Leitsatz
In einem Umgangsverfahren hatte das AG die Einholung eines familienpsychologischen Gutachtens angeordnet und einen psychologischen Psychotherapeuten zum Sachverständigen bestellt. Im Rahmen der Begutachtung fanden am 21. und 23.11.2005 zwei Gespräche mit dem Vater statt. Anlässlich des Gesprächs am 23.11.2005 kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Sachverständigen und dem Kindesvater, in deren Verlauf der Sachverständige die Polizei rief und eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs erstattete. Mit Antrag vom 28.11.2005 hat der Kindesvater den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. In seiner Stellungnahme zu dem Ablehnungsgesuch rügte der Sachverständige Grenzüberschreitungen des Kindesvaters im Umgang mit anderen und nahm zu seiner Persönlichkeit im Einzelnen Stellung.
Das AG hat den Befangenheitsantrag zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kindesvater sofortige Beschwerde eingelegt. Sein Rechtsmittel war erfolgreich.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das KG hielt das Ablehnungsgesuch für begründet. Aus der Sicht des Vaters sei die Besorgnis gerechtfertigt, dass der Sachverständige voreingenommen verfahren und gutachterlich Stellung nehmen werde.
Die Berechtigung dieser Besorgnis ergebe sich allerdings nicht allein aus der Auseinandersetzung vom 23. November 2005 zwischen dem Vater und dem Sachverständigen, in deren Verlauf der Sachverständige die Polizei verständigte und eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch erstattete. Grundsätzlich begründe das eigene Verhalten einer Partei keinen Ablehnungsgrund, da sie es anderenfalls in der Hand hätte, einen ihr nicht genehmen Prozessbeteiligten auszuschalten.
Der Vater könne jedoch aus der Stellungnahme des Sachverständigen im Rahmen des Ablehnungsverfahrens die Besorgnis herleiten, dass dieser bei der Erstellung seines Gutachtens ihm gegenüber nicht die gebotene Neutralität wahren werde. In dieser Stellungnahme nehme der Sachverständige zu den Vorfällen am 23. November 2005 nur eingeschränkt Stellung und beschäftige sich im Wesentlichen mit der Persönlichkeit des Vaters, und zwar in einer Weise, die einer vorweggenommenen Begutachtung gleichkomme.
Aufgrund dessen sei aus der Sicht des Kindesvaters zumindest die Besorgnis gerechtfertigt, der Sachverständige werde ihn im Rahmen der weiteren Begutachtung nicht mehr sachlich und unparteiisch beurteilen. Es komme nicht darauf an, ob der Sachverständige tatsächlich befangen sei. Unerheblich sei auch, ob er sich selbst für befangen halte. Aufgrund des Ablehnungsgesuchs des Vaters und der Aufforderung des Gerichts gegenüber dem Sachverständigen, hierzu Stellung zu nehmen, bestand für ihn keine Veranlassung, sich aus psychologischer Sicht mit der Persönlichkeit des Vaters auseinanderzusetzen. Er war lediglich gehalten, die Vorkommnisse am 23.11.2005 aus seiner Sicht darzustellen. Wenn er darüber hinausgehe und eine eindeutig negative psychologische Begutachtung des Vaters im Ablehnungsverfahren und damit zugleich im Vorfeld einer familienpsychologischen Begutachtung durchführe, bestehe aus der Sicht des Vaters keine Möglichkeit mehr, an dieser Vorbeurteilung etwas zu ändern.
Link zur Entscheidung
KG Berlin, Beschluss vom 16.03.2006, 19 WF 5/06