Leitsatz (amtlich)
›Zur Frage der Konkurrenz von Steuerhinterziehungen durch Finanzbeamte mittels fiktiver Steuervorgänge.‹
Tatbestand
Die seinerzeit bei einem Finanzamt als Beamtin beschäftigte Angeklagte war im Rahmen der Bearbeitung von Lohn- und Einkommensteuerverfahren befugt, pro Steuernummer und Veranlagungsjahr Steuererstattungen bis zu 10000 DM vorzunehmen. Unter Verletzung ihrer Treuepflicht ihrem Dienstherrn gegenüber, in der Absicht, sich durch Steuererstattungen rechtswidrig zu bereichern, und zugleich mit dem Willen, Steuern in entsprechendender Höhe zu verkürzen, gab die Angeklagte fiktive Steuerpflichtige mit Steuer- und Bankkonto in die EDV-Anlage der Steuerbehörden ein und fertigte datenmäßig verarbeitete Steuererklärungen, aufgrund derer wiederum durch die Datenverarbeitung eine Einkommen- oder Lohnsteuererstattung festgesetzt und dann ausbezahlt wurde.Auf diese Weise fingierte die Angeklagte in der Zeit vom 25.2. bis 23.11.1992 in 24 Fällen aufgrund eines jeweils neu gefaßten Tatentschlusses Steuererstattungsvorgänge. Die Erstattungsbeträge von insgesamt 189924 DM wurden auf Konten der Angeklagten und ihres Ehemannes ausbezahlt.Das Amtsgericht München verurteilte die Angeklagte am 21.11.1995 wegen 24 Fällen des Computerbetrugs jeweils rechtlich zusammentreffend mit Untreue, Falschbeurkundung im Amt und Steuerhinterziehung zur Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr neun Monaten.Auf die Berufung der Angeklagten hob das Landgericht München das Urteil des Amtsgerichts München am 17.10.1996 auf, verurteilte sie wegen sieben Fällen der Steuerhinterziehung jeweils in Tateinheit mit Untreue und Falschbeurkundung im Amt erneut zu einem Jahr neun Monaten Gesamtfreiheitsstrafe und verwarf die weitergehende Berufung der Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft. Hinsichtlich der Vergehen des Computerbetrugs hatte es das Verfahren nach §§ 154, 154 a StPO vorläufig eingestellt.Gegen dieses Urteil richteten sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten, die ihr Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte.Beide rügten die Verletzung sachlichen Rechts.Aus den Gründen:Beide Revisionen sind zulässig (§§ 333, 341 Abs. 1, §§ 344, 345 StPO). Die Angeklagte hat ihr Rechtsmittel wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.Der Schuldspruch des landgerichtlichen Urteils kann infolge des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft keinen Bestand haben. Damit ist dem Rechtsfolgenausspruch die Grundlage entzogen, so daß die Revision der Angeklagten gegenstandslos ist.1. Nicht zu beanstanden ist die Annahme des Landgerichts, daß die Angeklagte den Tatbestand der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO verwirklicht hat, indem sie durch Eingabe eines fiktiven Steuervorgangs in die EDV-Anlage der Finanzverwaltung einen rechtswidrigen Steuervorteil erlangte (vgl. BFH NJW 1994, 2302 m.w.N.). Zutreffend ist auch die Ansicht des Landgerichts, daß bei der hier gegebenen Sachlage dieses Delikt mit Untreue und Falschbeurkundung im Amt rechtlich zusammentrifft.2. Jedoch wird die Verurteilung wegen sieben zueinander in Tatmehrheit stehender Steuerhinterziehungen (jeweils zusammentreffend mit Untreue und Falschbeurkundung im Amt) von den tatsächlichen Feststellungen nicht getragen.Der Auflistung auf Seite 6 des angefochtenen Urteils läßt sich entnehmen, daß die Angeklagte für vier fingierte Steuerpflichtige insgesamt sieben Steuererklärungen in die EDV-Anlage eingegeben hat, die Steuererstattungen zur Folge hatten, sofern man annimmt, daß sie mit den unter "Wimmer Ingrid und Gerhard" für das Veranlagungsjahr 1990 am 9., 15. und 22.4.1992 getätigten Eingaben nur eine Steuererklärung eingegeben hat. Das angefochtene Urteil führt dazu nichts aus. Zusätzlich sind in dieser Liste noch 24 berichtigende Eingaben der Angeklagten aufgeführt, die ebenfalls Steuererstattungen auslösten. Weshalb die Angeklagte durch diese insgesamt 31 Manipulationen der EDV-Anlage, die nach den landgerichtlichen Feststellungen sämtlich zu Steuererstattungen führten, (nur) in 24 Fällen Steuererstattungsvorgänge fingiert haben soll, ist im angefochtenen Urteil weder dargelegt noch dem Zusammenhang der Urteilsgründe eindeutig zu entnehmen. Falls die Strafkammer zu dem Ergebnis gekommen ist, daß mehrere am gleichen Tag erfolgte Eingaben im Einzelfall als einheitliche Handlung zu bewerten sind (vgl. dazu unten), so waren die dazu getroffenen Feststellungen in den Urteilsgründen darzustellen.Auch die landgerichtliche Annahme, daß diese Fälle sieben rechtlich selbständige Taten bildeten, findet in den tatsächlichen Feststellungen keine Stütze.Das Landgericht hat für die Entscheidung der Frage, wieviele Taten der Angeklagten sachlich zusammentreffen, zu Unrecht auf die in den Steuererklärungen und Berichtigungen genannten Veranlagungszeiträume abgestellt. Denn diese gewinnen für die Abgrenzung mehrerer Steuerdelikte voneinander nur dann Bedeutung, wenn der Täter tatsächlich in v...