Leitsatz (amtlich)

›Der Tatbestand des Beisichführens einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeugs ist nur erfüllt, wenn der Täter das Tatmittel bewußt gebrauchsbereit bei sich hat.

Diese Voraussetzung entfällt, wenn der Täter ein feststehendes Messer während der Diebstahlshandlung in seinem verschlossenen Rucksack mit sich herumträgt.‹

 

Tatbestand

Mit der Anklageschrift vom 7.7.1998 wurde dem Angeklagten ein Diebstahl mit Waffen zum Vorwurf gemacht, weil er am 8.6.1998 im Ladengeschäft der Firma S. in N. Waren im Werte von DM 36,06 entwendet und bei der Tat ein Stiefelmesser mit einer Klingenlänge von ca. 8,5 cm bei sich geführt habe.

Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten wegen Diebstahls geringwertiger Sachen (§§ 242, 248 a StGB) zur Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 60 DM. Von einer Verurteilung gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB sah das Gericht ab, weil der Angeklagte das Messer zur Tatzeit im Rucksack verwahrt habe. Der Angeklagte führe das Messer immer mit sich, da er viel mit dem Fahrrad fahre und das Messer zu eventuellen Reparaturen benötige. Deshalb könne das relativ kleine Messer nicht als Waffe oder gefährliches Werkzeug im Sinne des § 244 StGB eingestuft werden, sondern als Gebrauchsgegenstand.

Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Der festgestellte Sachverhalt rechtfertigt nicht die Anwendung des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB.

1. Dem Amtsgericht kann insoweit nicht gefolgt werden, als es das feststehende Messer mit einer Klingenlänge von ca. 8,5 cm nicht als Waffe oder sonstiges gefährliches Werkzeug, sondern als Gebrauchsgegenstand eingestuft hat.

Nach bisheriger Rechtsprechung war ein feststehendes Messer mit dieser Klingenlänge unter dem Begriff der Waffe im technischen Sinne (§ 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB) einzuordnen. Dieses Messer war geeignet, unter Ausnutzung der Muskelkraft durch Hieb, Stoß oder Stich Verletzungen beizubringen (§ 1 Abs. 7 Satz 1 WaffG). An dieser Einstufung hat die Neufassung der gesetzlichen Vorschrift nichts geändert.

2. Infolge dieser Fehlinterpretation lassen sich dem angegriffenen Urteil ausreichende Feststellungen zum inneren Tatbestand nicht entnehmen.

Wie nach bisherigem Recht zum Tatbestand des Beisichführens einer Schußwaffe (§ 244 Abs. 1 Nr. 1 StGB a. F.) muß sich auch zur Tatbestandserfüllung nach § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB n. F. der Vorsatz zum Zeitpunkt der Diebstahlstat auf das Beisichführen einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs erstrecken (Lackner StGB 22. Aufl. § 244 a. F. Rn. 5). Deshalb kann es im Einzelfall auch nach neuem Recht am aktuellen Bewußtsein fehlen, wenn der Täter bei der Tatbegehung aus dienstlichen oder sonstigen Gründen eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt (so zum Beispiel ein Soldat mit Dienstwaffe im Dienst oder ein Handwerker mit seinem Handwerkszeug jeweils bei der Begehung eines Lebensmitteldiebstahls). In diesen Fällen ist von Bedeutung, ob sich der Täter des Mitsichführens der Waffe oder des gefährlichen Werkzeugs bei Ausführung der Diebstahlstat bewußt war. Hierzu bedürfte es für die Verurteilung wegen § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB der ausführlichen Feststellung, wenn sich nicht der diesbezügliche Vorsatz aus den weiteren festgestellten Umständen erschließt.

3. Eine Aufhebung des Urteils und eine Zurückverweisung an das Amtsgericht war dennoch nicht erforderlich, weil nach den getroffenen Feststellungen die Anwendbarkeit des § 244 Abs. 1 Ziff. 1 a StGB ausgeschlossen werden kann.

Der Gesetzgeber hat im neuen Recht ausdrücklich eine Abstufung zwischen objektiv gefährlichen und objektiv ungefährlichen Tatmitteln vorgenommen und die objektive Gefährlichkeit des Tatmittels alleine als den den Unwert der Tat erhöhenden Umstand in Nr. 1 a festgelegt (BGH NJW 1998, 3130 zu § 250 Abs. 1 Nr. 1 a StGB n. F.). Dies bedeutet, daß von Nr. 1 a alle Tatmittel erfaßt werden sollen, die nach ihrer objektiven Beschaffenheit und nach der Möglichkeit ihrer Benutzung im konkreten Einzelfall geeignet sind, erhebliche Verletzungen zuzufügen (BGH NJW 1998, 2915, 2916). Die durch die Gesetzesänderung vorgenommene Erweiterung des Tatbestandes im Bereich der Tatmittel erfordert eine restriktive Auslegung bei der Prüfung der objektiven Gefährlichkeit des Tatmittels. Als Maßstab hierfür können nunmehr für alle Tatmittel die Gesichtspunkte gelten, die bisher schon für das Beisichführen einer Schußwaffe (§ 244 Abs. 1 Nr. 1 StGB a. F.) gegolten haben.

Danach führt ein Täter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug im Sinn des Gesetzes nur bei sich, wenn er das Tatmittel gebrauchsbereit bei sich hat. Es ist hierzu nicht notwendig, daß das Tatmittel am Körper getragen wird; es reicht vielmehr aus, wenn es sich in Griffweite befindet oder der Täter sich dessen jederzeit ohne nennenswerten Zeitaufwand bedienen kann (so zum alten Recht Tröndle StGB 48. Aufl. § 244 Rn. 4 mit zahlreichen Nachweisen).

Nach den insoweit ausreichenden Feststellungen sin...

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