Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Auslegung von Eigentümerbeschlüssen
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen UR II 329/90) |
LG München I (Aktenzeichen 1 T 20 803/90) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluß des Landgerichts München I vom 6. August 1991 mit Ausnahme der Geschäftswertfestsetzung aufgehoben.
II. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Amtsgerichts München vom 4. Oktober 1990 wird zurückgewiesen.
III. Die Antragsteller haben samtverbindlich die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerde- und des Beschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 15 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Antragsteller und Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage; die weitere Beteiligte ist Verwalterin. Die Antragstellerin zu 1 errichtete das Haus, in dem ihr noch mehrere Wohnungen gehören, als Bauträgerin; auch dem Geschäftsführer ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin gehören noch Wohnungen in der Anlage.
Am 6.5.1988 ermächtigten die Wohnungseigentümer durch Beschluß den Verwalter und den Verwaltungsbeirat, einen Sachverständigen mit der Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums zu beauftragen. Das dabei verfaßte Gutachten sollte Grundlage für die Einleitung eines Beweissicherungsverfahrens (jetzt: selbständiges Beweisverfahren) gegen die Antragstellerin zu 1, dieses wiederum Grundlage für die Durchsetzung von Fertigstellungs- und Mängelbeseitigungsansprüchen sein. Weiter ermächtigten die Wohnungseigentümer den Verwalter, alle außergerichtlichen und gerichtlichen Maßnahmen zur Beweissicherung einzuleiten und einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Die Kosten sollten durch eine Sonderumlage aufgebracht werden.
Die Niederschrift über die Eigentümerversammlung vom 30.3.1990 enthält zu Tagesordnungspunkt 10 (Beschlußfassung zur Finanzierung weiterer Kosten des Beweissicherungsverfahrens gegen die am Bau Beteiligten …) folgende Feststellungen:
Im Rahmen des Beweissicherungsverfahrens gegen die am Bau Beteiligten werden auf die Eigentümer noch weitere Kosten entfallen. Um diese Kosten abdecken zu können, ist eine Sonderumlage in Höhe von DM 15 000 DM erforderlich.
Beschlußantrag: Die Gemeinschaft möge eine Sonderumlage in Höhe von DM 15 000 beschließen, die für die weitere Finanzierung der Kosten des Beweissicherungsverfahrens gegen die am Bau Beteiligten benötigt wird. Der Verwalter fordert diese Umlage schriftlich und mit 14tägiger Frist von den Eigentümern an. Fälligkeit entsteht mit Abruf des Verwalters.
Der Antrag wurde mit Stimmenmehrheit angenommen.
Die Antragsteller haben am 30.4.1990 beantragt, den Eigentümerbeschluß zu Tagesordnungspunkt 10 der Versammlung vom 30.3.1990 für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat den Antrag mit Beschluß vom 4.10.1990 abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller hat das Landgericht mit Beschluß vom 6.8.1991 diese Entscheidung aufgehoben und den Eigentümerbeschluß antragsgemäß für ungültig erklärt. Die Antragsgegner haben sofortige weitere Beschwerde eingelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Das zulässige Rechtsmittel der Antragsgegner führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und zur Wiederherstellung des den Antrag abweisenden Beschlusses des Amtsgerichts.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der Eigentümerbeschluß entspreche an sich ordnungsmäßiger Verwaltung. Er sei jedoch rechtlich fehlerhaft, weil er den Verteilungsschlüssel nicht festlege. Dieser ergebe sich auch nicht aus dem vorangegangenen Eigentümerbeschluß vom 6.5.1988.
Außerdem lasse der Beschluß vom 30.3.1990 nicht eindeutig erkennen, wer die Sonderumlage zu tragen habe. Die Antragsteller gingen davon aus, daß sie alle Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile treffen solle, und sähen in der Verpflichtung der Antragstellerin zu 1 und der Wohnungseigentümer, die dem Beschluß nicht zugestimmt haben, einen Anfechtungsgrund. Gerade dann aber würde der Eigentümerbeschluß ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Doch lasse sich ihm nicht mit der nötigen Eindeutigkeit entnehmen, daß alle Wohnungseigentümer die Umlage zu tragen hätten. Die Antragsgegner hätten im Verfahren selbst vorgetragen, es sei nicht richtig, daß nach dem Eigentümerbeschluß vom 30.3.1990 die Kosten von allen Wohnungseigentümern vorgestreckt werden sollten, also auch von denen, die das Beweissicherungsverfahren und den Rechtsstreit gar nicht durchführen wollten.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Das Landgericht hat den Eigentümerbeschluß vom 30.3.1990 für ungültig erklärt, weil sich sein Inhalt in zwei wesentlichen Punkten nicht mit der erforderlichen Klarheit ermitteln lasse. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
(1) Die Auslegung von Eigentümerbeschlüssen ist grundsätzlich Sache des Tatrichters; das Rechtsbeschwerdegericht kann dessen Auslegung nur beschränkt, nämlich auf Rechtsfehler, übe...