Leitsatz (amtlich)
1. Erlässt der Rechtspfleger einen Vorbescheid, mit dem er die Genehmigung eines von den Eltern für den Minderjährigen abgeschlossenen Grundstückskaufs ankündigt (BVerfG v. 18.1.2000 - 1 BvR 321/96, BVerfGE 101, 397 ff. = MDR 2000, 655 = CR 2000, 725 = NJW 2000, 1709 [1710]), ist zur Wahrung des rechtlichen Gehörs des Minderjährigen ein Verfahrenspfleger zu bestellen.
2. Hat die Staatskasse Aufwendungsersatz oder Vergütung des Verfahrenspflegers gezahlt, kann sie bei dem Minderjährigen auch durch Kostenansatz Regress nehmen. In diesem Verfahren ist die Höhe des Aufwendungsersatzes oder der Vergütung eigenständig zu überprüfen.
3. Allein der Umstand, dass ein Rechtsanwalt zum berufsmäßigen Verfahrenspfleger bestellt wurde, berechtigt diesen nicht zur Abrechnung auf der Grundlage der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung.
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 29.04.2004; Aktenzeichen 6 T 631/04) |
Tenor
I. Der Beschluss des LG München II v. 29.4.2004 wird aufgehoben.
II. Die Sache wird zur neuen Behandlung und Entscheidung an das LG München II zurückverwiesen.
Gründe
I. Der minderjährige Beteiligte erwarb zu notarieller Urkunde v. 25.5.2001 zwei verpachtete, als Grünland und Wasserfläche beschriebene, zusammen rund 37.000 m2 große Grundstücke zum Preis von 100.000 DM. In einer weiteren notariellen Urkunde vom selben Tag versprach sein Großvater, ihm diesen Betrag zu schenken, der Beteiligte räumte im Gegenzug dem Großvater den Nießbrauch an den Grundstücken bis zu dessen Ableben, längstens jedoch bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres des Beteiligten ein. Der Minderjährige wurde bei allen Geschäften durch seine Eltern vertreten. Ein für die Schenkung und Nießbrauchsbestellung zum Ergänzungspfleger bestellter Onkel des Beteiligten genehmigte am 24.10.2001 die Rechtsgeschäfte mit dem Großvater. Am 9.11.2001 bestellte das VormG eine Rechtsanwältin als berufsmäßige Verfahrenspflegerin zur Prüfung der Rechtsmitteleinlegung gegen den Vorbescheid, mit dem es am 13.11.2001 die Genehmigung aller beurkundeten Rechtsgeschäfte in Aussicht stellte. Am 29.11.2001 erteilte das Gericht diese Genehmigung.
Mit Schriftsatz v. 6.12.2001 forderte die Verfahrenspflegerin eine auf der Grundlage von § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO errechnete Vergütung von 1.911,45 DM von dem Großvater des Beteiligten ein, der sich in dem Kaufvertrag zur Übernahme von Genehmigungskosten verpflichtet hatte. Nachdem dieser sich hiergegen wehrte, setzte das AG am 10.10.2002 den eingeforderten, jetzt umgerechneten Betrag von 977,31 Euro als aus der Staatskasse zu zahlenden Aufwendungsersatz der Verfahrenspflegerin fest. Die Staatskasse verlangte nach Auszahlung mit Kostenansatz v. 14.10.2002 (= Kostenrechnung v. 21.10.2002) von dem Beteiligten die Erstattung des verauslagten Betrags. Die Erinnerung des Beteiligten hiergegen, vertreten wie auch im weiteren Verlauf durch seinen Vater, der auch namens der Mutter handelte, wies das AG am 9.1.2004 zurück. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Beteiligten hat das LG am 29.4.2004 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten.
II. Die weitere Beschwerde ist zulässig. Sie wurde vom LG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen (§ 14 Abs. 3 S. 2 KostO a.F., § 163 KostO n.F.). In der Sache führt das Rechtsmittel zur Aufhebung der Entscheidung des LG und zur Zurückverweisung dorthin.
1. Das LG hat in Übereinstimmung mit dem AG ausgeführt, die Erstattung der verauslagten Vergütung für die Verfahrenspflegerin habe mittels Kostenansatz von dem Beteiligten, der Interessenschuldner sei, eingefordert werden können. Eine gerichtliche Entscheidung nach § 56g Abs. 1 S. 2 oder 3 FGG sei nicht erforderlich gewesen. Die Bestellung der Verfahrenspflegerin sei rechtmäßig und sachlich geboten gewesen. Durch die Entscheidung des BVerfG zur verfassungskonformen Auslegung der §§ 62, 55 FGG sei die Rechtspflegerin gehalten gewesen, einen Vorbescheid zu erlassen, bevor sie die Rechtsgeschäfte des Beteiligten genehmigte. Zur Wahrung der Rechte des Beteiligten habe ein Verfahrenspfleger bestellt werden müssen, der zu überprüfen hatte, ob der Vorbescheid mit Rechtsmitteln angegriffen werden sollte. Die Vergütung des berufsmäßigen Verfahrenspflegers richte sich zwar grundsätzlich nach dem Stundensatz, den § 1 BVormVG nennt. Hier sei aber anwaltsspezifische Tätigkeit angefallen. Die zu genehmigenden Rechtsgeschäfte hätten sich auf Vermögenswerte von 100.000 DM bezogen, so dass sie nicht mehr als Bagatelle gelten könnten. Somit habe die Vergütung auf der Grundlage der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) und dieses Geldbetrags berechnet werden dürfen. Der Beteiligte sei schließlich vermögend. Zwar sei es bedenklich, insoweit die erworbenen Grundstücke zu berücksichtigen, deren Verwertung dem Genehmigungszweck zuwiderlaufe. Berücksichtigungsfähig sei jedoch der Freistellungsanspruch des Beteiligten gegen seinen Großvater, der im Kaufvertrag beg...