Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Leitsatz (amtlich)
1. Wird in beiden Tatsacheninstanzen die Zulässigkeit des Rechtswegs gerügt und bejahen beide Tatsacheninstanzen erst im Endurteil die Zulässigkeit des Rechtswegs, so ist das Revisionsgericht nur dann gemäß § 17a Abs. 5 GVG gebunden, wenn das Oberlandesgericht sich dazu geäußert hat, ob es geboten gewesen wäre, im Falle der Vorabentscheidung die weitere Beschwerde zum Bundesgerichtshof zuzulassen.
2. Anders als der Bundesgerichtshof kann das Bayerische Oberste Landesgericht auch dann, wenn das Vorabverfahren nur wiederum zu einer Bejahung des Rechtswegs führen könnte, nicht von einer Zurückverweisung absehen und selbst entscheiden (vgl. BGHZ 132, 245/248; NJW 1999, 651/652), da es auch im Falle der Durchführung des Vorabverfahrens nach § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG nicht zur letztinstanzlichen Entscheidung der Rechtswegfrage berufen wäre.
3. Die Vereinbarung, die nach Art. 23 Abs. 3 MEG, Art. 38 Abs. 2 BayMG 1992 Voraussetzung für den Bezug der zusätzlichen Programme der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien ist und aufgrund derer nach Art. 28 Abs. 1 MEG, Art. 38 Abs. 3 BayMG 1992 das Teilnehmerentgelt erhoben wird, ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne von Art. 54 BayVwVfG.
Normenkette
GVG § 17a; EGZPO § 7 Abs. 6; MEG Art. 23 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1; BayMG 1992 Art. 38 Abs. 2-3; BayVwVfG Art. 54
Verfahrensgang
LG Augsburg (Aktenzeichen 6 O 5657/96) |
OLG München (Aktenzeichen 30 U 544/97) |
Tenor
I. Auf die Revision der Beklagten wird das Endurteil des Oberlandesgerichts München vom 22. Dezember 1997 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur anderweiten Entscheidung an das Oberlandesgericht München zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine Medienbetriebsgesellschaft nach Art. 23 ff. BayMG 1992 und war vor Inkrafttreten des Bayerischen Mediengesetzes vom 24.11.1992 eine örtliche Kabelgesellschaft nach Art. 22 ff. MEG in der Rechtsform einer GmbH. Gegenstand der Klage sind Ansprüche auf Teilnehmerentgelt nach Art. 38 Abs. 3 BayMG 1992 bzw. Art. 28 Abs. 1 MEG für die Zeit vom 1.1.1992 bis 31.5. bzw. 31.12.1996. Die Beklagte war in dieser Zeit aufgrund von schriftlichen Anträgen vom 16.3. und 5.7.1990 Inhaberin von zwei Breitbandverteilanschlüssen der Deutschen Bundespost, später der Deutschen Telekom AG, an die jeweils über 200 Wohneinheiten angeschlossen waren. Die Antragsformulare enthielten jeweils einen Hinweis, wonach mit der Unterschrift unter diesem Auftrag auch das rundfunkrechtliche Teilnehmerverhältnis gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der zuständigen Kabelgesellschaft begründet werde. Die Klägerin behauptet, daß aufgrund der an die Deutsche Bundespost gerichteten Anträge gemäß dem Hinweis auf den Antragsformularen auch privatrechtliche Vereinbarungen zwischen ihr und der Beklagten zustande gekommen seien, aufgrund derer sie von der Beklagten als Inhaberin eines Kabelanschlusses der Deutschen Telekom AG und Betreiberin einer privaten Kabelanlage das Teilnehmerentgelt nach Art. 28 Abs. 1 MEG bzw. Art. 38 Abs. 3 BayMG 1992 fordern könne. Die Höhe des Teilnehmerentgelts ergebe sich aus ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die im Wortlaut mit der Teilnehmerentgeltsatzung der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien nach Art. 28 Abs. 3 MEG bzw. Art. 38 Abs. 5 BayMG 1992 identisch seien. Für den Fall, daß kein Vertrag zustande gekommen sei, bestehe ein Schadensersatzanspruch in gleicher Höhe, weil nach dem Bayerischen Mediengesetz ein Kontrahierungszwang bestehe.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 50.283 DM nebst 11,5 % Zinsen hieraus seit Klagezustellung zu verurteilen.
Die Beklagte hat bereits mit der Klageerwiderung und erneut mit der Berufungs- und Revisionsbegründungsschrift die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Zivilgerichten gerügt. Dazu hat sie vorgebracht, daß, soweit der Klageanspruch auf einen Vertrag gestützt werde, dieser als öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des Art. 54 BayVwVfG beurteilt werden müsse, da der Vertragsinhalt durch nicht dispositive Normen des öffentlichen Rechts festgelegt sei und das Teilnehmerentgelt den Charakter einer öffentlich-rechtlichen Gebühr habe. Sie hat aber auch bestritten, daß mit dem an die Deutsche Bundespost adressierten Antrag ein Vertrag zwischen der Klägerin und ihr zustandegekommen sei. Es würde aber auch an einem Rechtsgrund für einen solchen Vertrag fehlen, da die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 38 Abs. 3 Satz 1 BayMG nicht gegeben seien und diese Vorschrift außerdem verfassungswidrig sei; denn sie verstoße gegen Art. 3 und Art. 5 GG, und der Gesetzgeber habe mit der Auferlegung einer nicht unter den Abgabenbegriff fallenden Gebühr, der keine meßbare Gegenleistung gegenüberstehe, seine Gesetzgebungskompetenz überschritten.
Das Landgericht hat in seinem Endurteil vom 4.6.1997 die Zulässigkeit des Zivilrechtswegs bejaht und die Klage in Höhe von 47.175 DM nebst 5 % Zinsen seit 17.12.1996 auch für begründet gehalten. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.
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