Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung und Herausgabe
Leitsatz (amtlich)
Unterläßt es der Mieter von Wohnraum, vor der Gebrauchsüberlassung an einen Dritten die Erlaubnis des Vermieters einzuholen, so verletzt er seine mietvertraglichen Pflichten. Diese Pflichtverletzung kann ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses durch Kündigung gemäß § 564b Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB begründen, auch wenn dem Mieter gemäß § 549 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis des Vermieters zusteht. Das Bestehen eines solchen Anspruchs ist im Rahmen der Prüfung zu würdigen, ob im Einzelfall eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung vorliegt und ob der Mieter schuldhaft gehandelt hat.
Normenkette
BGB § 549 Abs. 2, § 564b Abs. 1, 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I.
Der Beklagte ist im August 1990 als Rechtsnachfolger seines Vaters in ein Mietverhältnis mit der Klägerin über eine Wohnung in München eingetreten. Der Mietvertrag vom 10.8.1961 bestimmt in § 7 Abs. 2, daß der Mieter die Mieträume nur mit Zustimmung des Vermieters einem Dritten zum Gebrauch überlassen, insbesondere untervermieten dürfe. Der Beklagte wurde im Januar 1992 verhaftet und später zu einer Freiheitsstrafe von 3 1/2 Jahren verurteilt. Nachdem die Wohnung am 13.7.1992 in einer örtlichen Tageszeitung als vermietbar inseriert worden war und die Klägerin hiervon Kenntnis erhalten hatte, schrieb der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten am 23.7.1992 an die Klägerin, der Beklagte wolle eine Untermieterin in die Wohnung aufnehmen, die er aus bekannten Gründen derzeit nicht nutzen könne. Er bitte, die Untervermietung ab 1.8.1992 zu gestatten; die genauen Daten der Untermieterin würden unverzüglich nach der Gestattung übersandt. Die Klägerin antwortete am 4.8.1992, eine Untervermietung werde ausdrücklich nicht genehmigt. Der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten erwiderte am 13.8.1992, sein Mandant habe ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung, er bitte um eine abschließende Stellungnahme bis 19.8.1992. Die Klägerin äußerte sich nicht. Mit Vertrag vom 10.12.1992 vermietete der Beklagte, vertreten durch seinen Prozeßbevollmächtigten, 2 1/2 Zimmer seiner 3 1/2 Zimmer umfassenden Wohnung für die Zeit vom 1.1. bis 30.6.1993 an eine amerikanische Wissenschaftlerin.
Die Klägerin kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben vom 14.12.1992 unter Angabe mehrerer Gründe fristlos, hilfsweise fristgemäß. Die im April 1993 erhobene Räumungsklage stützte sie unter anderem auf die unerlaubte Untervermietung ab 1.1.1993. Mit Schriftsatz vom 25.8.1993 kündigte sie deswegen nochmals vorsorglich zum 30.9.1994. Das Amtsgericht wies die Klage ab. Der Beklagte sei als Strafgefangener für den Fall seiner vorzeitigen Entlassung auf die verhältnismäßig preisgünstige Wohnung angewiesen und habe deshalb einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis des Vermieters gehabt. Aus diesem Grund sei auch eine ordentliche Kündigung wegen Verletzung vertraglicher Pflichten durch unerlaubte Untervermietung nicht gerechtfertigt. Die Klägerin hat Berufung eingelegt, mit der sie ihren Räumungsanspruch weiterverfolgt. Das Landgericht hat am 20.7.1994 beschlossen, wegen grundsätzlicher Bedeutung einen Rechtsentscheid zu folgender Frage einzuholen:
Kann ein Mietverhältnis gemäß § 564b Abs. 1 und Abs. 2 Ziff. 1 BGB auch dann wirksam wegen unerlaubter Gebrauchsüberlassung an einen Dritten gekündigt werden, wenn der Mieter vor Gebrauchsüberlassung an den Dritten die Erlaubnis des Vermieters nicht erholt hat, aber gemäß § 549 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis durch den Vermieter hat?
Es hält die Berufung für unbegründet, es sei denn, der Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Untervermietung gemäß § 549 Abs. 2 BGB könne der ordentlichen Kündigung wegen unbefugter Gebrauchsüberlassung nicht entgegengehalten werden. In diesem Fall wäre ein zur ordentlichen Kündigung berechtigendes schuldhaftes Verhalten des Beklagten als Mieter gegeben und es könnten nur die dann noch zu prüfenden Voraussetzungen des § 556a BGB einem Erfolg der Räumungsklage entgegenstehen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Vorlage, über die das Bayerische Oberste Landesgericht entscheidet (vgl. BayObLGZ 1991, 348/350 und ständige Rechtsprechung), ist statthaft (§ 541 Abs. 1 Satz 1 ZPO, vgl. BayObLGZ 1989, 319/321) und auch im übrigen zulässig.
- Die vorgelegte Rechtsfrage betrifft den Bestand eines Mietvertragsverhältnisses über Wohnraum. Sie ist auch entscheidungserheblich. Dabei hat der Senat grundsätzlich von der Rechtsauffassung sowie der Tatsachenfeststellung und -würdigung des vorlegenden Gerichts auszugehen, die allerdings nachvollziehbar dargelegt sein muß (vgl. BayObLGZ 1993, 160/161 und ständige Rechtsprechung). Die knappe Begründung des Vorlagebeschlusses genügt noch diesen Anforderungen. Der Senat entnimmt ihr, daß das Landgericht die vom Beklagten ohne Erlaubnis der Klägerin vorg...