Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerhinterziehung
Verfahrensgang
LG Augsburg (Urteil vom 24.01.1994) |
Tenor
I. Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 24. Januar 1994 mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
II. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Augsburg zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Das Schöffengericht bei dem Amtsgericht Augsburg verurteilte den Angeklagten am 27. Mai 1992 wegen zweier fortgesetzt und gemeinschaftlich begangener, sachlich zusammentreffender Vergehen der Lohnsteuerhinterziehung zur Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten. Auf die Berufung des Angeklagten änderte das Landgericht Augsburg mit Urteil vom 24. Januar 1994 das Urteil des Schöffengerichts dahin ab, daß der Angeklagte wegen Anstiftung zur Lohnsteuerhinterziehung zur Freiheitsstrafe von einem Jahr mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt wird.
Das Landgericht ging im wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:
Der Angeklagte war bis 1983 Inhaber der Einzelfirma „W. zeitung” in N. Gegenstand der Einzelfirma war der Druck, Verlag und Vertrieb eines Annoncenblattes mit der Bezeichnung „W. zeitung”. Nachfolgend wurden Druck, Verlag und Vertrieb des Wochenblattes unter Auflösung der Einzelfirma auf verschiedene, rechtliche selbständige Unternehmen jeweils in der Form einer GmbH aufgesplittet, und zwar insbesondere
W W. GmbH (Geschäftszweck: Vertrieb von Anzeigenblättern)
R. Druck GmbH (Geschäftszweck: Druck von Anzeigeblättern)
S. und W. studio GmbH (Geschäftszweck: Herstellung von Satzmaterial für Anzeigenblätter u.a.).
Diese Firmen gingen Anfang 1986 in Konkurs.
Ende 1985/Anfang 1986 wurden diese verschiedenen Gesellschaften zum Druck, Verlag und Vertrieb von Anzeigenblättern unter der Firmierung T. T. GmbH & Co KG wieder zusammengeführt, wobei der Geschäftsbetrieb nach erfolgter Umstrukturierung ab 2.1.1986 tatsächlich aufgenommen wurde.
Nach Erlöschen der Einzelfirma waren in den dieser Einzelfirma nachfolgenden GmbH's zumindest ab 1985 stets die frühere, bereits rechtskräftig verurteilte Mitangeklagte B. sowie Familienangehörige des Angeklagten als Geschäftsführer tätig. In der T. GmbH & Co KG (eingetragen im Handelsregister am 18.4.1986) war Geschäftsführerin G. B.; Kommanditistin war die Tochter M. W., Komplementärin die T.-GmbH, deren Anteile zu je DM 50.000 von den beiden Töchtern M. und C. W. gehalten wurden. Über das Vermögen der T. GmbH & Co KG sowie der K.-GmbH wurde 1991 das heute noch laufende Konkursverfahren eröffnet.
Unter welcher Rechtsform auch immer und mit welchen Geschäftsfsführern das Unternehmen „W.” letztlich betrieben wurde, eigentlicher Herr des jeweiligen Unternehmens war und blieb der Angeklagte; er traf die wesentlichen Entscheidungen und bestimmte über die unternehmerischen Weichenstellungen.
Seit Existenz der W. bis heute blieb die tatsächliche Organisation und der Vertrieb der W. unverändert:
Das Vertriebsgebiet B. war in einzelne, mit Landkreisen deckungsgleiche Außenstellen aufgeteilt. Diese Außenstellen hatten im wesentlichen die Aufgabe, für das Hereinbringen der notwendigen Inserate zu sorgen.
Zum eigentlichen Vertrieb des kostenlosen Anzeigeblattes wurden und werden ausschließlich Austräger unter Verzicht auf die Vorlage einer Lohnsteuerkarte eingesetzt. Diese Austräger wurden aus den jeweiligen Verteilungsgebieten, vornehmlich unter Schülern ab 13 Jahren, Hausfrauen und Rentnern „rekrutiert”. Die tatsächlichen Rahmenbedingungen, unter welchen die Austräger die „W.” verteilten, waren wie folgt beschaffen:
Zunächst wurde das jedem Austräger zugeteilte Verteilungsgebiet mit Hilfe von Post- und Ortsverwaltung mit einer abgezählten Anzahl von Haushalten abgesteckt, wobei die Höchstgrenze bei 500 Haushalten lag.
Für jedes ausgetragene W.-Exemplar erhielt der Austräger einen festgesetzten Betrag, welcher im hier relevanten Zeitraum 1986 5 Pfennige betrug. Darüber hinausgehende Leistungen, wie Urlaubsgeld, Krankengeld oder ähnliches, wurden nicht gewährt; auch bestand für die Austräger bei Ausüben ihrer Tätigkeit kein Versicherungsschutz.
Die Auslieferung der W.-Exemplare hatte nach Anlieferung sofort zu erfolgen. Je nach Zeitpunkt der Anlieferung noch am selben Tage, spätestens jedoch – z.B. bei Anlieferung Mittwoch spätabends – am darauffolgenden Tage.
Eigenen Kapitaleinsatz hatten die Austräger nicht zu erbringen.
Arbeitsgerät, wie z.B. Tragetaschen, Schubwägelchen oder Fahrrad, hatten die Austräger selbst zu stellen.
Druckerzeugnisse anderer Verlage durften mit ausgetragen werden; lediglich direkte Konkurrenzanzeigeblätter waren hiervon ausgeschlossen.
Die Tätigkeit bzw. Zuverlässigkeit der Austräger wurde Stichprobenkontrollen unterzogen.
Vertretung war von den einzelnen Austrägern selbst zu stellen.
Die Tätigkeit war jeweils auf unbestimmte Zeit vereinbart, gleichgültig ob – wie nachfolgend dargestellt – ein schriftlicher Vertrag vorlag oder nicht; es bestand j...