Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Entscheidung darüber, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dem Nachlaßpfleger gemäß § 1960 Abs. 2 i.V.m. § 1915 Abs. 1, § 1836 Abs. 1 BGB eine Vergütung zu bewilligen ist, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Nachlaßgerichts und des im Beschwerdeverfahren an seine Stelle tretenden Landgerichts. Das Gericht der weiteren Beschwerde hat die vom Gericht der Tatsacheninstanz getroffene Ermessensentscheidung nur in engen Grenzen zu überprüfen, nämlich ob es von seinem Ermessen einen rechtlich fehlerhaften, dem Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufenden Gebrauch gemacht hat, von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist oder wesentliche Umstände unerörtert gelassen hat.

 

Normenkette

FGG § 27 Abs. 1; ZPO § 550; BGB § 1960 Abs. 2, § 1915 Abs. 1, § 1836 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 09.11.1995; Aktenzeichen 16 T 16734/95)

AG München (Aktenzeichen 66 VI 15747/93)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3 gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 9. November 1995 wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 3 hat die den Beteiligten zu 1 und 2 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 5 850 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Erblasser war geschieden. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind seine Töchter. Der Erblasser hinterließ Geldvermögen in Höhe von rund 102 000 DM; der Reinnachlaß beträgt rund 93 000 DM.

Das Nachlaßgericht ordnete mit Beschluß vom 25.11.1993 Nachlaßpflegschaft an und bestellte den Beteiligten zu 3, einen Rechtsanwalt, zum Nachlaßpfleger mit dem Wirkungskreis der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie der Erbenermittlung. Der Beteiligte zu 3 durchsuchte die Wohnung des Erblassers, schloß einen Mietaufhebungsvertrag und veranlaßte die Räumung sowie die Versteigerung des Hausrats. Ferner verwaltete er das Geldvermögen des Erblassers, korrespondierte mit Nachlaßgläubigern und ermittelte die Beteiligte zu 1 als gesetzliche Erbin.

Am 6.6.1994 wurde den Beteiligten zu 1 und 2 ein Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge erteilt, am 28.6.1994 wurde die Nachlaßpflegschaft aufgehoben. Mit Beschluß vom 6.6.1994 setzte das Nachlaßgericht für die Tätigkeit des Beteiligten zu 3 als Nachlaßpfleger seinem Antrag entsprechend eine Vergütung von 9 850 DM fest. Hiergegen legten die Beteiligten zu 1 und 2 Beschwerde ein. Das Landgericht zog die Handakten des Beteiligten zu 3 bei. Mit Beschluß vom 9.11.1995 setzte es die Vergütung des Nachlaßpflegers auf 4 000 DM herab. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3, deren Ziel die Wiederherstellung der Entscheidung des Nachlaßgerichts ist. Die Beteiligten zu 1 und 2 treten dem Rechtsmittel entgegen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das zulässige Rechtsmittel des gemäß § 29 Abs.4, § 20 Abs.1 FGG als ehemaliger Nachlaßpfleger beschwerdeberechtigten (vgl. BayObLG FamRZ 1991, 861) Beteiligten zu 3 hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Das Amt des Pflegers sei zwar grundsätzlich unentgeltlich zu führen, jedoch könne das Nachlaßgericht nach seinem Ermessen eine angemessene Vergütung bewilligen, insbesondere wenn das Nachlaßvermögen sowie Umfang und Bedeutung der Geschäfte eine Entschädigung für die in fremdem Namen aufgewendete Zeit und Mühe rechtfertigten. Die Gewährung einer Vergütung für die Tätigkeit des Beteiligten zu 3 erscheine gerechtfertigt, allerdings nicht in der festgesetzten Höhe. Ausgehend von einem Aktivnachlaß von rund 100 000 DM und einer Dauer der Nachlaßpflegschaft von rund 6 1/2 Monaten halte die Kammer eine Vergütung in Höhe von ca. 4 % des Aktivnachlasses für gerechtfertigt. Unter Berücksichtigung des Reinnachlasses und des Arbeitsaufwands, der sich aus den sorgfältig geordneten Handakten und dem Vorbringen des Beteiligten zu 3 ergebe, erscheine eine Vergütung von 4 000 DM angemessen. Dabei seien auch die Mühen und Erschwernisse berücksichtigt, die mit der Durchsuchung und Räumung der verwahrlosten Wohnung des Erblassers verbunden gewesen seien, ferner der Zeitaufwand für den vom Beteiligten zu 3 geführten Schriftwechsel.

2. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs.1 FGG, § 550 ZPO) stand.

a) Die Entscheidung darüber, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dem Nachlaßpfleger gemäß § 1960 Abs.2 i.V.m. § 1915 Abs.1, § 1836 Abs.1 BGB eine Vergütung zu bewilligen ist, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Nachlaßgerichts und des im Beschwerdeverfahren an seine Stelle tretenden Landgerichts. Das Gericht der weiteren Beschwerde hat die vom Gericht der Tatsacheninstanz getroffene Ermessensentscheidung nur in engen Grenzen zu überprüfen, nämlich ob es von seinem Ermessen einen rechtlich fehlerhaften, dem Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufenden Gebrauch gemacht hat, von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist oder wese...

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