Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostensache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Haben die Parteien eines notariell beurkundeten Vertrags ausdrücklich den Verkehrswert des vertragsgegenständlichen Grundstücks mit einem Geldbetrag pro Quadratmeter angegeben, können diese Angaben für die Bestimmung des Verkehrswertes herangezogen werden, wenn nicht Anhaltspunkte für ihre Unzuverlässigkeit oder Unrichtigkeit vorliegen.

2. Befindet sich eine eindeutige Angabe des Verkehrswertes an auffälliger Stelle des Vertragstextes, muß den Beteiligten nicht bewußt sein, daß diese Angabe für die Notargebühren Bedeutung hat. Auch bedarf es dann keines dementsprechenden Hinweises des Notars.

 

Normenkette

KostO § 19 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Aktenzeichen 1 T 1491/00)

 

Tenor

I. Der Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 31. Januar 2001 wird aufgehoben.

II. Die Beschwerde der Beteiligten gegen die berichtigte Kostenrechnung des Notars vom 30. März 2000 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten kauften am 23.7.1999 von ihrer Heimatgemeinde im Rahmen eines Einheimischenmodells ein 822 m² großes Baugrundstück. In Ziff. V des von dem weiteren Beteiligten beurkundeten Vertrages heißt es:

Der volle Kaufpreis (Verkehrswert des Vertragsgrundstücks ohne Erschließungskosten) beträgt 650,– DM pro Quadratmeter.

Hierauf gewährt der Verkäufer dem Käufer einen auflösend bedingten Preisnachlaß als Subvention von 534,– DM pro Quadratmeter, so daß der Käufer vorerst nur den Betrag von 116,– DM pro Quadratmeter zahlen muß.

Der Preisnachlaß soll entfallen, wenn die Beteiligten gegen bestimmte vertragliche Verpflichtungen verstoßen, die der Sicherung des Einheimischenmodells dienen.

Der weitere Beteiligte erstellte für seine Tätigkeit am 23.7.1999 eine Kostenrechnung, die er nach der Stellungnahme der Notarkasse vom 28.3.2000 am 30.3.2000 berichtigte und den Beteiligten mitteilte. Hierzu legte er für die Bewertung den in der Urkunde genannten vollen Kaufpreis von 534.300 DM zugrunde. Hiergegen legten die Beteiligten Beschwerde ein, da sie der Meinung sind, es sei der ermäßigte Kaufpreis (95.352 DM) maßgebend. Das Landgericht hat die berichtigte Kostenrechnung aufgehoben und den weiteren Beteiligten angewiesen, ausgehend von einem Geschäftswert von 406.088,20 DM den Beteiligten eine neue Kostenrechnung zu erteilen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die weitere Beschwerde des beteiligten Notars.

II.

1. Die weitere Beschwerde ist zulässig.

Sie ist statthaft, vom Landgericht zugelassen und fristgerecht eingelegt worden (§ 156 Abs. 2 Satz 1 und 2 KostO).

2. Das Rechtsmittel ist begründet.

Gegenstand der Erstbeschwerde wie der weiteren Beschwerde ist der Geschäftswert der Vertragsbeurkundung vom 23.7.1999 (vgl. BayObLGZ 1987, 186/190; Korintenberg/Bengel KostO 14. Aufl. § 156 Rn. 58).

a) Das Landgericht hat ausgeführt, für den Geschäftswert seien der Kaufpreis und weitere von den Beteiligten übernommene Leistungen von insgesamt 406.088,20 DM maßgeblich, da der Verkehrswert des Grundstücks 279.480 DM betrage und somit niedriger sei.

b) Dies hält der rechtlichen Prüfung nicht stand (§ 156 Abs. 2 Satz 4 KostO, § 550 ZPO).

aa) Der Geschäftswert für die Beurkundung eines Grundstückskaufvertrages richtet sich zwar grundsätzlich nach dem Kaufpreis, zu dem der Wert weiterer vom Erwerber übernommener oder ihm sonst infolge der Veräußerung obliegender Leistungen hinzuzurechnen ist (§ 20 Abs. 1 Satz 1, § 141 KostO). Ist allerdings der Kaufpreis niedriger als der nach § 19 KostO festzustellende (Verkehrs)Wert des Grundstücks, so ist nach § 20 Abs. 1 Satz 2 KostO der Verkehrswert heranzuziehen. Nach dem Gesetzeswortlaut ist demnach jeweils ein Vergleich zwischen dem Kaufpreis und dem Wert des Grundstücks nach § 19 KostO anzustellen und der höhere Wert als Geschäftswert zugrunde zu legen. Da jedoch der Kaufpreis im allgemeinen dem Wert der gekauften Sache gleichkommen wird, soll für den Normalfall die Bestimmung des Geschäftswerts dadurch vereinfacht werden, daß der Wert der verkauften Sache nicht eigens festgestellt werden muß. Um diesem Vereinfachungszweck des § 20 Abs. 1 Satz 1 KostO Rechnung zu tragen, ist der Wert der Sache nur dann festzustellen, wenn deutlich zutage tritt, daß in dem nach § 18 Abs. 1 KostO maßgebenden Zeitpunkt der Kaufpreis nicht annähernd so hoch ist wie der sich bei Anwendung des § 19 KostO ergebende Wert der Sache (BayObLGZ 1974, 422/425; BayObLG JurBüro 1995, 432/433 m.w.N.). Das ist hier der Fall.

bb) Die Höhe des Kaufpreises hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt. Die Beteiligten hatten zunächst nur den ermäßigten Kaufpreis von 116 DM je Quadratmeter zu bezahlen. In die Bewertung sind jedoch die zusätzlichen Leistungen der Käufer einzubeziehen. Diese hat das Landgericht zutreffend dargestellt. Das gilt insbesondere für den Umstand, daß die auflösende Bedingung für den Preisnachlaß eintreten und der volle Kaufpreis gemäß Ziff. V Abs. 1 des Vertrages zu zahlen sein könnte (vgl. dazu BayObLGZ 1964, 294/297; Korintenberg/Bengel § 20 Rn. 8). Mit dem La...

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