Leitsatz (amtlich)

1. Wird ein Vertreter, der seine Bevollmächtigung ordnungsmäßig nachweisen kann, vom Vorsitzenden einer Eigentümerversammlung zurückgewiesen, so sind die in der Versammlung gefassten Beschlüsse anfechtbar, sofern die nicht abgegebene oder nicht berücksichtigte Stimme erheblich war.

2. Zur Vollständigkeit einer Jahresabrechnung gehört, dass der Stand der gemeinschaftlichen Konten, insb. der Instandhaltungsrücklage und der Zinsbeträge, ausgewiesen ist. Das Fehlen solcher Bestandteile führt aber in der Regel nicht dazu, den Eigentümerbeschluss über die Jahresgesamt- und Einzelabrechnung für ungültig erklären zu müssen. Die fehlenden Angaben sind vielmehr nachholbar.

3. Die Entlastung ehrenamtlicher Mitglieder des Verwaltungsbeirats entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn nicht erkennbar ist, dass Schadensersatzansprüche bestehen.

4. Ein Beschluss der Wohnungseigentümer, der den Verwalter zur Kreditaufnahme bevollmächtigt, entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn sich der Kreditbetrag im Verhältnis zur Summe der Hausgeldzahlungen aller Wohnungseigentümer in einem bestimmten Rahmen hält und der Kredit zur Überbrückung eines kurzfristigen Liquiditätsengpasses dient.

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 18.02.2004; Aktenzeichen 1 T 4442/03)

AG München (Aktenzeichen 482 UR II 596/02)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des LG München I vom 18.2.2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 11.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin, eine BGB-Gesellschaft, und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

Die Antragstellerin hat, soweit es für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung ist, beantragt, die Eigentümerbeschlüsse vom 3.5.2002 zu folgenden Tagesordnungspunkten (TOP) für ungültig zu erklären:

TOP 1c: Genehmigung der Wohngeldeinzel- und Gesamtabrechnung 2001,

TOP 1e: Entlastung des Verwaltungsbeirats für das Wirtschaftsjahr 2001,

TOP 2: Genehmigung des Gesamtwirtschaftsplans 2002/2203 und des Einzelwirtschaftsplans 2002 "C", jeweils i.d.F. vom 12.4.2002,

TOP 4: Antrag auf Einräumung eines Überziehungskredits bis zu Höhe von 7.500 Euro,

TOP 5: Verlängerung des Verwaltervertrags für die Zeit vom 1.1.2003 bis 31.12.2007.

Das AG hat mit Beschluss vom 12.2.2003 die Anträge abgewiesen. Das LG hat am 18.2.2004 die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.

II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das LG hat ausgeführt:

a) Die Antragstellerin sei als Verfahrensstandschafterin ihrer Gesellschafter verfahrensbefugt. Die Eigentümerbeschlüsse seien formell ordnungsmäßig zustande gekommen.

Die Verwalterin sei zur Einberufung der Versammlung befugt gewesen. Durch den Eigentümerbeschluss vom 11.12.2001, durch den nur die Aufhebung des Verwaltervertrages beschlossen worden sei, die aber vom Abberufungsakt zu unterscheiden sei, habe sie ihre Verwalterstellung nicht verloren. Abgesehen davon sei sie durch den bestandskräftigen Eigentümerbeschluss vom 23.1.2002, durch den der Verwaltervertrag bis zum 31.12.2002 verlängert worden sei, zur wirksamen Einberufung der Eigentümerversammlung berechtigt gewesen.

Unerheblich sei, dass die Verwalterin die Vollmacht des Miteigentümers R. bei der Abstimmung in der Eigentümerversammlung nicht berücksichtigt habe. Die Vollmacht sei erst nach Versammlungsbeginn übermittelt worden. Es sei aber Sache jedes einzelnen Eigentümers, dafür zu sorgen, dass eine Vollmacht rechtzeitig vor Beginn der Versammlung vorliege. Abgesehen davon hätte auch die Berücksichtigung der Stimme des Miteigentümers R. angesichts der Mehrheitsverhältnisse das Abstimmungsergebnis nicht beeinflusst.

b) Auch inhaltlich seien die angefochtenen Eigentümerbeschlüsse nicht zu beanstanden.

Das Fehlen der Angaben über die Kontenstände mache die Jahresabrechnung nicht urwirksam; diese Angaben könnten nachgeholt werden.

Der Zeitraum, auf den sich die Heizkostenabrechnung beziehe, müsse nicht mit dem Zeitraum identisch sein, auf den sich die Gesamtjahresabrechnung erstrecke, da die Heizperiode häufig nicht identisch sei mit dem Kalenderjahr. Hier sei der verkürzte Abrechnungszeitraum für die Heizkosten vom 1.5.2001 bis 31.12.2001 im Übrigen darauf zurückzuführen, dass die Heizperiode und der Abrechnungszeitraum der Jahresabrechnung in Zukunft angepasst werden sollten.

Der Entwurf des Wirtschaftsplans habe der Antragstellerin bereits vor der Eigentümerversammlung vorgelegen. Sie habe ihn deshalb auch überprüfen können. Dort sei ein Betrag für Instandhaltung/Reparaturen i.H.v. 2.400 Euro eingestellt. Eine genaue Aufschlüsselung und Benennung von möglichen Reparaturen- und Instandhaltungskosten sei nicht möglich.

Der Beschluss, zur Überbrückung von Wohngeldrück...

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