Leitsatz (amtlich)
1. Im Güterstand der Gütergemeinschaft ist der Anspruch eines Ehegatten ggü. dem anderen Ehegatten auf Mitwirkung zu Maßregeln, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Gesamtgutes erforderlich sind, während bestehender Ehe (§ 1451 BGB) mit dem nach rechtskräftiger Ehescheidung (§ 1472 Abs. 3 BGB) identisch.
2. Auch in Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt der Grundsatz, wonach das Beschwerdegericht, welches über eine Beschwerde in der Hauptsache zu entscheiden hat, grundsätzlich nicht mehr prüft, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist (§ 17a Abs. 5 GVG).
3. An dem Tag, an welchem die Rechtskraft der Ehescheidung eintritt, wird der Stand der Verbindlichkeiten fixiert, den das Gesamtgut einer Gütergemeinschaft aufweist. Danach können neue Verbindlichkeiten zu Lasten des Gesamtgutes grundsätzlich nicht mehr begründet werden.
Normenkette
BGB §§ 1451, 1472 Abs. 3; GVG § 17 Abs. 1, § 17a Abs. 5
Verfahrensgang
LG Ansbach (Beschluss vom 08.05.2003; Aktenzeichen 4 T 196/03) |
AG Ansbach (Aktenzeichen X 15/01) |
Tenor
I. Der Beschluss des LG Ansbach vom 8.5.2003 wird aufgehoben.
II. Die Sache wird zu erneuter Behandlung und Entscheidung an das LG Ansbach zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien sind seit 15.6.2002 rechtskräftig geschiedene Eheleute. Sie hatten durch notariellen Ehevertrag den Güterstand der Gütergemeinschaft mit gemeinsamer Verwaltung des Gesamtgutes vereinbart. Der Antragsteller hat das landwirtschaftliche Anwesen, in welchem sich die gemeinsame Ehewohnung befand, in das Gesamtgut eingebracht. Seit der Antragsteller Anfang 1998 aus der Ehewohnung ausgezogen ist, lebt die Antragsgegnerin mit den drei gemeinsamen Kindern in diesem Haus in der früheren Ehewohnung. Im Obergeschoss wohnten zunächst die Eltern des Antragstellers; seit ihrem Auszug im März 1998 steht diese Wohnung leer. Der Antragsteller bewirtschaftet neben seinem Hauptberuf das landwirtschaftliche Anwesen. Nach Ehescheidung hat er durch Erklärung ggü. der Antragsgegnerin vom 9.1.2003 seinen Anspruch auf Übernahme des von ihm eingebrachten Anwesens gegen Leistung von Wertersatz geltend gemacht.
Am 3.9.2001 beantragte der Antragsteller beim AG, die Zustimmung der Antragsgegnerin zu ersetzen zur Errichtung einer Außentreppe zum ersten Obergeschoss des Wohnhauses durch einen Zimmerer zum Preis von maximal 6.000 DM inkl. Mehrwertsteuer auf Kosten der Gütergemeinschaft, hilfsweise, die Zustimmung der Antragsgegnerin zur Errichtung einer Außentreppe zum ersten Obergeschoss durch den Antragsteller zu ersetzen mit der Maßgabe, dass der Gütergemeinschaft der Parteien mit Ausnahme der Verwendung von bereits im landwirtschaftlichen Anwesen vorhandenem Bauholz hierdurch keine Kosten entstehen. Dem Hilfsantrag gab das AG am 6.2.2003 statt.
Auf die hiergegen eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin hat das LG am 8.5.2003 den Beschluss des AG aufgehoben und die Anträge zurückgewiesen.
Mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde will der Antragsteller die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses erreichen.
II. Das Rechtsmittel ist zulässig (§§ 27 Abs. 1, 21 Abs. 2 FGG) und führt in der Sache zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und zur Zurückverweisung an das LG.
1. Das LG hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:
Die Voraussetzungen für die Ersetzung der Zustimmung lägen nicht mehr vor. Mit Rechtskraft des Scheidungsurteils ende die Gütergemeinschaft. Zwar bestehe bis zur endgültigen Auseinandersetzung eine Liquidationsgemeinschaft, deren Verwaltung richte sich aber nach § 1472 BGB. Bei dieser bestehe keine Möglichkeit der Ersetzung der Zustimmung durch das VormG, sondern nur die Möglichkeit, Klage auf Mitwirkung zu erheben. Hierbei handele es sich nicht um eine Frage der Zuständigkeit des VormG, vielmehr sei der Anspruch auf Ersetzung der Zustimmung mit Ehescheidung entfallen. Der Verfahrensgegenstand der Zustimmungsersetzung sei auch nicht identisch mit dem Anspruch gegen den früheren Ehegatten auf Zustimmung, was § 894 ZPO zeige.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das LG hat die Identität der materiell-rechtlichen Ansprüche zu Unrecht verneint und deshalb unzutreffend eine Entscheidung über den vom Antragsteller geltend gemachten Anspruch abgelehnt.
a) Die zwischen den Parteien vereinbarte Gütergemeinschaft mit gemeinschaftlicher Verwaltung des Gesamtgutes durch beide Ehegatten (§§ 1450 ff. BGB) ist durch die rechtskräftige Ehescheidung am 15.6.2002 beendet worden (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 62. Aufl., § 1415 Rz. 2). Bis zur Auseinandersetzung der Gütergemeinschaft besteht diese in Form einer Liquidationsgemeinschaft weiter (§§ 1471, 1419 BGB). gem. § 1451 BGB ist während bestehender Ehe jeder Ehegatte dem anderen ggü. verpflichtet, zu Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Gesamtgutes erforderlich sind. Nach der Ehescheidung wird – gleichgültig, in welc...