Entscheidungsstichwort (Thema)
Abweichende Regelung der Bewirtschaftungskosten
Leitsatz (amtlich)
1. Ermächtigt die Gemeinschaftsordnung den Verwalter, bei gewerblicher oder beruflicher Nutzung von Wohnungen die Instandhaltungs- und Bewirtschaftungskosten abweichend von dem sonst vorgegebenen Maßstab nach den Miteigentumsanteilen höher oder niedriger festzusetzen, ist diese Klausel dahin auszulegen, dass der Verwalter vorbehaltlich der Beschlussfassung der Wohnungseigentümer über die Jahresabrechnung im Einzelfall einen abweichenden Verteilungsmaßstab anlegen kann. Dieser steht ähnlich einer Öffnungsklausel unter dem Vorbehalt, dass dafür ein sachlicher Grund vorliegt und einzelne Wohnungseigentümer ggü. dem üblichen Verteilungsschlüssel nicht unbillig benachteiligt werden. Das Vorliegen der Voraussetzungen hat das Gericht im Beschlussanfechtungsverfahren zu überprüfen.
2. Bei Fehlen jeglicher Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung des amtierenden Verwalters und für Schadensersatzansprüche gegen diesen widerspricht ein Entlastungsbeschluss der Wohnungseigentümer nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung (BGH, Beschl. v. 17.7.2003 – V ZB 11/03, BGHReport 2003, 1189 = MDR 2003, 1222 = ZMR 2003, 570; a.A. noch BayObLG BayObLGZ 2002, 417; BayObLGZ 2003, 53 [56]).
Verfahrensgang
LG Augsburg (Beschluss vom 16.05.2003; Aktenzeichen 7 T 5446/02) |
AG Augsburg (Aktenzeichen 3 UR II 107/02 WEG) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Augsburg vom 16.5.2003 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die gerichtlichen und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten, ebenfalls Wohnungseigentümerin in der Anlage, verwaltet wird. Der Antragsteller betreibt seit November 1991 im (zweiten) Stockwerk eines der beiden Wohngebäude eine Zahnarztpraxis.
Die Gemeinschaftsordnung enthält in § 9 Regelungen zu den Teil- und Bewirtschaftungskosten. Diese sind grundsätzlich im Verhältnis der Miteigentumsanteile auf die einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer umzulegen. Bei gewerblicher oder beruflicher Nutzung von Wohnungen kann der Verwalter diesen Kostenbeitrag abweichend von den Miteigentumsanteilen dieser Wohnungen höher oder niedriger festsetzen (§ 9 Nr. 4, Abs. 3).
Die Wohnungseigentümer fassten in ihrer Versammlung vom 4.6.2002 u.a. folgende Beschlüsse:
Zu Tagesordnungspunkt (TOP) 2
a) Genehmigung der Jahresabrechnung für das Wirtschaftsjahr 2001,
b) Entlastung der Verwaltung für das Wirtschaftsjahr 2001,
c) Genehmigung des Wirtschaftsplans 2002;
zu TOP 3
Neubestellung der bisherigen Verwalterin (der weiteren Beteiligten) für die Zeit vom 1.1.2003 bis 31.12.2007;
zu TOP 4 a)
Beauftragung der Verwaltung, den Auftrag zur Erneuerung des Bodenbelags im Treppenhaus zu vergeben;
zu TOP 4 b)
Beauftragung der Verwaltung, die Reinigung der Grund- und Fallrohre im Gemeinschaftseigentum zu vergeben;
zu TOP 5)
weiteres Vorgehen gegen eine benachbarte Gaststätte wegen Störungen:
Beauftragung der Verwaltung, außergerichtlich und ggf. auch gerichtlich einzuschreiten.
Der Antragsteller hat beim AG beantragt, die gefassten Beschlüsse für ungültig zu erklären. Das AG hat mit Beschluss vom 29.11.2002 den Antrag abgewiesen, das LG die sofortige Beschwerde am 16.5.2003 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.
II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das LG hat ausgeführt:
Die Belastung des Antragstellers mit einem Festbetrag von 470,40 DM bei den Müllgebühren in der Hausgeldabrechnung 2001 sei rechtmäßig. Die Stadt A. habe das Grundstück auf Grund ihrer Gebührensatzung nicht mehr wie früher nach dem niedrigeren Personenmaßstab, sondern nach dem höheren Behältermaßstab veranlagt. Auslösend dafür sei gewesen, dass der Antragsteller in der Wohnanlage die zahnärztliche Praxis betreibe. Dafür werde das Teileigentum des Antragstellers nicht mehr anteilsmäßig bei den restlichen Müllgebühren mitberücksichtigt. Die Differenz zwischen der Abrechnung nach einem Festbetrag (470,40 DM) und nach Miteigentumsanteilen (453,01 DM) mache im Jahr 2001 lediglich 17,39 DM aus. Es sei auch nicht richtig, dass die Hausverwaltung fehlerhafte Abfallgebührenbescheide zu Lasten der Wohnungseigentümer hinnehme. Der Antragsteller habe nämlich für die Abfälle seiner Praxis keinen ausreichenden privaten Entsorgungsnachweis vorgelegt, der die Voraussetzung dafür sei, nach dem günstigeren Personenmaßstab abrechnen zu können. Die zusätzliche Belastung des Antragstellers werde schließlich auch von der Teilungserklärung gedeckt. Dass ein anderer Wohnungseigentümer in der Anlage nicht gleichermaßen abweichend behandelt werde, sei gerechtfertigt.
Der Wirtschaftsplan 2002 beruhe auf der Jahresabrechnung 2001 und enthalte demnach zutreffe...