Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Auslegung von Eigentümerbeschlüssen sind die allgemeinen Auslegungsregeln zu beachten. Es ist der wirkliche Wille der beschließenden Wohnungseigentümer, soweit er im Wortlaut Ausdruck gefunden hat, maßgeblich und nicht der buchstäbliche Wortlaut.
2. Wesentliche Grundlage für die Beurteilung, ob eine modernisierende Instandsetzung eine Maßnahme der ordnungsmäßigen Instandsetzung darstellt, ist eine umfassende Abwägung aller für und wider die Maßnahme sprechenden Umstände und insb. eine Kosten-Nutzen-Analyse.
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 28.07.2003; Aktenzeichen 1 T 17191/02) |
AG München (Aktenzeichen 481 UR II 700/02) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG München I vom 28.7.2003 mit Ausnahme der Geschäftswertfestsetzung aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG zurückverwiesen.
III. Die Anschlussrechtsbeschwerde der Antragsgegner ist damit gegenstandslos.
IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 55.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus 15 Wohnungen bestehenden Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Die 35 Jahre alte Wohnanlage wird über eine zentrale Anlage beheizt. Das Warmwasser wird in jeder Wohnung durch Wärmetauscher bereitet, die die Energie den Heizungsrohren entnehmen.
Am 19.3.2002 wurde der Antrag, die Warmwasserversorgung entspr. der vorliegenden Ausarbeitung eines Ingenieurbüros auf eine zentrale Versorgung umzustellen, mit Stimmenmehrheit angenommen. In dem Protokoll ist vermerkt, dass die Maßnahme damit abgelehnt sei, weil die für die bauliche Veränderung erforderliche Einstimmigkeit nicht erzielt worden sei.
In einer weiteren Eigentümerversammlung vom 28.5.2002 fassten die Wohnungseigentümer folgenden Beschluss:
Die Eigentümer bestätigen den Beschl. v. 19.3.2002, die Warmwasserversorgung auf eine zentrale Lösung umzustellen.
Die Maßnahme erfolgt im Rahmen der modernisierenden Instandhaltung.
Die Umstellungsmaßnahmen erfordern einen Aufwand von etwa 55.000 Euro.
Der Antragsteller hat beantragt, den Eigentümerbeschluss vom 28.5.2002 für ungültig zu erklären. Das AG hat den Antrag am 9.9.2002 abgewiesen. Das LG hat die sofortige Beschwerde dagegen durch Beschluss vom 28.7.2003 zurückgewiesen. Die Erstattung außergerichtlicher Kosten wurde für keinen Rechtszug angeordnet.
Der Antragsteller wendet sich mit der sofortigen weiteren Beschwerde gegen die Zurückweisung seines Rechtsmittels. Die Antragsgegner wollen mit ihrer Anschlussrechtsbeschwerde die Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten erreichen.
II. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers führt zur Aufhebung der Entscheidung des LG und zur Zurückverweisung der Sache an dieses. Die auf die Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten beschränkte Anschlussrechtsbeschwerde der Antragsgegner ist damit gegenstandslos.
1. Das LG hat ausgeführt: Das Rechtsschutzbedürfnis für die Beschlussanfechtung fehle nicht im Hinblick auf den Eigentümerbeschluss vom 19.3.2002. Wie sich aus der konstitutiven Feststellung des Versammlungsleiters ergebe, sei die Umstellung der Warmwasserversorgung abgelehnt worden. Dieser Eigentümerbeschluss sei durch den weiteren Beschluss vom 28.5.2002 aufgehoben worden. Außerdem sei die Umstellung der Warmwasserversorgung als eine Maßnahme der modernisierenden Instandsetzung beschlossen worden.
Bereits jetzt sei in der Wohnanlage eine gemeinschaftliche Heizungsanlage vorhanden, die über das Heizungswasser auch die Energie für die Warmwasserversorgung liefere. Die Wärmetauscher seien als Teil dieses Gesamtsystems zu sehen. Es werde daher nicht erstmals eine zentrale Warmwasserversorgung geschaffen, vielmehr werde des vorhandene System geändert.
Die Warmwasserversorgung sei insgesamt sanierungsbedürftig. Dies ergebe sich aus den Stellungnahmen mehrerer Wohnungseigentümer. Die beschlossene Maßnahme sei technisch und wirtschaftlich sinnvoller als eine dezentrale Lösung. Unzulässige Eingriffe in das Sondereigentum seien mit der Maßnahme nicht verbunden, weil eine Anschlusspflicht nicht erforderlich sei.
2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Ohne Rechtsfehler ist das LG zu dem Ergebnis gelangt, dass der Eigentümerbeschluss vom 19.3.2002 der Beschlussanfechtung nicht entgegensteht. Es kann dahinstehen, ob es sich dabei überhaupt um einen Eigentümerbeschluss handelt und nicht nur eine Probeabstimmung vorliegt (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 23 Rz. 28). Denn in dem Protokoll wurde von dem Versammlungsleiter vor der Abstimmung darauf hingewiesen, dass für eine Beschlussfassung, weil es sich um eine bauliche Veränderung handele, Einstimmigkeit erforderlich sei. Dementsprechend hat der Versammlungsleiter, nachdem zwar mehr Wohnungseigentümer für als gegen den Beschlussantrag gestimmt hatten, f...