Entscheidungsstichwort (Thema)
Betreuungssache. Genehmigung. Doppelvollmacht. Erledigung der Hauptsache
Leitsatz (amtlich)
1. Hat das Landgericht die Beschwerde des Betreuten gegen die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung eines vom Betreuer abgeschlossenen Rechtsgeschäfts als unzulässig verworfen, weil die Genehmigung einem Dritten gegenüber wirksam geworden ist, erledigt sich die Hauptsache nicht dadurch, daß nach Einlegung der weiteren Beschwerde die Betreuung aufgehoben wird.
2. Eine Bevollmächtigung des beurkundenden Notars durch die Vertragsteile, Genehmigungen für diese entgegenzunehmen, gegenseitig mitzuteilen und diese Mitteilung jeweils in Empfang zu nehmen, ist rechtlich zulässig.
Normenkette
FGG § 55 Abs. 1, §§ 62, 69e S. 1
Verfahrensgang
LG Landshut (Beschluss vom 12.01.1997; Aktenzeichen 60 T 1640/96) |
AG Landshut (Aktenzeichen XVII 0185/94) |
Tenor
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Landshut vom 12. Januar 1997 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Mit Beschluß vom 14.11.1994 bestellte das Amtsgericht für den Betroffenen einen Betreuer mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge, einschließlich Regelung der Schulden, da der Betroffene infolge seiner Alkoholkrankheit in diesem Bereich zu einer freien Willenbestimmung nicht mehr in der Lage war.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 20.11.1995 verkauften der durch seinen Betreuer vertretene Betroffene und dessen Ehefrau einen Teil ihres Grundbesitzes.
Am 24.4.1996 genehmigte das Amtsgericht (Rechtspfleger) die in der Kaufvertragsurkunde für den Betroffenen abgegebenen Erklärungen.
Die als Beschwerde geltende Erinnerung des Betroffenen gegen die Genehmigung hat das Landgericht am 12.1.1997 als unzulässig verworfen.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die weitere Beschwerde des Betroffenen vom 10.2.1997.
Am 19.3.1997 hat das Amtsgericht die Betreuung aufgehoben.
Entscheidungsgründe
II.
Die weitere Beschwerde ist zulässig (vgl. BayObLGZ 1963, 1/3). Durch die Aufhebung der Betreuung hat sich die Hauptsache nicht erledigt. Die Genehmigung des Kaufvertrags ist hierdurch nicht bedeutungslos geworden. Das Interesse des Betroffenen an der Aufhebung der Genehmigung durch die Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist nach wie vor schutzwürdig (vgl. BayObLGZ 1964, 350/353; a.A. wohl OLG Frankfurt a. Main OLGZ 1978, 63/65).
Die weitere Beschwerde hat jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Erstbeschwerde zu Recht als unzulässig verworfen.
1. Gemäß § 55 Abs. 1 FGG, der bei einer Betreuung entsprechend anzuwenden ist (§ 69e Satz 1 FGG), kann eine Verfügung, durch welche die Genehmigung zu einem Rechtsgeschäft erteilt wird, vom Vormundschaftsgericht insoweit nicht mehr geändert werden, als die Genehmigung einem Dritten gegenüber wirksam geworden ist.
Ist die Genehmigung für das Vormundschaftsgericht nicht mehr abänderbar, kann auch das Beschwerdegericht sie nicht mehr ändern (§ 62, § 69e Satz 1 FGG). Eine gegen die Genehmigung gleichwohl eingelegte Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen (vgl. BayObLGZ 1964, 137/142 f.; BayObLG Rpfleger 1991, 457/458, FamRZ 1995, 302; Jansen FGG 2. Aufl. § 62 Rn. 2; Knittel BtG § 69e FGG Rn. 18).
2. So liegt der Fall hier.
a) Der Kaufvertrag vom 20.11.1995 bedurfte zu seiner Wirksamkeit der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung (§ 1821 Abs. 1 Nrn. 1 und 4, § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB).
b) Die vom Amtsgericht am 24.4.1996 erteilte Genehmigung ist Dritten, nämlich den Käufern gegenüber am 29.4.1996 wirksam geworden, da sie ihnen an diesem Tag durch den vom Betreuer bevollmächtigten Notar mitgeteilt wurde (§ 1829 Abs. 1 Satz 2, § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB).
Das Amtsgericht hat eine Ausfertigung des Genehmigungsbeschlusses dem Betreuer (§ 1828, § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB) und eine weitere Ausfertigung dem Notar zugeleitet, da dieser in der notariellen Urkunde (Nr. IX) von den Vertragsteilen bevollmächtigt worden war, Genehmigungen, die ohne Bedingungen und Auflagen erteilt würden, für sie entgegenzunehmen. Im Hinblick auf diese und die weitere Vollmacht, die Genehmigungen auch gegenseitig mitzuteilen und die Mitteilung jeweils in Empfang zu nehmen, hat der Notar am 29.4.1996 auf der ihm übersandten Ausfertigung vermerkt, „Entgegennahme der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, Mitteilung an die Beteiligten und Entgegennahme dieser Mitteilung ist erfolgt”, und eine beglaubigte Ablichtung der mit dem Vermerk versehenen Ausfertigung an das Amtsgericht zurückgeschickt.
Die betreffende Vertragsklausel stellt nach ihrem eindeutigen Wortlaut und nach ihrem Sinn eine Doppelbevollmächtigung dar. Eine solche ist rechtlich zulässig (vgl. BayObLGZ 1989, 242/247 m.w.N.; Bassenge/Herbst FGG/RPflG 7. Aufl. § 55 FGG Rn. 8; Damrau in Damrau/Zimmermann Betreuung und Vormundschaft 2. Aufl. § 1829 BGB Rn. 9; Jansen § 55 Rn. 12; Keidel/Kuntze FGG 13. Aufl. § 55 Rn. 9). An ihrer Wirksamkeit ändert nichts, wenn der seinerzeitige Betreuer bei Erteilung der Doppelvollmacht davon ausging, ein etwaiges Beschwerderecht des Betreuten werde hiervon nicht ...