Leitsatz (amtlich)

1. Wird die Eigentümerversammlung durch einen Wohnungseigentümer einberufen, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen des § 24 Abs. 3 WEG vorliegen, führt dies im Allgemeinen nicht zur Nichtigkeit, sondern nur zur Anfechtbarkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse.

2. Die Bestellung eines Notverwalters durch das Gericht hat in einer Gemeinschaft ohne Verwalter nicht zur Voraussetzung, dass zuvor erfolglos durch eine Eigentümerversammlung versucht wurde, einen Verwalter zu bestellen.

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Beschluss vom 14.04.2004; Aktenzeichen 4 T 14/04)

AG Rosenheim (Aktenzeichen 40 UR II 82/03)

 

Tenor

I. Die sofortigen weiteren Beschwerden des Antragstellers und der Antragsgegner gegen den Beschluss des LG Traunstein vom 14.4.2004 werden zurückgewiesen.

II. Von den Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben der Antragsteller 2/3 und die Antragsgegner, diese als Gesamtschuldner, 1/3 zu tragen. Außergerichtliche Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.822 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegner, ein Ehepaar, sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, deren gerichtlich bestellte Notverwalterin seit 3.12.2003 die weitere Beteiligte ist. Der Antragsteller hält einen Miteigentumsanteil von 43,61/100, die Antragsgegner gemeinschaftlich einen solchen von 56,39/100. Über das Stimmrecht enthält die Teilungserklärung keine vom Gesetz abweichende Regelung. Ein Verwalter war im Mai/Juni 2003 nicht bestellt.

Am 5.6.2003 fand eine Eigentümerversammlung statt, zu der die Antragsgegner den Antragsteller per Einwurf-Einschreiben geladen hatten. In Abwesenheit des Antragstellers fassten die Antragsgegner unter Anwendung des Wertprinzips verschiedene Beschlüsse. Für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung sind die Beschlüsse zu Tagesordnungspunkten 5 und 7, nach denen dem Antragsgegner zu 1) eine Vergütungspauschale für Hausmeisterdienste zuerkannt und der Antragsteller aufgefordert wurde, einen Hagelschaden am Dachfenster zu beseitigen.

Der Antragsteller hat am 11.8.2003 beim Wohnungseigentumsgericht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Anfechtung der Eigentümerbeschlüsse vom 5.6.2003 begehrt und beantragt, sämtliche Beschlüsse in dieser Versammlung für ungültig zu erklären. Er hat zunächst vorgetragen, weder eine Einladung zur Eigentümerversammlung noch eine Niederschrift über die gefassten Beschlüsse erhalten zu haben. Vielmehr habe er erst durch Zufall in einem anderen gerichtlichen Verfahren davon Kenntnis erlangt, dass am 5.6.2003 eine Eigentümerversammlung mit Beschlussfassung stattgefunden habe. Schließlich hat er noch ergänzend den weiteren Antrag gestellt, einen Notverwalter zu bestellen. Das AG hat mit Beschluss vom 3.12.2003 für die Wohnanlage einen Notverwalter bestellt und die sofortige Wirksamkeit seines Beschlusses insoweit angeordnet. Im Übrigen hat es den Antrag auf Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse abgewiesen. Hiergegen haben der Antragsteller wie die Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt. Der Antragsteller hat nunmehr richtig gestellt, die Einladung samt Tagesordnung zur Eigentümerversammlung vom 5.6.2003 erhalten zu haben. Das LG hat mit Beschluss vom 14.4.2004 die sofortigen Beschwerden zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richten sich die sofortigen weiteren Beschwerden des Antragstellers und der Antragsgegner.

II.1. Das Rechtsmittel des Antragstellers ist zulässig. Auch die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner ist als selbständiges Rechtsmittel zulässig, weil die Rechtsmittelschrift ihres Bevollmächtigten, jedenfalls in Zusammenschau mit den Akten, noch innerhalb der 2-wöchigen-Frist nach § 29 Abs. 4 FGG i.V.m. § 22 Abs. 1 FGG die Rechtsmittelführer hinreichend erkennen ließ (vgl. KG FGPrax 1998, 135 [136]; Meyer/Holz in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 29 Rz. 32).

2. Die sofortigen weiteren Beschwerden haben keinen Erfolg.

a) Das LG hat ausgeführt:

Die in der Versammlung vom 5.6.2003 gefassten Beschlüsse seien keine Nichtbeschlüsse und auch keine nichtigen Beschlüsse. Deshalb könnten sie nur auf rechtzeitigen Antrag hin für ungültig erklärt werden. Die Monatsfrist des § 23 Abs. 4 S. 2 WEG sei jedoch verstrichen; die Beschlüsse seien somit bestandskräftig geworden.

In einer Zweiergemeinschaft könne auch dann von einer Versammlung der Wohnungseigentümer gesprochen werden, wenn nur einer der Wohnungseigentümer an ihr teilnehme. Das müsse schon deshalb gelten, weil andernfalls ein Wohnungseigentümer es in der Hand hätte, durch regelmäßige Abwesenheit eine Beschlussfassung unmöglich zu machen. Notwendig sei aber, dass die Versammlung ordnungsgemäß einberufen und zu ihr ordnungsgemäß geladen worden sei. Denn eine bloße Zusammenkunft von Wohnungseigentümern genüge für eine Beschlussfassung ebenso wenig wie eine Versammlung, die ein beliebiger Dritter einberufen habe. Werde die Ve...

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