Entscheidungsstichwort (Thema)
Erwachsenenadoption eines chinesischen Asylbewerbers durch einen deutschen Staatsangehörigen. Begriff des Eltern-Kind-Verhältnisses bei einer Erwachsenenadoption
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Anwendung deutschen Rechts und zur Berücksichtigung des Heimatrechts des Anzunehmenden bei der Adoption eines volljährigen Ausländers (hier: Staatsangehöriger der Volksrepublik China) durch einen deutschen Staatsangehörigen.
2. Zum Begriff des Eltern-Kind-Verhältnisses zwischen den Beteiligten einer Erwachsenenadoption.
3. Die Absicht, den Anzunehmenden vor einer möglicherweise drohenden Abschiebung zu schützen und ihm ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland zu sichern, rechtfertigt die Adoption eines Erwachsenen nicht.
4. Geschäftswert der Erwachsenenadoption.
Normenkette
EGBGB Art. 22, 23 S. 1; BGB § 1767; KostO §§ 30, 98 Abs. 2; FGG §§ 35, 43b Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2; BGB § 1741 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 22.02.1994; Aktenzeichen 13 T 547/94) |
AG Nürnberg (Aktenzeichen XVI 24/93) |
Tenor
I. Die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 22. Februar 1994 werden zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 5.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten haben mit notariell beurkundeten Erklärungen vom 21.4.1993 beim Vormundschaftsgericht beantragt, die Annahme des 1972 geborenen Beteiligten zu 2 als Kind des Beteiligten zu 1 auszusprechen. Der Beteiligte zu 1 ist 1946 in der Volksrepublik China geboren. Er lebt seit 1967 in der Bundesrepublik Deutschland und hat am 3.2.1993 die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung erworben. Er ist von Beruf Koch, unverheiratet und kinderlos. Der Beteiligte zu 2 ist der Sohn einer Cousine des Beteiligten zu 1. Er ist ebenfalls in der Volksrepublik China geboren und besitzt die chinesische Staatsangehörigkeit. Seine Eltern sind verstorben, er hat keine Geschwister, ist unverheiratet und kinderlos. Seit 1990 hält sich der Beteiligte zu 2 als Asylbewerber in Deutschland auf.
Das Vormundschaftsgericht hat am 12.10.1993 die Beteiligten jeweils in Abwesenheit des anderen mündlich angehört. Der Beteiligte zu 1 hat erklärt, er habe seinen Neffen bei Besuchen in seiner Heimat in den Jahren 1975, 1976, 1977 und 1985 gesehen. 1991 oder 1992 habe er durch Verwandte erfahren, daß der Beteiligte zu 2 mittlerweile in der Bundesrepublik Deutschland lebe. Daraufhin habe er ihn in dem Wohnheim besucht, wo er untergebracht sei. Der Beteiligte zu 2 besuche ihn wiederholt, eine Änderung der Aufenthaltserlaubnis sei beantragt. Er habe eine Beziehung zum Beteiligten zu 2 wie zu einem eigenen Kind und wolle, daß er in der Bundesrepublik bleiben dürfe. Andernfalls sei der Beteiligte zu 2 völlig auf sich allein gestellt.
Der unter Hinzuziehung eines Dolmetschers angehörte Beteiligte zu 2 hat erklärt, er habe seinen Onkel erstmals 1985 in seiner Heimat getroffen und kennengelernt. Seine Eltern seien 1989 bei einem Massaker in Peking ums Leben gekommen. Etwa im September 1990 sei er durch Schleuser in die Bundesrepublik Deutschland gekommen, 1991 habe er aus Briefen Verwandter erfahren, daß sein Onkel, der Beteiligte zu 1, in Deutschland lebe. Man habe sodann Kontakt aufgenommen und sein Onkel habe ihn ab und zu besucht. Seit etwa einem Monat wohne er bei seinem Onkel und besuche eine Sprachenschule in N. Durch die Adoption solle die Beziehung zwischen ihm und seinem ebenfalls alleinstehenden Onkel verfestigt werden, man wolle sich gegenseitig unterstützen und Hilfe leisten. Er habe vor seinem Onkel Respekt wie vor einem Vater und wolle in N. mit ihm zusammenleben.
Das Vormundschaftsgericht hat durch Beschluß vom 25.10.1993 den Adoptionsantrag zurückgewiesen, weil die Annahme als Kind sittlich nicht gerechtfertigt sei. Zwischen den Beteiligten sei ein Eltern-Kind-Verhältnis nicht entstanden und auch nicht zu erwarten. Bei der Anhörung sei deutlich geworden, daß es den Antragstellern in erster Linie darum gehe, den Beteiligten zu 2 vor einer evtl. drohenden Abschiebung zu schützen, falls sein Asylgesuch abgelehnt werden sollte, und ihm ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland zu sichern. Die Beteiligten seien bis zur gerichtlichen Anhörung davon ausgegangen, der Anzunehmende werde durch die Adoption die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben. Beide hätten zwar erklärt, auch ohne diese an sich gewünschte Rechtsfolge an der Adoption festhalten zu wollen. Nach der Überzeugung des Vormundschaftsgerichts seien jedoch Hoffnungen auf eine ausländerrechtliche Besserstellung des Beteiligten zu 2 bestehen geblieben.
Die Beschwerde der beiden Beteiligten ist durch Beschluß des Landgerichts vom 22.2.1994 zurückgewiesen worden. Hiergegen richten sich ihre weiteren Beschwerden.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässigen Rechtsmittel haben keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Kammer folge den Gründen der angefochtenen Entscheidung und ma...