Entscheidungsstichwort (Thema)

Eintragungen im Grundbuch. Kostenrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Gesetz sieht als Voraussetzung der Privilegierung nach § 19 Abs. 4 KostO grundsätzlich keine Obergrenze in der Größe des landwirtschaftlichen Betriebes vor. Erfaßt werden sollen von § 19 Abs. 4 KostO vielmehr alle Geschäfte über zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefaßte Grundstücke, die land- oder forstwirtschaftlich genutzt und von einer Hofstelle aus bewirtschaftet werden.

 

Normenkette

KostO § 19 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Ingolstadt (Beschluss vom 24.08.1992; Aktenzeichen 1 T 324/92)

AG Neuburg a.d. Donau

 

Tenor

I. Der Beschluß des Landgerichts Ingolstadt vom 24. August 1992 wird aufgehoben.

II. Die Sache wird zu anderer Behandlung und neuer Entscheidung an das Landgericht Ingolstadt zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I.

1. Mit notarieller Urkunde vom 28.2.1991 überließ der Beteiligter zu 1 seinen landwirtschaftlichen Betrieb … in Erfüllung eines Schenkungsversprechens zu 7/10 an seine drei Kinder, die Beteiligten zu 2 bis 4, zu Miteigentum und zwar an den Beteiligten zu 3 einen 3/10 Miteigentumsanteil, an die Beteiligten zu 2 und 4 je einen 2/10 Miteigentumsanteil.

Der Betrieb umfaßt einschließlich bebauter Grundstücke eine Gesamtfläche von rund 200 ha. Ausgenommen von der Überlassung wurde eine Teilfläche von 0,3904 ha in der Gemarkung A. Eine Teilfläche von 3,8890 ha ist in der Gemarkung B gelegen.

Der Eigentumswechsel wurde hinsichtlich der in der Gemarkung A gelegenen Grundstücke am 16.7.1991 im Grundbuch eingetragen. Bezüglich der in der Gemarkung B gelegenen Grundstücke ist die Eigentumsübertragung grundbuchamtlich bisher noch nicht vollzogen.

2. Mit Kostenrechnungen vom 10.7.1991 forderte der Kostenbeamte des Grundbuchamts für die Auflassungseintragung, die Katasterfortführungsgebühr und die Eintragung einer Auflassungsvormerkung unter Zugrundelegung der jeweiligen Miteigentumsquote von dem Beteiligten zu 3 insgesamt 5 531 DM und von den Beteiligten zu 2 und 4 jeweils 3 700,70 DM. Er ging hierbei jeweils von einem Geschäftswert von 7,35 Mio DM als dem Verkehrswert der überlassenen Grundstücke in der Gemarkung A aus. Die Kostenrechnungen waren mit dem Vermerk versehen: „Für die Hofstelle wurde ein geschätzter Wert von 0,5 Mio. angenommen. Bez. der Grundstücke wurden pro Tagwerk 17 000 DM veranschlagt. Bei der Bewertung wurde nicht vom 4fachen Einheitswert ausgegangen, da die hierfür erforderliche Voraussetzung, nämlich die Erhaltung eines leistungsfähigen Hofes in bäuerlichen Familien, nicht gegeben ist.”

Gegen die Kostenrechnungen legten die Beteiligten zu 2 bis 4 Erinnerungen ein, mit denen sie beantragten, bei der Berechnung der Kosten vom vierfachen Einheitswert gemäß § 19 Abs.4 KostO als Geschäftswert auszugehen. Hierauf und auf den – in Übereinstimmung mit den Kostenrechnungen stehenden – Wertfestsetzungsantrag des Bezirksrevisors hin setzte der Rechtspfleger des Grundbuchamts mit Beschluß vom 4.2.1992 den Geschäftswert auf 938 000 DM fest. Dieser Wert entsprach dem vierfachen Einheitswert, der für den überlassenen 7/10-Anteil (einfach) in der Urkunde mit 234 500 DM angegeben war. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß der vorliegenden Hofüberlassung das Landwirtschaftsprivileg des § 19 Abs.4 KostO, das durch keinerlei Höchstgrößen des überlassenen Besitzes beschränkt sei, zugrunde zu legen sei. Hinweise, daß es sich nicht um eine Fortführung der bestehenden Landwirtschaft handle, seien nicht ersichtlich geworden.

Der Vertreter der Staatskasse legte gegen diese Entscheidung Erinnerungen ein. Die Bestimmung des § 19 Abs.4 KostO könne nicht zur Anwendung kommen, weil das verfahrensgegenständliche Landgut mit einer Gesamtgröße von weit mehr als 100 ha nach verfassungskonformer Auslegung nicht in den Kreis der durch das Gesetz privilegierten Betriebe falle. Außerdem habe weder der Beteiligte zu 1 den Betrieb „als Landwirt” geführt, noch würden dies in Zukunft die Beteiligten zu 2 bis 4, sämtliche Studenten, tun; sämtliche Beteiligte wohnten in M. Im vorliegenden Fall handle es sich „eher” um einen gewerblichen landwirtschaftlichen Betrieb.

Die Beteiligten zu 2 bis 4 wiesen demgegenüber darauf hin, daß der landwirtschaftliche Betrieb gemäß Gesellschaftsvertrag vom 2.1.1991 gemeinsam durch die Beteiligten zu 1 bis 4 bewirtschaftet werde; bei sämtlichen Beteiligten handele es sich um „typische Landwirte”.

Rechtspfleger und Richter halfen den Erinnerungen nicht ab. Das Landgericht folgte der Rechtsauffassung des Vertreters der Staatskasse im wesentlichen, hob mit Beschluß vom 24.8.1992 den Beschluß des Amtsgerichts vom 4.2.1992 auf und setzte den Geschäftswert für die Grundbucheintragungskosten auf 7 350 000 DM fest; die weitere Beschwerde ließ es zu.

3. Mit ihren weiteren Beschwerden wenden sich die Beteiligten zu 2 bis 4 gegen die landgerichtliche Entscheidung.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die zulässigen weiteren Beschwerden (§ 31 Abs.3 Satz 1, § 14 Abs.3 Satz 2, Abs.4 KostO) führen zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidu...

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