruch. Fahrverbot. Regelfahrverbot. Fahrverbotsprivilegierung. Vollstreckungserleichterung. Staatsstraße. Pflichtenverstoß. grob. Regelfall. Ausnahme. Beruf. Übermaßverbot. Grundrecht. Kondordanz. Pfarrer. Priester. Geistlicher. Pfarrgemeinde. Seelsorge. Corona. Corona-Pandemie. Krankenbesuch. Krankensalbung. Beerdigung. Religionsunterricht. Sakrament. Sakramentsspendung. Religionsausübrung. Religionsausübungsfreiheit. Ersatzfahrer. Tatzeit. Diktatversehen. Schreibversehen. Keine Ausnahme von Regelfahrverbot wegen mit Priesteramt verbundener Sakralpflichten
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1 S. 1, Art. 4 Abs. 1, Art. 5; StVG § 25 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, Abs. 2a, § 26a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2; StVO § 3 Abs. 3 Nr. 2; BKatV § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; BKat Anhang Tabelle 1c Nr. 11.3.8; OWiG § 46 Abs. 1, § 79 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1-2, § 80a Abs. 1; StPO § 267 Abs. 1 S. 3, § 349 Abs. 2; OWiG § 79 Abs. 3 S. 1
Tenor
Gründe
I.
Mit Urteil vom 20.08.2019 hat das Amtsgericht gegen den bislang verkehrsrechtlich nicht in Erscheinung getretenen Betroffenen, einen katholischen Pfarrer, wegen einer am 16.09.2018 auf einer Staatsstraße als Führer eines Pkw begangenen vorsätzlichen Überschreitung der außerhalb geschlossener Ortschaften gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 2 StVO zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 52 km/h entsprechend der im Bußgeldbescheid vom 30.10.2018 vorgesehenen Ahndung eine Geldbuße von 480 Euro festgesetzt und gegen ihn wegen des groben Pflichtenverstoßes im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative , 26a Abs. 1 Nr. 3 , Abs. 2 StVG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BKatV i.V.m. lfd.Nr. 11.3.8 der Tabelle 1c zum BKat ein mit der Vollstreckungserleichterung nach § 25 Abs. 2a StVG verbundenes Regelfahrverbot für die Dauer eines Monats angeordnet. Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene mit Begründungsschrift seines Verteidigers vom 01.10.2019 die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Mit der Sachrüge wendet sich der Betroffene insbesondere gegen die Anordnung des Fahrverbots, weil ein "Ausnahmefall" vorliege. Als katholischer Pfarrer sei es ihm aufgrund der privaten wie - vom zuständigen bischöflichen Dekanat im Verfahren schriftlich bestätigt - beruflichen Situation keinesfalls ohne weiteres möglich, das Fahrverbot anzutreten. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts lägen "hier sehr wohl außergewöhnliche Umstände vor, die zu einer Anordnung des Fahrverbots nicht berechtigten" . Der Betroffene sei für 2000 Gläubige "verantwortlich und auch verpflichtet hier Krankenbesuche durchzuführen, unter Umständen Beerdigungen abzuhalten, Teilnahme an Konferenzen, Fortbildungen und die Erteilung des Religionsunterrichts an Schulen durchzuführen" . Auch könne sich der Betroffene "nicht einen Pfarrer ,ausleihen', der hier dann für ihn tätig" werde, zumal "in der heutigen Zeit der Beruf des katholischen Pfarrers [...] mit Nachwuchsproblemen behaftet" sei. Auch sonst gebe es "gerade bei der katholischen Kirche [...] kein Übermaß an Mitarbeitern, die hier für den Betroffenen eintreten [...] und für diesen die Fahrdienste übernehmen" könnten. Die Generalstaatsanwaltschaft München beantragt unter dem 22.03.2020, die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen. Im Rahmen der hierzu mit Schreiben seines Verteidigers vom 20.04.2020 abgegeben Gegenerklärung lässt der Betroffene im Wesentlichen vortragen, "allein in der Problematik der Corona-Pandemie wäre es überhaupt nicht denkbar, jemand anderes einzustellen, der meinen Mandanten fahren könnte"; der Betroffene sei "katholischer Pfarrer und immer für seine Pfarrgemeinde zuständig" . Es gebe für den Betroffenen "keine festen Arbeitszeiten und auch keine festen Regelungen, wo und wann er sich an welchem Ort auch immer einzufinden" habe, weshalb hier von einem "doch sehr einzigartigen Einzelfall" auszugehen sei.
II.
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 OWiG statthaften, schon wegen der neben der Sachrüge - jedoch unausgeführt und deshalb ohne weiteres unzulässig - erhobenen Verfahrensrüge unbeschadet der auf eine Rechtsmittelbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch hindeutenden Antragstellung und -begründung ( "...mit der Maßgabe, dass das Fahrverbot [...] durch eine höhere Geldbuße ersetzt wird" ) als unbeschränkt zu behandelnden Rechtsbeschwerde deckt weder im Schuld- noch im Rechtsfolgenausspruch einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen auf ( § 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG ).
1. Dies gilt insbesondere auch, soweit das Amtsgericht keine Notwendigkeit erkannt hat, von dem verwirkten Regelfahrverbot etwa aufgrund des rechtsstaatlichen Übermaßverbotes (zu den insoweit anzulegenden Maßstäben...