Leitsatz (amtlich)
Die Verlängerung der Ausschlussfrist für die Geltendmachung von Betreuervergütung setzt einen konkreten Antrag des Betreuers voraus.
Normenkette
BGB § 1836 Abs. 2; ZSEG § 15 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 07.02.2003; Aktenzeichen 13 T 7225/02) |
AG Neumarkt i.d. OPf. (Aktenzeichen XVII 0462/92) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 7.2.2003 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Für die 64-jährige Betroffene, die an einer pränatalen Hirnschädigung leidet und seit Jahrzehnten in einem Pflegeheim lebt, ist ihr Bruder als Betreuer für alle Angelegenheiten bestellt.
Die Betroffene beerbte ihre 1995 verstorbene Mutter ebenso wie ihre Geschwister zu 1/5. Im Hinblick auf die bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft, insb. bei der Veräußerung von zum Nachlass gehörendem Immobiliarvermögen entstehende Interessenkollision in der Person des Betreuers bestellte das AG am 28.7.1999 einen Rechtsanwalt als berufsmäßigen Ergänzungsbetreuer für die Betroffene. Als dessen Aufgabenkreis bestimmte es die Erbabwicklung nach dem Tod der Mutter der Betroffenen. Am 16.10.2000 verlängerte es die Betreuer- und Ersatzbetreuerbestellung bis 15.10.205.
Am 4.1.2002 veräußerten die Erben gemeinschaftlich und im Einvernehmen mit dem Ergänzungsbetreuer ein mit einem Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück für 375.799,53 Euro. Die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung hierzu wurde am 20.3.2002 erteilt. Am 20.11.2002 wurde der Anteil der Betroffenen an der Erbengemeinschaft, der zu diesem Zeitpunkt nur noch ein 8.828 qm großer Acker gehörte, im Einvernehmen mit dem Ergänzungsbetreuer für 3.531,18 Euro an die übrigen Erben veräußert. Dieses Geschäft wurde am 18.3.2003 vormundschaftsgerichtlich genehmigt.
Der Ergänzungsbetreuer reichte am 27.2.2002 eine Aufstellung über seine bisherige Tätigkeit ein, deren Umfang er mit insgesamt 73 Stunden und 15 Minuten angab. Unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 38,35 Euro und Hinzurechnung der gesetzlichen Mehrwertsteuer kam er auf einen Gesamtbetrag von 3.258,34 Euro.
Am 21.5.2002 erklärte der Ergänzungsbetreuer fernmündlich ggü. der zuständigen Rechtspflegerin, er beantrage die Festsetzung dieses Betrages gegen die Staatskasse.
Am 22.5.2002 setzte das AG die aus der Staatskasse zu erstattende (Ergänzungs-)Betreuervergütung auf 2.608,47 Euro fest. Die Kürzung des geltend gemachten Betrags beruhte auf der Anwendung eines Stundensatzes von 60 DM bzw. (ab 1.1.2002) 31 Euro; im Übrigen wurde dem Antrag des Ergänzungsbetreuers entsprochen.
Auf die von der Staatskasse hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das LG am 7.2.2002 die zu erstattende Vergütung auf 879,59 Euro festgesetzt, weil die Vergütungsansprüche teilweise verspätet geltend gemacht worden und daher erloschen seien.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Ergänzungsbetreuers.
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig. Insbesondere wurde sie vom LG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen (§ 56 g Abs. 5 S. 2, § 69 e S. 1 FGG) und fristgerecht eingelegt (§ 29 Abs. 2 und 4, § 22 Abs. 1, § 16 Abs. 2 S. 1 FGG).
In der Sache hat sie keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Überprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) stand.
1. Das LG hat ausgeführt, dass der Vergütungsanspruch des Ergänzungsbetreuers für seine Tätigkeit bis 26.11.2000 erloschen sei, weil der Vergütungsantrag dafür erst am 27.2.2002 gestellt wurde. Eine stillschweigende Fristverlängerung liege nicht vor.
2. Nach § 1836 Abs. 2 S. 4 Halbsatz 1, § 1908 i Abs. 1 S. 1 BGB erlischt der Vergütungsanspruch des Berufsbetreuers, wenn er nicht binnen 15 Monaten nach seiner Entstehung beim VormG geltend gemacht wird. Diese Frist ist eine Ausschlussfrist. Sie gehört dem materiellen Recht an und besagt, dass der Anspruch von vornherein unter der Voraussetzung steht, dass er innerhalb der Frist geltend gemacht wird. Geschieht dies nicht, erlischt er von selbst. Der Vergütungsanspruch entsteht jeweils, sobald die einzelne vergütungspflichtige Betreuertätigkeit erbracht ist. Dies führt zu einer tageweisen Berechnung des jeweiligen Vergütungsanspruchs. Die oben genannte Ausschlussfrist beginnt jeweils am folgenden Tag. Der Vergütungsanspruch für den jeweiligen Tag erlischt somit jeweils 15 Monate nach diesem Zeitpunkt (vgl. BayObLG, Beschl. v. 9.4.2003 – 3Z BR 237/02 = BayObLGZ 2003 Nr. 16 m.w.N.).
Nach § 1836 Abs. 2 S. 4 Halbsatz 2 BGB kann das VormG in sinngemäßer Anwendung von § 15 Abs. 3 S. 1 bis 5 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen eine abweichende Frist bestimmen. Die Abweichung kann in einer Verlängerung, aber auch in einer Verkürzung der Frist bestehen (BT-Drucks. 13/7158, 22 und 27; OLG Schleswig v. 2.8.2000 – 3Z BR 180/00, BayObLGReport 2000, 82 = FamRZ 2001, 252; OLG Frankfurt v. 27.8.2001 – 20 W 159/01, MDR 2002, 156). Eine Fristverlängerung läuft dem Interesse der Staatsk...