Leitsatz (amtlich)
›Wird ein Mieterhöhungsverlangen mit dem Hinweis auf entsprechende Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen begründet, so ist die Benennung von Vergleichswohnungen nicht auf eine bestimmte Höchstzahl beschränkt.‹
Tatbestand
I. Der Beklagte hat von der Klägerin eine Wohnung gemietet, die drei Zimmer, eine Küche und ein Bad mit 2 WC umfaßt, eine Wohnfläche von 83,50 m aufweist und im dritten Stock eines im Jahr 1910 erbauten Rückgebäudes gelegen ist. Der Mietzins beträgt insgesamt 926,06 DM. Er setzt sich zusammen aus 842 DM Grundmiete, 72,26 DM Betriebskosten ohne Heizung und Warmwasser, 6,50 DM Antennengebühr und 5,30 DM Modernisierungszuschlag. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 26.3.1990 die Zustimmung des Beklagten zu einer Erhöhung der Grundmiete auf 1.002 DM und (bei unveränderten Nebenkosten) der Gesamtmiete auf 1.086,56 DM verlangt sowie erklärt, dies entspreche einer Bruttokaltmiete von 13,02 DM pro Quadratmeter Wohnfläche. Dem Schreiben war eine mittels elektronischer Datenverarbeitung angefertigte Aufstellung von Vergleichsmieten für Wohnungen (›ohne Lift, mit Sammelheizung ... und Bad‹) beigefügt. Eingangs war vermerkt, in den nachfolgend aufgeführten Mieten seien alle Betriebskosten mit Ausnahme der Heizungsund Warmwasserkosten enthalten. In der Liste waren insgesamt 80 Wohnungen der Baujahre 1850 bis 1915 mit der jeweiligen Anschrift, der Bezeichnung des Gebäudeteils, des Stockwerks und der Lage im Stockwerk aufgeführt, die Zahl der Zimmer und Nebenräume angegeben, außerdem die Wohnfläche sowie der Mietzins pro Quadratmeter. Die Quadratmetermieten lagen zwischen 12 DM und 19,50 DM.
Der Beklagte stimmte einer Erhöhung der Grundmiete auf 890 DM und der Gesamtmiete auf 974,56 DM ab 1.6.1990 zu. Die Klägerin hat wegen des Mehrbetrags Klage erhoben und beantragt, den Beklagten zur Einwilligung in eine Erhöhung der Gesamtmiete auf 1.086,56 DM ab 1.6.1990 zu verurteilen. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat geltend gemacht, der verlangte Mietzins sei nicht ortsüblich. Das Amtsgericht hat durch Urteil vom 10.10.1990 die Klage als unzulässig abgewiesen, weil das Mieterhöhungsverlangen nicht ordnungsgemäß begründet und deshalb die Überlegungsfrist nicht abgelaufen sei. Zum einen fehle es an einer Vergleichbarkeit der benannten Wohnungen, weil für diese eine Bruttokaltmiete ohne Ausweisung der Betriebskostenanteile angegeben sei, während die Parteien für die ›Bezugswohnung‹ eine Nettokaltmiete vereinbart hätten. Zum anderen sei die Vermieterin mit der Angabe von 80 Vergleichswohnungen ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen, weil dem Mieter eine Überprüfung schon aus praktischen Gründen nicht möglich und daher auch nicht zumutbar sei. Die Klägerin hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Der Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 15.5.1991 folgende Frage zum Rechtsentscheid vorgelegt:
Darf ein gemäß § 2 Abs. 2 Satz 4 MHG mit Vergleichswohnungen begründetes Mieterhöhungsverlangen bei Angabe der Vergleichswohnungen eine bestimmte Höchstzahl nicht überschreiten?
Zur Begründung führt es aus, die formelle Wirksamkeit des Erhöhungsverlangens und damit die Zulässigkeit der Klage hänge ausschließlich von der Beantwortung dieser Rechtsfrage ab. Sie sei von grundsätzlicher Bedeutung, denn vielfach würden zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens Computerausdrucke des Haus- und Grundbesitzervereins herangezogen, in denen eine Vielzahl von Wohnungen als Vergleichswohnungen benannt seien. Die Kammer teile die Auffassung des Amtsgerichts, daß dies nicht mehr den Zweck erfülle, dem Mieter die Möglichkeit zur Information anhand einiger weniger Vergleichsobjekte zu geben, und daher nicht mehr geeignet sei, als Hinweis auf entsprechende Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen im Sinn von § 2 Abs. 2 Satz 4 MHG zu dienen.
Entscheidungsgründe
II. 1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist für den Rechtsentscheid in Mietsachen zuständig (§ 541 Abs. 2 ZPO, § 1 Nr. 14 ZuständigkeitsübertragungsVO Justiz BayRS 300-1-3-J, § 3 Gerichtliche Zuständigkeitsverordnung Justiz BayRS 300-3-1-J).
2. Die Vorlage ist zulässig.
a) Gegenstand des Vorlagebeschlusses (§ 541 Abs. 1 Satz 2 ZPO) ist eine Rechtsfrage, die sich aus einem Mietverhältnis über Wohnraum ergibt (§ 541 Abs. 1 Satz 1 ZPO; vgl. BayObLGZ 1989, 277/279).
b) Die vorgelegte Rechtsfrage ist für die Entscheidung des Landgerichts erheblich. Dabei ist maßgebend, welche Rechtsauffassung das Landgericht im Vorlagebeschluß vertritt sowie welche Tatsachenfeststellung und -würdigung es zugrunde legt, es sei denn sie wären unhaltbar (BayObLGZ 1989, 319/321 und ständige Rechtsprechung; Thomas/Putzo, ZPO, 17.Aufl., § 541 Anm. 2 c).
aa) Das Landgericht will ersichtlich der Rechtsansicht des Amtsgerichts nicht beitreten, soweit dieses das Mieterhöhungsverlangen auch deswegen für unwirksam hält, weil der Mietzins der Vergleichswohnungen als ›Bruttokaltmiete‹ angegeben wurde und die darin enthaltenen Betriebs...